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Ich gendere heimlich

Uuuuhhhh! Ganz heißes Eisen, das ich heute für euch anfasse. Denn die Diskussion darum ist ja mehr als hitzig. Erstaunlicherweise habe ich persönlich noch kaum Gegenwind dafür bekommen, dass ich ganz offen und nahezu immer gendere. Dass du mir noch nicht entfolgt bist, zeigt wohl, dass es dich auch nicht stört – oder zumindest nicht gravierend. Viele der Autorinnen und Autoren, die ich betreue, erfahren aber immer wieder Kritik dafür, wenn sie in ihren Ratgebern zum Beispiel das Gendersternchen benutzen. Ich verstehe sehr gut, dass man lieber darauf verzichtet, wenn das Ergebnis negative Rezensionen sind, die nun mal für die schreibende Zunft Gold wert sind.

Diese Ausgabe meines Newsletters will dir deshalb zeigen, wie du „heimlich“ gendern kannst. Oder, treffender ausgedrückt, wie du elegant und unsichtbar gendern kannst.

Wir gendern alle

Bevor ich zu meinen Tipps komme, die nicht nur für einzelne Sätze gelten, sondern dich auch durch ein ganzes Buch tragen, eine Bemerkung vorab: Wir gendern eigentlich alle. Auch das generische Maskulin zu gebrauchen, also die grammatikalisch männliche Form für eine Gruppe von Menschen zu nutzen, zu denen Personen verschiedener Geschlechter zählen, ist eine Form des Genderns. Das aber nur am Rande, denn ich weiß, dass man bei diesem Thema schnell ins Erbsenzählen kommt.

Das Gendersternchen ist eine sehr sichtbare Variante des Genderns, ebenso der Unterstrich oder diverse andere Optionen. Sie haben den Vorteil, dass sie nicht nur zwei Geschlechter einschließen, sondern auch alle Menschen mitdenken, die sich außerhalb dieses binären Systems einordnen.

So genderst du unsichtbar

Meine folgenden 5 Tipps für unsichtbares Gendern können das leider nicht leisten. Aber sie sind gute Alternativen zum klassischen generischen Maskulinum, die für weniger Kritik sorgen. Los geht’s!

1. Nutze die Doppelform

So wie ich im ersten Absatz dieses Newsletters, als ich von „Autorinnen und Autoren“ gesprochen habe. Wenn das nicht in jedem zweiten Satz vorkommt, was deinen Text unnötig in die Länge zöge, ist das eine Möglichkeit, die den meisten Lesenden gar nicht auffallen wird.

2. Arbeite mit genderneutralen Formulierungen

„Die schreibende Zunft“ aus meinem ersten Absatz ist vermutlich stilistisch etwas ungewöhnlich für einen Newsletter, aber sie sollte dir diesen Punkt verdeutlichen. Ein anderes Beispiel sind „die Lesenden“ aus dem ersten Tipp. Diese Partizipialkonstruktion fällt etwas mehr ins Auge, wobei sie für einige Personengruppen (z. B. „Studierende“) schon sehr gängig ist. Weitere Beispiele sind „Lehrkräfte“ (statt „Lehrer*innen”), „medizinisches Personal“ (statt „Arzthelfer*innen“) und “Beschäftigte” (statt “Arbeitnehmer*innen”).

3. Formuliere deine Sätze um

Gelegentlich musst du auch an den ganzen Satz ran. Statt „Wenn deine Probleme dich sehr belasten, suche dir eine*n Psycholog*in“ (wirklich schwer zu lesen), kannst du auch schreiben: „Wenn deine Probleme dich sehr belasten, suche dir professionelle psychologische Hilfe.“ Meist kommt man auf diese Idee nicht sofort, aber es lohnt sich, problematische Stellen einfach nochmal auf solche Möglichkeiten hin abzuklopfen. Nicht immer klappt das, weil manchmal die Präzision darunter leidet. Aber da wo es geht, finde ich diese Methode sehr elegant.

4. Wechsle ab

Eine Möglichkeit des Genderns bietet sich vor allem bei Beispielen und Aufzählungen an: Das Abwechseln. Etwa so: „Wenn du dir unsicher bist, frage Menschen aus deinem Umfeld: Deinen Partner, deine Chefin, eure Nachbarin oder einen guten Freund.“ Hier ist jeder Begriff für sich zwar auf ein Geschlecht festgelegt, aber durch die Abwechslung signalisierst du, dass dir beide wichtig sind und es im Einzelfall nicht darauf ankommt.

5. Umschreibe

Nicht enorm elegant, aber sehr unsichtbar sind Umschreibungen. Statt „deine Leser*innen“, kannst du von „Personen, die deinen Text lesen“ schreiben. Anstelle von „Jede*r, der oder die das hier liest“ geht auch „Alle, die das hier lesen“.

Wenn du einen Ratgeber schreibst, hast du sowieso einen entscheidenden Vorteil: Du arbeitest viel mit den Wörtern „du“, „ich“ und „wir“ – und die lassen das Problem meist gar nicht aufkommen!

Ich hoffe, ich konnte dir mit diesen Tipps helfen und die Angst vor Kritik am Gendern nehmen.

Übrigens habe ich gerade einen richtig guten und unaufgeregten Text übers Gendern aus sprachwissenschaftlicher Sicht gelesen. Und zwar das Kapitel „Sternchen sehen: Gendersensible Sprache” im Buch “Sprache ist, was du draus machst” des Linguistik-Professors Prof. Dr. Simon Meier-Vieracker (Abre numa nova janela), das ich sowieso allen empfehlen kann, die an Sprache interessiert sind.

Wenn du dich weiter in das Genderthema einfuchsen willst, empfehle ich dir zudem folgende Bücher:

Falls du neuere, spannende Titel zum Thema kennst, freue ich mich über deine Empfehlungen.

Danke, dass du dir Zeit für meinen Text genommen hast!

Katharina