Saltar para o conteúdo principal

15 Jahre "Take To The Skies" von ENTER SHIKARI - unser Interview von damals!

Heute vor 15 Jahren erblickte "Take To The Skies" das Licht der Blick und sollte vieles verändern. Wir sprachen bereits vor 15 Jahren mit der Band über ihr wegweisendes Debüt, welches ihr hier noch einmal nachlesen könnt.

Das Jahr, in dem Techno als Wucherung der Acid-House-Szene in Großbritannien groß wurde, und Kids in alten Lagerhallen, in Wäldern und zur Not auch im heimischen. Wohnzimmer mehr oder weniger legale Raves veranstalteten, sollte als die Legende des „Summer of Love" in die Geschichte der elektronischen Musik eingehen. Das war 1988. Da waren die Herren Bandmitglieder von ENTER SHIKARI gerade ein, beziehungsweise zwei Jahre alt. Und als BLACK FLAG, MINOR THREAT und die BAD BRAINS den Grundstein für die Musik legten, die heute Hardcore heißt, da waren Rou, Rory, Rob und Chris noch nicht einmal geboren. 

https://youtu.be/uimfKXgdUCQ (Abre numa nova janela)

Heute sind sie ENTER SHIKARI, und damit die Band, die von den Lesern des britischen Rocksound Magazins mit meilenweitem Vorsprung zum „Geheimtipp“ des Jahres 2007 gewählt wurde. Geheimtipp? Dass wir nicht lachen! Eine Band, die Hardcore und Trance vermischt, das Astoria in London ausverkauft, auf dem britischen Mainstream-Radiosender Radio One mit einer Single in der Rotation vertreten ist, in Ja- pan auf Tour geht, es bei deutschen Musikmagazinen auf Titelseiten schafft und als Support im Stadionshow-Gepäck von BILLY TALENT und ALEXISONFIRE unterwegs ist, ist wohl so ziem- lich alles, aber sicher kein Geheimtipp mehr.

Im kleinen Backstage-Raum der Düsseldorfer Philipshalle – ENTER SHIKARI sind eben nur die Vorband der Vorband der Teenie-Helden von BILLY TALENT – rücken wir dem Geheimnis des Geheimtipps zwischen halbausgepackten Koffern, Gitarrengurten, Laptops, Joghurts und „How to learn German“ Büchern (Rou: „Man muss sich wenigstens ein bisschen Mühe geben und kann nicht immer nur ignorant darauf bestehen, dass jeder Englisch spricht.“) zu Leibe. Geheimnis Nummer eins: der Bandname. Die Frage nach dessen Entstehung stößt auf ein kollektives Grinsen der vier, die schnell zugeben, dass die oft zitierte Version, nach der eines der Fischerboote von Rous Großvater „Shikari“ hieß, frei erfunden sei.

Nach kurzer Beratung, ob man denn nun die Wahrheit erzählen wolle, holt Rory tief Luft: „Mein Großonkel hatte damals diese Modelleisenbahn ...“ Daraufhin explodiert die gesamte Band in ungläubigem Lachen, nur Rory selbst schafft es, ein ernstes Gesicht zu bewahren. Nachdem alle be- teuert haben, dass diese Geschichte der Wahr- heit entspricht, setzt Rory ein zweites Mal an. „Mein Urgroßonkel...“ Dieses Mal wird er von Rob unterbrochen: „Ha, du hast die Geschichte schon verändert. Eben war es noch dein Großonkel!“ Rory ignoriert den Einwurf: „Auf jeden Fall hatte mein Urgroßonkel diese Modelleisenbahn. Sein Lieblingszug war der ‚Shikari‘. Eines Tages holte er sich ein Glas Wasser, stolperte und verschüttete es neben seiner Eisenbahn. Zur gleichen Zeit entgleiste der ‚Shikari‘, weil die Schienen nicht richtig zusammengesteckt waren und landete just in der Pfütze, neben der mein Urgroßonkel stand. Er wurde von dem Stromschlag getötet.“

Der Name dieses Unglücksraben soll übrigens Bob Twinings gelautet haben, und seine Frau sei gar nicht geschockt gewesen, als Rory seine Band nach dem Todesgrund ihres Ehemannes benannt hat. Im Gegenteil: „Die fand das super!“ Der Rest geht in Gelächter unter. Als wieder ein wenig Ruhe einkehrt, sinniert Rob über die Frage, wie viele verschiedene Geschichten über die Entstehung des Bandnamens inzwischen kursieren: „Das müssten ungefähr zwanzig sein. Aber diese gerade, das war die Wahrheit. Ehrlich. Wir sind immer ehrlich. Außer, wenn wir lügen.“ Und Rory ergänzt: „So viel lügen wir eigentlich gar nicht. Wir lügen nur, wenn es um den Bandnamen geht, denn die wahre Geschichte ist eigentlich gar nicht so spannend.“

Trotzdem sollte man nicht alles ernst nehmen, was ENTER SHIKARI so verzapfen. Zum Beispiel, wenn sie unisono behaupten, dass der britische Real-MacGyver Ray Mears ihr kollektiver Held sei. „Weißt du, wie oft wir schon mit unserem Tourbus liegengeblieben sind? Wenn man Ray Mears dabei hat, kann man Reifen mit Bambus flicken.“ Chris ergänzt Rob mit einem sehnsuchtsvollen Glänzen in den Augen: „Wenn wir mit Ray Mears irgendwo hingehen könnten, wüden wir mit ihm in das australische Outback gehen. Er würde uns Bongos aus Bambus basteln, und wir könnten neue Rhythmen entdecken.“ Selbstverständlich würden sich diese dann im Electro-Screamo von ENTER SHIKARI wiederfinden: „Wenn Ray Mears dabei wäre, wären wir es ihm schuldig.“ Womit wir endlich beim Thema Musik angekommen wären. 

https://youtu.be/P4MiC67seUY (Abre numa nova janela)

Seid ihr in Wahrheit echte britische Rave- Kids?
Rob:
Nein. Wir waren Rock-Kids, weil wir viel zu jung waren, um in Techno-Clubs zu gehen.
Chris: Doch dann waren wir in einem Club in London namens „Fabric“. Du stehst da auf der Tanzfläche, und der DJ fährt diesen unglaublichen Track ab. Das ist so leidenschaftlich. Das war eine der euphorischsten Erfahrungen meines ganzen Lebens.

Und wie genau hat es euch dann in einen House-Laden wie das Fabric verschlagen?
Chris:
Wir waren total betrunken.
Rory: Ich glaube, das ist so ein Ding der englischen Kultur. Bei uns um die Ecke ist dieser Pub, in dem jeden Abend der Woche irgendwelche Bands spielen. Montagabend jedoch ist DJ- Night, da läuft dann elektronische Musik. Wir haben uns einfach nie von irgendwelchen Szenezugehörigkeiten zurückhalten lassen.
Rob: Und sobald du einmal über diese Linie getreten bist, eröffnet sich dir ein ganz neues Panorama an musikalischen Möglichkeiten.


Heißt das, dass ihr euch an eurem ersten gemeinsamen Tag im Proberaum ganz berechnend überlegt habt, dass Samples, Hardcore- Geschrei und große Melodien super zusammenpassen würden?
Rob:
Gar nicht. Als wir anfingen, Musik zu machen, haben wir Songs von den BEATLES, von BLINK 182, von den STEREOPHONICS, OASIS und sogar LED ZEPPELIN gespielt. Mann, wir haben sogar den „Ghostbusters“-Song gecovert.
Rory: Und dann hatten wir ein Chaospad, das künstliche Windgeräusche eingespeichert hatte, die wir für unser Intro und unser Outro gebraucht haben. Aber auf dem Chaospad war eben auch dieses eine fertige Riff gespeichert, und das haben wir dann in unser Set eingebaut.
Chris: Man musste immer exakt die richtige Stelle drücken, um das Riff an den Start zu bringen. Nur ein paar Millimeter daneben und das ganze Ding war komplett neben dem Ton.
Rob: Wir haben ein Stück Tesafilm draufgeklebt, um die Stelle zu markieren. Sobald das jemand abknibbelte, weil er dachte, dass das nicht dahin gehört, war es um unser Set geschehen.

Ich weiß, dass THE PRODIGY bei euch im Van hoch- und runtergespielt werden. Aber welche Band repräsentiert eure Gitarrenseite?
Rob:
Die Jungs antworten darauf immer mit BANE, und ich stimme ihnen dann zu, aber in Wirklichkeit kenne ich gar nichts von denen. Ich würde COMEBACK KID (Abre numa nova janela) sagen.

Was wäre, wenn APHEX TWIN und BLACK FLAG am gleichen Abend in der gleichen Stadt spielen würden? Bei welcher Show würde man euch antreffen?
Rob:
Ganz klar bei APHEX TWIN.
Rou: Ich würde einen Tunnel zwischen den beiden Clubs buddeln.
Rob: Dann könnte man zwischen beiden Shows hin und her rennen.
Rou: Oder ich würde in der Mitte stehen bleiben und hören, wie sehr das Ganze nach uns klingt. Genau das ist es, was ENTER SHIKARI so unverschämt sympathisch macht. Sie reden nicht von Techno, Hardcore, Elektro oder Screamo. Sie reden von Musik. Zur Not auch von ihrer Musik. Und sie nehmen sich selbst nicht übermäßig ernst, wie die folgende Bemerkung von Chris beweist: „Das englische Kerrang-Magazin krönte uns zu den neuen Göttern des Rock. Daraufhin schrieben ein paar Kids Leserbriefe, dass ENTER SHIKARI sicher nicht die ersten seien, die Rock und Dance kombinierten, sondern dass Bands wie THE PRODIGY oder PITCHSHIFTER die wahren Pioniere sind. Und weißt du was? Wir könnten eine noch viel längere Liste von Bands aufzählen, die das vor uns gemacht haben.“ Trotzdem sollte man sich nicht dazu verleiten lassen, ENTER SHIKARI als herumkaspernde Leichtgewichte abzustempeln. Denn in der Philipshalle wird wenig später deutlich, dass der Sound dieser Band tatsächlich zu hart für Mädchen und Jungs ist, die für BILLY TALENT-Einkaufsbeutel zwölf Euro ausgeben. Man darf sich auf den Tag freuen, an dem ENTER SHIKARI auch hierzulande als Headliner unterwegs sind und ihre Lasershow mitbringen. Und solange die Frotteestirnbänder, welche von der Band so gerne auf der Bühne getragen werden, nicht zum allgemeinen Trend werden, könnte man sich dann vielleicht sogar dazu verleiten lassen, mit einem der „Laserfinger“ aus der Merchandise-Palette von ENTER SHIKARI zu wedeln.

Birte Wiemann

0 comentários

Gostaria de ser o primeiro a escrever um comentário?
Torne-se membro de FUZE Magazine e comece a conversa.
Torne-se membro