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Funktioniert das Marktzyklus-Modell?

Wir befinden uns in einem schwachen wirtschaftlichen Umfeld. Mit dem Marktzyklus-Modell sollten Depots gut aufgestellt sein, wenn sie Aktien aus defensiven Sektoren wie Gesundheit, Basiskonsum und Versorger umfassen. Aber der Blick auf die Charts zeigt keine Bestätigung.

Funktioniert das Marktzyklus-Modell in jeder Phase des Wirtschaftszyklus?

In den letzten 13 Jahren machte es Sinn, das Marktzyklus-Modell zu nutzen, um eine ausreichende Diversifikation im Depot zu erreichen. Dabei konzentrierten sich die meisten Anleger ausschließlich auf Aktien, denn andere nicht-korrelierte Assetklassen hatten wenig bis gar keine Bedeutung bei der Asset Allocation. Grund dafür war das historisch einmalige Umfeld mit Zinsen nah bei Null.

Die Folge dieses einmaligen Zinsumfeldes war, dass immer mehr Kapital in Aktien floss. Das hatte zur Folge, dass die Kurse weiter stiegen. Diversifikation war nicht tot, aber Diversifikation beschränkte sich de facto auf eine Assetklasse. Das Marktzyklus-Modell bot die Möglichkeit, innerhalb der Sektoren zu rotieren und zu diversifizieren, um damit die Ertragskurve zu glätten und eine Outperformance gegenüber dem Gesamtmarkt zu erzielen. Aktien aus verschiedenen Sektoren korrelieren unterschiedlich miteinander. Aber letztendlich sind Aktien immer miteinander korreliert.

Dieses Modell funktioniert offenbar im aktuellen Umfeld nicht mehr. Sektoren, die eigentlich für eine Stabilisierung im Depot sorgen sollen, machen nicht das, was sie laut aktuellem Marktzyklus-Modell machen müssten.

SPY = S6P 500 Index, XLV = Sektor ETF Medizin/ Gesundheit, XLP = Sektor ETF Basiskonsumgüter, XLU = Sektor ETF Versorger

Das Marktzyklus-Modell gilt nur für bestimmte Phasen mit bestimmten makroökonomischen Bedingungen. Diese Bedingungen haben sich signifikant geändert durch ein Umfeld, in dem Geld wieder einen Wert hat. Zinsen werden gezahlt auf Cash und Zinsen auf Anleihen sind relativ gesehen zu Dividendenrenditen inzwischen konkurrenzfähig.

Das Marktzyklus-Modell basierte auf einer wichtigen makroökonomischen Bedingung – der Nullzins-Politik der Zentralbanken. Aber ein Modell, das sich nur auf Aktien konzentriert, funktioniert in einem Umfeld, in dem sich die zugrundeliegenden Bedingungen ändern, nicht mehr.

Es geht um “Score Conditions”. In diesem Kontext bezieht sich der Begriff „Score Conditions“ auf die Rahmenbedingungen oder Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit ein bestimmtes Modell oder eine bestimmte Analysemethode erfolgreich angewendet werden kann. Es handelt sich um Faktoren oder Variable, die entscheidend sind für die Wirksamkeit des Modells oder der Methode. In diesem Sinne könnte man „Score Conditions“ als die Voraussetzungen oder Faktoren betrachten, die berücksichtigt werden müssen, um die Effektivität eines Modells oder einer Analysemethode zu gewährleisten.

Die Score Conditions sind implizit, können aber nicht explizit dargelegt werden. Das bedeutet, dass diese Bedingungen zwar vorhanden sind, aber möglicherweise nicht klar benannt oder definiert werden können. Das könnte bedeuten, dass das Marktzyklus-Modell nur unter bestimmten Rahmenbedingungen funktioniert, und diese Bedingungen könnten sich geändert haben, insbesondere im Zusammenhang mit steigenden Zinsen.

Wir sprechen von Rahmenbedingungen, die gegeben sein müssen, damit das Modell funktioniert. Die sind meiner Meinung nach implizit, aber sie können nicht explizit benannt werden. Jedes Modell hat solche Rahmenbedingungen. Im Fall des Marktzyklus-Modells liegt die Vermutung nah, dass wenn es nicht mehr funktioniert und wir uns die Frage stellen, was sich bei den Rahmenbedingungen geändert hat, wir zwangsläufig dahin kommen, dass es etwas mit den steigenden Zinsen zu tun hat. Deshalb passt das Modell nicht mehr.

Wir müssen keine Ökonomen sein, um diese Hypothese zu überprüfen. Ein bisschen gesunder Menschenverstand und Grundwissen bei wirtschaftlichen Zusammenhängen reichen. Warum verzeichnen Aktien aus den Sektoren Consumer Staples und Healthcare so eine miserable Performance in den letzten Wochen, obwohl es gemäß Marktzyklus-Modell eigentlich sein anders sein müsste?

In einem Gedankenspiel und mit Hilfe von ein paar Stichproben und wenigen Daten finden wir eine mögliche Erklärung und die ist ganz simpel. Viele Unternehmen aus den sogenannten defensiven Sektoren wie Healthcare, Nahrungsmittel oder Versorger sind hoch verschuldet. Sie sind zwar im richtigen Sektor gemäß dem Modell, aber sie sind im falschen Sektor gemäß der Zinsumgebung. Diese Tatsache bleibt komplett außen vor, wenn wir ein Modell verwenden, bei dem nur ein Faktor bestimmend ist.

Bei der Verwendung von solchen einfachen Darstellungen oder Modellen sollten wir immer überlegen, was die Annahmen sind. Meistens liegen viele Annahmen dahinter und wenn diese nicht erfüllt sind, dann gilt das Modell nicht. Insofern ist das Modell nicht falsch, aber die Bedingungen sind nicht erfüllt, damit es funktioniert. Das wäre nur der Fall, wenn das Modell um unterschiedliche makroökonomische Bedingungen erweitert würde.

Wir müssen also tief graben, um ein Modell zu finden, mit dem wir arbeiten können. Wir müssen Studien und Ideen von Ökonomen und Händlern lesen, die heute 65 Jahre alt und älter sind. Das sind diejenigen, die ein Marktumfeld mit höheren Zinsen bereits erlebt und in einem solchen Umfeld gehandelt haben.

Auf jeden Fall sollten wir akzeptieren, dass die bekannten Modelle aus den letzten Jahren nicht funktionieren und man sie auch nicht verwenden sollte.

Co-Autorin: Dr. Agnes Janssen

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