Feministischer Newsletter 3/ 23
Liebe Leserschaft,
liebe Mitstreiter:innen und Fachleute in der Projekte-Szene,
sehr geehrte Damen und Herren,
Im März muss ich mal über die “feministische Sichtweise” schreiben:
In keinem meiner Wohnprojekte, die ich über die Jahre Jahren begleite oder kennengelernt habe, war eine Frau die verantwortliche Architektin oder die Projektsteuerin (allenfalls in der nachgelagerten Ebene). Ich habe immer nur Männer im beratenden Team um mich. Auch wenn Wohnprojekte eine hohe Frauenquote haben, sind meist Männer die Vorstände / Geschäftsführer. Hoppla, wie kann das sein?
Weiten wir heute mal - neben equal-pay-day und Internationalen (Rosen)Frauentag - den Blick.
Haben Sie schon von der feministischen Stadtplanung gehört?
Die feministische Stadtplanung betont die sozialen und kulturellen Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Es geht nicht nur um die bauliche Gestaltung, sondern auch um die Nutzung des öffentlichen Raums, um Versorgungsinfrastruktur sowie Mobilität. Frauen nutzen den öffentlichen Raum anders und haben andere Bedürfnisse. Wie kann die Stadt so gestaltet werden, dass alle Menschen gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können? Wie kann man den öffentlichen Raum so gestalten, dass sich Frauen, Männer und LGBTIQ* gleichermaßen wohl fühlen? Zur feministischen Stadtplanung gehört auch der Umgang mit Ressourcen und Umwelt. Nachhaltige und ressourcenschonende Lösungen sind wichtige Aspekt feministischer Stadtplanung.
Wer mag, kann hier mehr lesen oder hören:
Feministische Stadtplanung: Eine bessere Stadt für alle (Opens in a new window)
Architektinnen: mehr als nur „weibliche“ Architekten (Opens in a new window)
Warum werden also nicht bewusst Architekt:innen von Wohnprojekten gesucht? Zumal bei den Wohnungsgrundrissen vielfach die Bedürfnisse der Frauen zu kurz kommen.
Im übrigen verweise ich auf den Zusammenhang zwischen feministischer Stadtplanung, Nachhaltigkeit und zirkulärem Bauen:
Feministische Stadtplanung berücksichtigt die unterschiedlichen Bedürfnisse und Lebensweisen aller Bewohner:innen in ihrer Vielfalt.
Nachhaltigkeit strebt an, die Bedürfnisse der Gegenwart zu decken, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Dazu gehört der schonende Umgang mit Ressourcen und die Vermeidung von Umweltverschmutzung. Zirkuläres Bauen trägt dazu bei, indem es den Lebenszyklus von Gebäuden verlängert und Abfall reduziert. Nachhaltigkeit und zirkuläres Bauen sind daher eng miteinander verbunden.
Zirkuläres Bauen schließt den Kreislauf bei Bauprozessen, indem es Abfall vermeidet und alle Ressourcen optimal nutzt. Dadurch wird die Umwelt geschont und die Ressourcenknappheit gemildert. Dies entspricht den Zielen der Nachhaltigkeit. Zirkuläres Bauen berücksichtigt aber auch die unterschiedlichen Anforderungen der Nutzerinnen und Nutzer von Gebäuden. Es schafft somit Räume, die den Bedürfnissen aller Menschen unabhängig von Geschlecht und Identität gerecht werden. In diesem Sinne hängt es auch mit den Zielen feministischer Stadtplanung zusammen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass feministische Stadtplanung, Nachhaltigkeit und zirkuläres Bauen einander bedingen und gemeinsam darauf abzielen, lebenswerte und umweltschonende Städte für alle Menschen zu schaffen. Nachhaltigkeit und Lebensqualität in allen Lebensphasen sind keine Gegensätze.
Zirkuläres Bauen kann auch unter dem aktuellen Kostendruck eine interessante Alternative sein.
Mittlerweile gibt es dazu einige Literatur
Zirkuläres Bauen leicht gemacht (Opens in a new window)
202210_ImFokus_Zirkulaeres_Bauen.pdf (Opens in a new window)
Als Juristin möchte ich jedoch auf mindestens 2 Besonderheiten hinweisen:
Die HOAI mit ihrer strikten Abfolge der Leistungsphasen (erst grob planen, dann immer detaillierter planen und schließlich genauso bauen wie geplant) funktioniert nicht. Wenn sich die Gelegenheit bietet, zunächst z.B. Fenster zu erworben, dann muss sich die Werkplanung an die tatsächlichen Fenster anpassen. Der Standardarchitektenvertrag kann das so nicht abbilden.
Beim zirkulären Bauen erwirbt der Bauherr Bauteile, die den ausführenden Gewerken beigestellt werden. Daran angeknüpft stellt die Frage, was dies für Mängelansprüche bedeutet. Wer muss / kann die Tauglichkeit der beigestellten Materialien prüfen? Was bedeutet dies für die unterschiedlichen Versicherungen?
Zirkuläres Bauen bleibt spannend für alle Beteiligten.
Wir alle müssen neue Wege finden und Wohnprojekte waren immer schon Ideenschmiede und Impulsgeber. Let's go und zwar mit FRAUEN.
Ich freue mich über einen Austausch. Sie können mir gerne eine Mail info@projekte-des-lebens.de (Opens in a new window) oder eine Direktnachricht über meinen Instagram Account (Opens in a new window) schreiben.
Leider lässt der Frühling weiter auf sich warten.
Es grüßt
Angelika Majchrzak-Rummel
Rechtsanwältin und Projektberaterin