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Aschendorff, Eickhoff, Hasenkamp und Breider

Michael Bieber arbeitet NS-Vergangenheiten auf

Im Verlag Gerhard Schepper ist jetzt ein Buch von Michael Bieber erschienen, in denen Stationen des Journalisten Anton Eickhoff 1931 - 1969 aufgearbeitet werden. Versehen worden ist das Buch mit dem plakativen Titel „Vom Nazi zum Chefredakteur der WN". Diese ambitionierte Arbeit ist im Rahmen der „Demokratiegeschichten" des Studiums im Alter an der Universität Münster erstellt und durch eigene Forschungen ergänzt worden. Bieber kann für sich in Anspruch nehmen, bislang unbekannte Daten und Fakten aus unterschiedlichen Archiven und Quellen zusammengetragen und sie in für eine wissenschaftliche Arbeit sehr lesbare, spannende Form gebracht zu haben. Dafür gebührt ihm großer Dank.

Der noch junge Theaterfreund Eickhoff aus Bochum bekommt beim Vorläufer der Westfälischen Nachrichten dem Münsterischen Anzeiger 1931 eine erste journalistische Festanstellung. Was er dort an Artikeln verfasst hast, kann auch Bieber nicht genau sagen, denn anders als heute üblich wurden die Artikel damals nicht namentlich gekennzeichnet, anhand seiner präzisen Milieustudien kann Bieber auf das was in dem Zentrumsblatt bis 1933 unter der Ägide des Chefredakteurs Gottfried Hasenkamp gestanden hat und in welchem Milieu sich dem gläubigen Katholiken Eickhoff bewegte, etwa die bekannte katholische Verbindung Arminia, zu der sich auch Hans Thiekötten und Theo Breider, der Vater des Mühlenhofs bekannten. Genauso prägend für Eickhoff ein legendärer Stammtisch bei Pinkus Müller, an dem Stadtpolitik gemacht wurde - be Jahrzehnte.

Unterm Strich bleibt nach der Lektüre die Erkenntnis: So ein weiter Weg war es oft gar für  die erzkonservativen nationalistisch denkenden Zentrumsleute zur NS-Ideologie, auch wenn man dieser so auch Eickhoff und Hasenkamp anfangs noch sehr abwartend und reserviert gegenüber steht. Schon im Januar 1933 gibt sich der Verlag Aschendorff eine „christlich-nationale Ausrichtung" wie Bieber darstellt, und seinen angestellten Redakteuren blieb es im Zuge dieser Selbst-Gleichschaltung, die es anfangs noch war,  nichts anderes übrig, als diesen Weg mit zugehen. Jedenfalls bis zu einem gewissen Punkt. Anders als Eickhoff trat dessen Kollege Hasenkamp nicht der Partei bei, quittierte seinen Zeitungsjob, wechselte in die Buchsparte. Eickhoff wurde 1937 Parteigenosse und wird Nachfolger Hasenkamps als Hauptschriftleiter und verbreitet - wie das von ihm erwartet wurde - NS-Propaganda mit antisemitischen Tönen. 1937 wird der Münsterische Anzeiger verkauft. 1940 wird Eickhoff zur Wehrmacht einberufen, und verantwortet zuletzt ein Blatt der deutschen Wehrmacht in den besetzen Niederlanden.

In einem Entnazifizierungsverfahren wird Eickhoff als Mitläufer eingestuft. 1951 wird er wieder zum Chefredakteur der größten Zeitung im Münsterland, den Westfälischen Nachrichten und bleibt dies bis 1969.

Bild: An der ehemaligen Geschäftsstelle der Westfälischen Nachrichten am Prinzipalmarkt, in der inzwischen ein Käseladen untergebracht ist, erinnert noch dieses gußeiserne Signet an den Münsterischen Anzeiger. Foto: Frank Biermann

Die zuständige akademische Fachdisziplin, die leider nicht mehr besonders aktive Mediengeschichte , wird solche Beiträge, wie die von Bieber hoffentlich entsprechend zu würdigen und einzuordnen wissen. Mangelt es doch allerorten an Berufsbiographien von publizistisch tätigen Menschen deren Biographien sich über Zeitenwenden erstrecken. Eickhoff war beileibe nicht nicht der einzige Journalist, dessen Karriere in der Weimarer Republik begann sich über die Jahre 1933 bis 1945 weiterging und in der Bundesrepublik Deutschland endete. Es ist, das schreibt auch Bieber, eine ganze Generation von Journalist*innen, die diese Etappen hinter sich brachten. Um nur ein typisches zudem noch recht prominentes Beispiel aus Münster zu nennen, der Rundfunkreporter Bernhard Ernst, der ab 1925 für das Radio in Münster und Köln arbeitete und seine Karriere beim WDR ausklingen lassen konnte. Eine Straße erinnert heute noch an ihn.

Auch wenn die Arbeit von Bieber nicht unwesentlich politisch motiviert ist (Klappentext: „Das anhaltende kollektive Beschweigen und die Schönfärben der eigenen Beteiligung am NS-Staat hält beim Aschendorff-Verlag an"), schmälert das keineswegs ihren Gehalt, wie etwa die Kritik, die er zum Beispiel übt an dem Opus Magnum  zum 300. Aschendorff  Verlagsgeburtstag von Klaus-Peter Ellerbrock. Geschichte eines deutschen Medienhauses 1720 - 2020  bei Aschendorff 2021 erschienen ist. Einige Passagen von Ellerbrock,  etwa die  zum Zwangsverkauf des Aschendorff Verlages an eine Parteiholding, die an eine „Enteignung gegrenzt" haben soll, gehörten dringend hinterfragt, und zurecht gerückt, um einer falschen Legendenbildung vorzubeugen.

Ebenso hoch interessant und ebenso brisant sind die Passagen, die Bieber über Theo Breider en passant einfließen lässt, der sich in Münster über Jahre, Jahrzehnte  über eine höchst unkritische Verehrung und mancher Ehrung erfreuen durfte. Frank Biermann

Michael Bieber, Anton Eickhoff - vom Nazi zum Chefredakteur der WN. Stationen eines Journalisten 1931 bis 1969. Gerhard Schepper Verlag 2022

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