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Das neue Hufeisen

26 Jahre nach Tic Tac Toe nun die nächste epische, historische Trennung. Sahra Wagenknecht hat die Linke verlassen. Während Lee, Jazzy und Ricky uns in ihrer legendären Pressekonferenz von 1997 das volle Programm gaben – Vorwürfe, Wut und Tränen –, lief der Abgang von Sahra Wagenknecht aus ihrer alten Partei vergleichsweise gesittet ab. Kein wütendes Ende, sondern das kalte Ausglühen einer toxischen Beziehung. Als Beobachter ist man geradezu erleichtert, dass nach Ewigkeiten dysfunktionaler Partnerschaft nun endlich die Scheidung folgt.

Denn seien wir ehrlich: Was Sahra Wagenknecht dieses Jahr mit der Linken gemacht hat, war ja keine Nestbeschmutzung mehr. Das war Nestzerstörung. Mehr noch: Wagenknecht hat den Baum, auf dem das Nest war, abgesägt. Und anschließend die Fläche des Waldes, auf dem der Baum stand, brandgerodet. So immens war die Abneigung der einstigen Leitfigur gegen ihre alte Partei, so ewig der Abschied, so endlos die Kritik.

Nun also das „Bündnis Sahra Wagenknecht“. Rechts von der Linken, links von der AfD, die neue politische Heimat für alle mit Rechts-Links-Schwäche. Für alle Querdenker und Putinisten, für die Lumpenpazifisten (Opens in a new window) und Amerikahasser. Die Partei für alle, die AfD wollen, ohne AfD zu wählen. Juhu!

Die Selbstbeschreibung geht natürlich ein wenig anders. Im Manifest des "Bündnis Sahra Wagenknecht – für Vernunft und Gerechtigkeit", so der volle Titel, ist von Gemeinsinn, Verantwortung und Miteinander die Rede. Es geht um die Sorgen um die Zukunft der Kinder. Viele Menschen seien für „sozialen Ausgleich und eine gerechte Verteilung des Wohlstands, für ein friedliches Zusammenleben der Völker und die Bewahrung unserer natürlichen Lebensgrundlagen“. Man kriegt die ganze Palette politischer Leerversprechen, garniert mit einer Extra-Portion Populismus. Selbstverständlich darf der anklagende Ton nicht fehlen, die verschwörungstheoretischen Andeutungen, das abstrakte Schimpfen auf die Profi-Politik an sich – deren Teil, auch ein klassischer Populisten-Move, Wagenknecht mit ihrer neuen Bewegung sein will und gleichzeitig nicht. Man kennt es von der AfD, man kennt es von Trump. Protestpartei und Mainstream; das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ will, wie andere Populisten vor ihr, alles sein. Ganz oben und gleichzeitig „gegen die da oben“. Wer da „Vernunft“ erkennen kann, hat einen kreativen Vernunftbegriff.

Klug beobachtet Lisa Caspari in der ZEIT (Opens in a new window), dass die ersten Sätze des Wagenknechtschen Gründungsmanifestes in einem Handbuch zur Definition von Populismus stehen könnten. „Unser Land ist in keiner guten Verfassung. Seit Jahren wird an den Wünschen der Mehrheit vorbeiregiert" heißt es da. Und auch insgesamt ist der Tonfall nur wenige Millimeter an einer Aiwangerschen „Wir holen uns unser Land zurück“-Bierzeltrede vorbei. Gesungen wird das altbekannte Lied der entglittenen Kontrolle, der raffgierigen Eliten und der Lichtfigur, die als einzige den Willen des Volkes nicht nur erkennt, nein, sie ist – selbstlos und aufopfernd, versteht sich! – auch bereit, eben diesen Willen des Volkes politisch umzusetzen. Die Frau, deren politisches Prinzip es war, gegen ihre eigene Partei zu sein, ist jetzt nicht mehr gegen etwas, sondern für etwas. Ein Versprechen für Volk, Volker und Vaterland. Bravo!

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