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Über Elfen auf der Durchreise

Sie sei nur auf der Durchreise, sagte sie, in Richtung Süden, und dann drückte sie mir eine prächtige weiße Lilie in die Hand.

Ich wusste nicht, dass Elfen in den Süden reisen, meinte ich erstaunt, oder wenn, dann doch im Herbst, so wie die Zugvögel….

Sie fragte mich, ob sie denn allen Ernstes wie ein Zugvogel aussähe, wie eine Gans vielleicht, oder eine Krähe, und dann lachte sie, als ich nicht sofort wusste, was ich antworten sollte, und ihr Haar löste sich im Takt ihres Lachens wie struppiges Gold aus ihren wilden Zöpfen.

Es passiert mir nicht allzu oft, dass mich Elfen auf der Durchreise besuchen, auch wenn manche das Gegenteil vermuten mögen. Also bot ich etwas hilflos Milch und Brot an, weil das in Märchen stets die Nahrung für das kleine Volk ist.

Die Elfe schnaubte und verlangte nach kaltem Bier. Außerdem sei sie nun wahrlich auch nicht allzu klein.

Nein, das war sie nicht. Sie stand auf recht robusten Beinen und streckte ihre braungebrannten Glieder neckisch in das Tageslicht, das um sie herum heller wirkte als anderswo. Ihre Flügel schwirrten wie die einer Libelle, zerbrechlich zart und voller wilder Kraft zugleich.

Kann ich die bitte kurz ablegen, fragte sie, und ich war doppelt überrascht, erstens, dass sie zu so etwas in der Lage war, und zweitens, dass sie höflich fragte.

Ich erlaubte es selbstverständlich, und dann saßen wir beide flügellos auf dem Balkon und tranken kaltes Bier. Zwei aufgeregte Zitronenfalter umtanzten uns, und die Elfe schlug genervt nach ihnen.

Nie kann man irgendwo in Ruhe sitzen, ohne dass gleich alle Schmetterlinge blöd werden, brummte sie. Dann musterte sie mich mit scharfen Augen, die kälter brannten als das Blau des frisch gewaschnen Himmels.

Hör auf, Schwarz zu tragen, befahl sie mir einfach so. Du brauchst ein weißes Kleid und weiße Blumen und einen weißen Hut.

Ich habe nur ein Nachthemd, das weiß ist, verteidigte ich mich, und außerdem, warum kein Schwarz, daran gäbe es überhaupt nichts auszusetzen.

Doch, eine ganze Menge, sagte sie, es erstickt dein Leuchten und macht dich schläfrig.

Ich will überhaupt nicht leuchten und schlafe gern, verteidigte ich mich, nun ein wenig trotzig.

Quatsch, sagte die Elfe, und ich war nicht im Geringsten erstaunt über ihre Wortwahl, totaler Quatsch, bring mir noch ein Bier.

Als ich zurückkam streifte sie gerade ihr Haut ab.

Entschuldige, sagte sie, aber mir war gerade danach.

Kein Problem, meinte ich, mir ist auch manchmal danach, aber das funktioniert bei Menschen nicht.

Ihr seid schon ziemlich armselig, sagte sie und freute sich über das neue Bier.

Was willst du eigentlich im Süden, traute ich mich zu fragen.

Sterben, sagte sie, ich werde dort sterben.

Ich schauderte. Warum?

Ich gehe dorthin, wo die Hitze mich heller leuchten lässt als diese alte Sonne da oben, so hell, dass jeder Phönix davon geblendet wird, so hell, dass Weiß dagegen nur ein schmutziges Grau ist, so hell, dass es mich tausend Funken zerreißt!

Ihre Wangen färbten sich vor lauter Stolz so rot wie die Blüten meiner Rose.

Und dann? fragte ich.

Nichts und dann. Sie zuckte mit den Schultern.

Dann bin ich tot und komme als irgend etwas anderes wieder. Hoffentlich nicht als Mensch. Hoffentlich nicht wieder als etwas, das Schmetterlinge anzieht. Vielleicht als Blatt. Das wäre ein schnelles, vernünftiges Leben.

Wie wäre es als Katze, schlug ich vor.

War ich schon, sagte sie, war ganz okay.

Die nächste Stunde überlegten wir uns neue Inkarnationen für sie, tranken das Bier leer, und verscheuchten  Schmetterlinge.

Als sie ging, schwankte sie ein wenig, und ich half ihr mit ihren Flügeln.

Zieh dein weißes Kleid an, raunte sie mir zum Abschied mitsamt einer ordentlichen Fahne ins Ohr, und hör darauf, was die Lilie dir zu sagen hat. Ich hab dir die verdammte Blume nicht einfach nur so mitgebracht.

Ich versprach es und winkte ihr noch lange nach, selbst als sie längst als bunter Schatten über den Dächern verschwunden war.

Als mein Mann nach Hause kam, wunderte er sich über den leeren Kühlschrank.

Warum ist kein Bier mehr da? fragte er.

Dann fand er mich im Nachthemd, wie ich an einer Lilie lauschte.

Und was ist hier eigentlich los?

Ich erklärte es ihm

Er schüttelte den Kopf. Es ist nicht immer leicht, mit einer Schriftstellerin zusammenzuleben, murmelte er.

Und die Liliensprache verstand er ganz genau so wenig wie ich.

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Argomento Trotzigschön

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