SEICHTER DONNER IM MARVEL-UNIVERSUM
FILM-KRITIK
Nach dem wirklich, wirklich famos schlechten aber doch irgendwie lustigen 35. Film des Marvel Cinematic Universe (MCU) „Captain America: Brave New World“ (aka „Captain America 4“, siehe PS) ist seit vergangenem Donnerstag mit THUNDERBOLTS* der 36. MCU-Film im Kino zu sehen. Der ist, zugegeben, um Einiges besser. Doch manch eine Länge und inhaltliches Chaos gepaart mit einem Zuviel an melodramatischen, unausgereiften Background-Storys lassen ihn irgendwie... halbgar sein.
Viele Namen auf wenig Raum
Worum geht's? Ein solides Team aus Antikörpern... uhm... Antihelden. Wobei Antikörper durchaus eine Rolle spielen dürften, denn um Experimente an Menschen und so geht es auch. Die Ex-CIA-Chefin Valentina Allegra de Fontaine (immer gern: Julia Louis-Dreyfus) plante einst, sich eine Art Superhelden-Schattenarmee zu bauen. Diese sollte u. a. bestehen aus: Yelena Belova (überzeugend dunkel: Florence Pugh), Ava Starr alias Ghost (blass: Hannah John-Kamen), Antonia Dreykov alias Taskmaster (bald weg: Olga Kurylenko)und John Walker alias US Agent (ugh: Wyatt Russell). Nun kann sie diese allerdings nicht mehr so gebrauchen, muss sie doch vor einem Ausschuss Rede und Antwort stehen.

Kurzerhand schickt sie unsere depressive, saufende Burn-Out-Hauptfigur Belova auf eine Abholungsmission. Diese entpuppt sich allerdings als Falle (was auch die anderen drei Kolleg*innen bemerken, nachdem sie eine Zeitlang versucht haben, sich gegenseitig umzubringen). Nun sitzen sie fest in einem Raum ihres Höllen-Höhlen-Hives und sollen gegrillt werden. Zuvor begegnen sie noch dem mysteriösen Bob (stark: Lewis Pullman), von dem sie zunächst nicht wissen, ob Freund oder Feind (eigentlich wissen sie's die ganze Zeit nicht so recht).
Nun gilt es, aus dem Raum und schließlich aus der ganzen Anlage zu kommen. Was so leicht nicht werden soll. Das erinnert hier und da an den (unterschätzten) „Cube“ oder „Escape Room“. Im Laufe des Films werden sie unterstützt vom weinerlich saufenden und laut enervierenden Alexei Shostakov alias Red Guardian (David Harbour) und gar vom zunächst zögerlichen Bucky Barnes (geht immer: Sebastian Stan), der seinen kybernetischen Arm so spült, wie ich meine Dildos, Plugs und Co. kicher
Stimmung machen oder nicht
So das Grundgerüst der THUNDERBOLTS*. Natürlich gibt es einiges an Action, ein wenig Humor, manch (Melo-)Drama, offensichtlich verborgene Absichten, Double-Crossing – die gängigen MCU-Versatzstücke eben. Was mensch sowohl dem Regisseur Jake Schreier als auch dem Autor*innen-Duo Eric Pearson und Joanna Calo attestieren muss, ist, dass sie an durchaus mancher Stelle das richtige Gespür für Stimmungen haben.

Bedeutet, dass nicht jeder (dezent) dramatische Moment direkt mit einem Calauer aufgelöst werden muss. Oder ebenso, dass eine Actionsequenz nicht in die nächste, harte Nummer übergehen muss. Es darf geatmet werden, was gut ist. Wie oben erwähnt, führen allerdings manche Nebenschauplätze eher belangloser Figuren doch ins Leere und somit in die Länge. Und an diversen Stellen geht ihnen das Gefühl für die Stimmung leider gänzlich ab; manche Witze sind zudem so plump, dass selbst manch Sechsjährige*r nur mit den Augen rollen dürfte.
Dies vs. Das
Diese wiederum werden durch größtenteils starke Schauspiel-Performances von v. a. Florence Pugh und Lewis Pullman (nein, keine neue Brit-Com), Julia Louis-Dreyfus (die als eine Art noch fiesere Selina Meyer aus „VEEP“ glänzt), Sebastian Stan (zuletzt u. a. als Donald Trump in „The Apprentice“ - sehr sehenswert) oder auch Geraldine Viswanathan als de Fontaines Assistentin Mel sowie in Nebenrollen Wendell Pierce und Chris Bauer.

Des Weiteren überzeugen viele der von Kameramann Andrew Droz Palermo so gut wie übersichtlich gefilmten Actionsequenzen. Etwa eine Verfolgungsjagd in der Wüste, eine Flurprügelei oder Abseilmission. Witzig ebenso ein Moment, in dem die vier „Gefangenen“ ineinander verschränkt einen Schacht hochklettern müssen. Hat etwas von einer „Kampf der Realitystars“-Gruppenchallenge (eine neue Staffel ist übrigens gerade gestartet). Passend dazu die in den Abbey Road Studios aufgenommene Soundtrack-Musik von Son Lux. Die CGI-Effekte hingegen wirken, wie schon in manch einer MCU-Nummer zuvor eher... dünn.
Was bei einem Budget von um die 180 Millionen US-Dollar dann doch erneut irritiert.
https://www.youtube.com/watch?v=-sAOWhvheK8 (Si apre in una nuova finestra)Ist THUNDERBOLTS* als 36. Film nun also eine Art Neuanfang/Frischzellenkur? Dunno. Etwas Frische bringt der überlange, hier und da chaotische Film in die angestaubte, arg überfrachtete und verschachtelte Nummer durchaus. (Die Filme kenne ich nahezu alle, die Serien größtenteils nicht. Dafür wusste meine Marvel-Nerd-Begleitung entsprechende Lücken zu füllen.)
AS
PS: Da unser „klassisches“ Online-Magazin noch nicht in gewohnter Form am Start ist, ist unsere „Captain America: Brave New World“-Review derzeit nicht zu lesen. Sollte dies auch am 23. Mai 2025 noch der Fall sein, werden wir sie hier zum Home Entertainment-Start des Films erneut veröffentlichen. Wenn ihr’s dann (erneut) lesen wollt - am besten unseren Newsletter abonnieren, ne?!
PPS: Noch nicht gebührende Anerkennung findet übrigens die ebenfalls am 1. Mai gestartete Horror-Satire DEATH OF A UNICORN. Warum ihr euch diese ansehen solltet, lest ihr hier (Si apre in una nuova finestra).
IN EIGENER SACHE: Da unser reguläres Online-Magazin noch immer nicht wieder am Start ist, veröffentlichen wir vorerst hier. Mehr dazu lest ihr in unserem Instagram-Post (Öffnet in neuem Fenster) (Si apre in una nuova finestra) oder auf Facebook (Öffnet in neuem Fenster) (Si apre in una nuova finestra).

THUNDERBOLTS* ist seit dem 1. Mai 2025 im Kino zu sehen.