tag eins: Die PKK löst sich auf
Hallo!
Heute ist wieder tag eins. Du liest deinen täglichen Nachrichtenüberblick mit Kontext und Einordnung.
Eine Woche produzieren wir nun schon unser neues Briefing! Danke für das zahlreiche Feedback! Schreib uns gerne auch weiterhin, wie dir das neue Angebot gefällt, was dir fehlt und was du dir wünschst.
Heute mit dabei: Die PKK verkündet ihre Selbstauflösung, die Linke debattiert über Antisemitismus-Definitionen, und der Softwarekonzern SAP verabschiedet sich von seinen Diversitätszielen.
THEMEN DES TAGES
PKK verkündet Selbstauflösung
Die 1978 gegründete Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) (Si apre in una nuova finestra)hat ihre Auflösung bekannt gegeben – und damit das Ende ihres jahrzehntelangen bewaffneten Kampfes gegen den türkischen Staat. „Der zwölfte Kongress der PKK hat beschlossen, die organisatorischen Strukturen der Bewegung aufzulösen und die Strategie des bewaffneten Kampfes zu beenden“, hieß es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung. Weiter heißt es: Man sei zum Schluss gekommen, dass ihr jahrzehntelanger Kampf „die Politik der Verleugnung und Vernichtung unseres Volkes durchbrochen und die kurdische Frage an einen Punkt gebracht habe, an dem sie durch demokratische Politik gelöst werden könne“. Die Selbstauflösung stelle „eine solide Grundlage für einen dauerhaften Frieden und eine demokratische Lösung dar“.
In der Erklärung wird betont, dass die Auflösung nur gemeinsam mit dem seit 26 Jahren auf der Gefängnisinsel İmralı inhaftierte PKK-Gründer Abdullah Öcalan möglich sei. Seine Freilassung wird in den kommenden Tagen erwartet. Ende Februar hatte Öcalan die Organisation zur Selbstauflösung aufgefordert. In einer Stellungnahme rief er dazu auf, den bewaffneten Kampf endgültig einzustellen und neue Wege des politischen Engagements zu suchen. Die Auflösungserklärung lässt viele Fragen offen; sie kann als der erste Schritt gesehen werden. Seitens der Türkei wird die Auflösung der PKK begrüßt. (Markus Sulzbacher)
Was die Linke unter Antisemitismus versteht
Mit einem Beschluss auf ihrem Parteitag hat sich die Linke am Samstag von der in Deutschland etablierten Definition von Antisemitismus distanziert – und damit den Unmut des Zentralrats der Juden auf sich gezogen. „Die Linke zeigt, wo sie steht – und das ist nicht an der Seite der Jüdinnen und Juden in Deutschland“, erklärte Zentralratspräsident Josef Schuster. Im Zentrum der Auseinandersetzung steht die Frage, welche Art von Kritik an Israel als antisemitisch gilt.
Der Hintergrund des Streits ist komplex und führt zu zwei unterschiedlichen Definitionen von Antisemitismus. Auf der einen Seite ist da die Jerusalemer Erklärung (Si apre in una nuova finestra) von 2021, der nun die Linke auf dem Parteitag mit knapper Mehrheit folgte. Der Zentralrat, aber auch die Israelitische Kultusgemeinde in Wien, unterstützen hingegen die 2016 erstellte IHRA-Definition (Si apre in una nuova finestra).
Die IHRA definiert Antisemitismus als bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass äußern kann – und nennt elf Beispiele, darunter Holocaustleugnung, antisemitische Stereotype und israelfeindliche Aussagen. Sieben dieser Beispiele beziehen sich auf Kritik an Israel, etwa wenn dessen Existenz als „rassistisches Unterfangen“ bezeichnet wird oder Vergleiche mit der NS-Politik gezogen werden.
Die Jerusalemer Erklärung hingegen vermeidet den direkten Bezug auf Israel. Sie versteht Antisemitismus als Feindseligkeit gegenüber Jüdinnen und Juden – nicht aber als „faktenbasierte Kritik“ an Israels Politik. Wer Israel etwa als Apartheidstaat oder koloniales Siedlerprojekt bezeichnet, gilt ihr zufolge nicht automatisch als Antisemit.
Entstanden ist die Jerusalemer Erklärung als Reaktion auf die IHRA-Definition, die auch von der deutschen Regierung oder der Wiener Stadtregierung verwendet wird. Ihre Befürworter werfen Behörden vor, mit Hilfe der IHRA legitime Kritik an Israel zu unterdrücken – und so politische Debatten unzulässig einzuengen. (Markus Sulzbacher)
SAP kippt Diversitätsziele
Der Softwarekonzern SAP verabschiedet sich offenbar von seinen Zielen zur Geschlechtervielfalt. Laut Handelsblatt (Si apre in una nuova finestra) will das Unternehmen den angestrebten Frauenanteil von 40 Prozent nicht weiter verfolgen. Auch bei der Vorstandsvergütung soll Diversität künftig keine Rolle mehr spielen. Hintergrund sei die politische Lage in den USA unter Präsident Trump – SAP liefert dort unter anderem an Regierung und Militär. (Markus Sulzbacher)
Dieser Newsletter ist ein erster Versuch für ein neues journalistisches Angebot. Wir bitten dich deshalb um Feedback:
Was darf für dich in einem aufgeräumten, täglichen Nachrichtenüberblick nicht fehlen? Was wünscht du dir von tag eins?
FUNDSTÜCK DES TAGES
Zum Tod von Margot Friedländer
Viel Raum hat online am Wochenende der Tod der Holocaust-Überlebenden Margot Friedländer eingenommen. Viele erinnerten sich an persönliche Begegnungen mit der Frau, die das KZ Theresienstadt überlebte und nun im Alter von 103 Jahren verstorben ist. „Eine der größten Deutschen“, überschreibt die Deutsche Welle (Si apre in una nuova finestra) ihren Nachruf mit vielen Würdigungen aus Politik und Gesellschaft.
Mehrfach wird auch wie hier bei der taz (Si apre in una nuova finestra) angemerkt, dass einige der Trauerbekundungen angesichts der aktuellen Politik wohlfeil seien – Friedländer würde heute wohl als Flüchtling von Deutschland abgewiesen werden, heißt es dort.
Bei Terra X History (Si apre in una nuova finestra) gibt es ein 90-minütiges Dokudrama zum bewegenden Leben Friedländers, unter anderem mit Iris Berben und Axel Prahl hochkarätig besetzt: „Ich bin! Margot Friedländer“. (Christian Fahrenbach)
Einen guten Start in die Woche wünscht
Markus Sulzbacher
.jpg?auto=compress&w=800&fit=max&dpr=2&fm=webp)