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Von Eyebrow-Blindness zu Bro-Culture-Bias: Über die Schwierigkeit, die eigenen Leerstellen zu erkennen

Auf TikTok sorgt derzeit ein Trend für Aufsehen, der ein vermeintlich banales Thema ins Rampenlicht rückt: Augenbrauen. Unter dem Hashtag „Eyebrow-Blindness“ teilen Nutzer*innen Videos, in denen sie erkennen, dass sie jahrelang unvorteilhafte oder asymmetrische Augenbrauen getragen haben, ohne es zu bemerken. Oft werden die Aha-Momente humorvoll inszeniert, begleitet von Vorher-Nachher-Bildern oder Reaktionen auf professionell überarbeitete Augenbrauen.

Der Begriff “Blindness” soll dabei ausdrücken, dass die Leute gewissermaßen unfähig waren, die Form oder den Zustand der eigenen Augenbrauen objektiv einzuschätzen. Um den Ableismus zu vermeiden, der mit der Beschreibung des Phänomens als Blindheit oder der zugehörigen Wahrnehmungslücke als “blinder Fleck” einhergeht, bezeichne ich es ab hier als “Eyebrow-Bias”, also als eine Voreingenommenheit, die zu einer verzerrten Wahrnehmung führt.

Berühmte Frauen mit sehr dünnen Augenbrauen in den 90ern (Si apre in una nuova finestra)
Quelle: Wimpoleclinic

Die Voreingenommenheit entsteht durch Gewohnheit und ein fehlenden Blick von außen. Beides trägt dazu bei, dass es einen größeren Abstand braucht, um selbst erkennen zu können, dass die alten Versionen vielleicht nicht das Gelbe vom Ei waren. Aber nicht nur Nähe und Gewohnheit, sondern auch Trends bestimmen die Wahrnehmung. In den 1990ern und Anfang der Nuller Jahre haben schließlich ziemlich viele junge Frauen superdünne Augenbrauen getragen – das war die Norm, das war normal. “Normal” ist hierbei das entscheidende Stichwort. Vom aktuellen Maßstab hängt es ab, wie man die eigene Anpassung oder Abweichung einschätzen kann. Würde der Trend der dünnen Brauen bis heute anhalten, würden wir kaum über Eyebrow-Bias reden.

Ich nenne das “Norm-Bias”. Eyebrow-Bias ist eine Form des Norm-Bias, da die Wahrnehmung von Augenbrauen durch die gesellschaftlichen Normen – hier ein bestimmter Trend – und Gewohnheiten verzerrt wird. Der Bias beruht darauf, dass das, was als „normal“ gilt, unbewusst akzeptiert wird. In diesem Fall verhindert die Norm, dass jemand Probleme bemerkt. Diese Art der Verzerrung spiegelt ein universelles Prinzip menschlicher Wahrnehmung wider: Das Unvermögen, bestimmte Ästhetiken, Strukturen oder Dynamiken zu erkennen, die uns allzu vertraut sind oder so normal erscheinen, das uns auch bei genauer Betrachtung nichts Ungewöhnliches auffällt.

Mehr als ein Trend: Patriarchale Normen

Augenbrauenformen sind als Trend eine eher kurzlebige Norm. Andere Normen hingegen sind hartnäckiger und ausdauernder – so ausdauernd, dass wir sogar manchmal vergessen, dass diese Normen überhaupt existieren.

Zum Beispiel frage ich mich seit kurz vor Weihnachten, wie es sein kann, dass sonst relativ gewitzt auftretende Menschen nicht erkennen, dass die Personalpolitik bei der ARD offensichtlich nicht kompetenzbasiert ist. Die Antwort darauf lautet: Bro-Culture-Bias.

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