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Die Kunst der Veränderung

Wir verorten den Begriff „Verantwortung“ überwiegend in Jobs, die meist auch entsprechend bezahlt werden. Oft wird das Gehalt von Führungspositionen mit dem hohen Grad an Verantwortung gerechtfertigt. Ich habe mich daher gefragt, welche Verantwortung wir als Künstler wohl haben.

Meine sehr persönliche Antwort darauf ist etwas länger ausgefallen, weshalb ich die eigentlichen News diesmal knapp gefasst habe.

News-Übersicht:

  • Auftrag: Plattencover ist fertiggestellt

  • Akquise: Angebot und Konzeptvorschlag für eine Fassadengestaltung 2026 eingereicht

  • Baustelle: Trockenbauwände im 1.OG fast vollständig beplankt, Klempter hat alle Hauptleitungen verlegt

  • Gesundheit: Kinder ständig erkältet, Jule krank; nun bin ich an der Reihe

  • Bücher: Fachliteratur zu den Themen Stuck und Beschichtungstechniken erworben

  • Buchmesse: Vorbereitungen laufen

  • Bürokratie: Steuerbüro wartet auf Unterlagen

Verantwortung in der Kunst

Wenn ich zurückdenke, welche Kunst mich in meiner Jugendzeit begeistert hat, dann erinnere ich mich beispielsweise an einige dystopische Science-Fiction Mangas und Animes wie „Battle Angel Alita“, „Neon Genesis Evangelion“ und ganz besonders „Ghost in the Shell“ (Si apre in una nuova finestra). Die Welten, in denen diese spielen, sind heute teilweise Realität oder drohen sich stärker zu realisieren, als man es zur Zeit ihrer Entstehung für möglich gehalten hätte. Da stelle ich mir schon die Frage, ob ihre jeweiligen Schöpfer einfach ihrer Zeit voraus waren oder sie mit ihrer Schöpfung die Zeit geprägt haben.
Ein ganz anders Beispiel ist Tolkiens Fantasy-Welt bzw. generell das Genre Fantasy und damit verbunden: Märchen. Sie sind meist durch die Eukatastrophe geprägt (vgl. Tolkiens Essay „Über Märchen“, 1938) – also die positive Wendung aus den katastrophalen Ereignissen und Zuständen heraus.
Im Grunde finden wir in der menschlichen Geschichte beides – sowohl die Dystopie als auch die Eukatastrophe. Entscheidend ist in erster Linie, wo wir Geschichte beginnen und wo wir sie enden lassen. Zur Veranschaulichung könnten wir mit dem Bestehen der DDR einsteigen und mit der Wiedervereinigung in einer leichten Eukatastrophe abschließen. Oder wir fangen in den goldenen 20ern des vergangenen Jahrhunderts an und hören im 2. Weltkrieg mit unserer Geschichte auf, was tendenziell eher eine Dystopie hervorruft.

Der Spiegel im Spiegel

Kommen wir zurück zur Verantwortung der Künstler. Spiegelt Kunst nur Teile unserer Geschichte wider oder nimmt sie auch Einfluss auf unsere Zukunft? Nun, ich glaube, sie hat die Kraft, in beide Richtungen außerordentlich stark zu wirken – sowohl als Reflexion als auch als Inspiration für Neues. Diese Erfahrung habe ich in meiner eigenen Biografie gemacht.
Vor beinahe 20 Jahren stieß ich zufällig auf die Bilder des polnischen Malers Zdzislaw Beksinski (Si apre in una nuova finestra). Diese hatten mich direkt unfassbar getroffen, fasziniert – ja erkannt! Ich wollte direkt mit dem Malen aufhören, weil ich in seinen Bildwelten schon alles visualisiert sah, was ich mir je hätte erträumen können. So wohlgestaltet, ja so vollkommen sah ich meine innere Welt in seinen Bildern – stets in ästhetischer Vollendung – zum Ausdruck gebracht.
Erst Jahre später, als ich eine deutsche Publikation zu Beksinskis Kunst erwerben konnte, fand ich heraus, wie er als Mensch und Künstler dachte, und da las ich von einem Menschen, der genauso „drauf“ war wie ich zu der Zeit, als ich ihn für mich entdeckte. Auf der ewigen Sinnsuche erkennend, dass es keinen Sinn gibt, sich aber in allen Dingen Sinn hineinlegen lässt, worüber man am Ende herzlich lachen mag. Der Sinn für Schönheit war dabei irgendwie selbstverständlich, sowohl für Beksinski als auch für mich. Vielleicht glaubte er doch noch an etwas ohne es recht fassen zu können. Nach außen hin beschrieb er sich dennoch als Nihilisten:

Jedes Mal, wenn ich einen bewussten, konstruktiven Gedankengang verfolge, stoße ich automatisch auf seine Antithese – und dann ist gar nichts mehr. Anstatt einer dialektischen Bewegung, die fortschreiten könnte, entdecke ich in mir eine Situation, die Schachspieler als „Patt“ bezeichnen. Die Art von ständigem ‚Hamletismus‘ gilt nicht nur für mein künstlerisches Schaffen, sondern sie betrifft absolut alles bei mir.“

Unabhängig davon, wie sehr sich meine Gedankenwelt mit der Beksinskis nun anfänglich geglichen haben oder wie sehr ich mit meiner persönlichen Wahrnehmung und Einschätzung vielleicht daneben liegen mag: Das Erkennen in Beksinskis Kunst führte letztlich dazu, dass ich seine Malweise versuchte zu adaptieren und dabei ganz eigene Wege fand, mich auszudrücken.

Und wie ich es bereits andeutete, sah ich zwar nirgends einen Sinn, spürte ihn aber permanent in dem Hang zu einer ästhetischen Ausdrucksweise und der Begeisterung für die Schönheit der Natur, ohne mir dessen recht bewusst zu sein.

Zwei Hälften hat die Welt

In meinem Austausch mit Menschen, die an nichts glaubten oder sich auf der Suche befanden, und jenen, die an etwas glaubten, wurde mir irgendwann klar, dass ich mich entscheiden möchte. Es mag verlockend sein, in die dunkle Tiefe des Nichts hinabzusteigen, getrieben von Neugier und Erwartung, dort doch noch auf unentdeckte Erkenntnis zu treffen, doch dabei wird es zunehmend schwerer an das Gute zu glauben. Die Fülle des Lebens aber erschließt sich gerade in dem Glauben an das Gute, wie ich feststellen durfte. Ich nahm das Evangelium zur Hand, las es, ohne es verurteilen zu wollen und ließ mich 2016 taufen.

Kunst macht was mit uns, nämlich immer dann, wenn wir sie als solche erkennen. Somit tragen wir als Künstler sehr wohl eine Verantwortung für das, was wir erschaffen. Jedoch verhält es sich mit unserer eigenen Zweitschöpfung (Si apre in una nuova finestra) oft so, dass wir ihre Tragweite und Bedeutung selbst nur schwer oder gar nicht erahnen. Umso wichtiger ist es, als Künstler mit einer gesunden Herzenshaltung ans Werk zu gehen. Mut und Demut fallen mir da als Begriffe ein, zwischen denen ich beim Malen eines neuen Bildes oft hin und her wanke.

Auf Ausstellungen kommt es hin und wieder zu Begegnungen mit Menschen, die von meiner Kunst tief berührt sind. Und ich bin mir sicher, dass meine Bilder das ein oder andere Herz nachdrücklich bewegt und Geschichten der Veränderung schafft, von denen ich wohl selbst nie erfahren werde.

Literatur, welche diesen Beitrag mitformte:

„Beksinski - Visionen aus dem Nichts“ – Panorama Museum Bad Frankenhausen 1997
Das Zitat stammt aus Beksinskis erster Monografie, herausgegeben von Anna und Piotr Dmochowski, Paris 1988/89

„Über Märchen“ (im Original: „On Fairy-Stories“) - Essay von J.R.R. Tolkien, verfasst als Aufsatz 1938/39 und leicht erweitert bei der Oxford University Press veröffentlicht 1947

„Der Spiegel im Spiegel. Ein Labyrinth“ – Surrealistische Geschichtensammlung von Michael Ende 1983

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>Beitrag vom Januar 2025 (Si apre in una nuova finestra)

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