Nüchtern-Werden bedeutet, sich selbst nicht zurückzulassen
Ich habe gestern aufgeräumt, was man – wie ich hörte – ab und zu machen sollte. Dabei ist mir ein Zettel in die Hände gefallen, den ich in einem dunklen Moment geschrieben habe. Der Moment ist ein paar Monate her, mein letztes halbes Jahr war – nennen wir es – bewegt. Meine Familie war in einer schweren Krise und obwohl ich dachte, ich wäre erwachsen, habe ich mich oft wie ein kleines Kind gefühlt. Ich schreibe das in der Vergangenheitsform, nicht weil die Krise vorbei ist, sondern weil sich in den letzten Tagen etwas in mir gerichtet hat. Da ist eine neue Klarheit und eine andere Ruhe. Wenn ich prüfend an die wunden Stellen spüre, sie vorsichtig mit meinem Geist berühre, dann merke ich sie noch. Aber ich zucke nicht mehr vor Schmerz zusammen. Trotzdem ist mir natürlich klar: Mit den eigenen Eltern ist man nie fertig. Da reicht dieser eine Blick, den man schon sein ganzes Leben lang kennt. Dieses eine Thema, bei dem man sich immer beweisen muss. Diese eine Wunde, die nie ganz geheilt ist, um plötzlich wieder jemand zu sein, der man doch eigentlich gar nicht mehr war. Und wenn in der Gegenwart etwas passiert, etwas Großes und Neues, etwas das einen überrascht, dann bricht die Vergangenheit auf und all die Gefühle, die man zuvor so gut mit Alltag, Zeit und Achtsamkeitsübungen vernagelt hat, auch.
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