Die Geschichte muss neu geschrieben werden!

Wie Trump & Co die Welt verändern
Trumps Aktivitäten gegen Kultur- und Bildungseinrichtungen seines Landes, gegen Gendern und Gleichstellung und vieles andere mehr füllen nahezu täglich die Schlagzeilen der internationalen Medien. Dass sich hinter der Make-America Great-Again – Bewegung nicht nur ökonomisch und militärisch sondern auch kulturell ein durchaus ernstzunehmender und gefährlicher Plan verbirgt, scheint vielen noch nicht so recht bewusst.
Der Link zum Smithonian-Institut (Si apre in una nuova finestra)
Und hier können Sie den Podcast noch einmal nachlesen:
Wenn irgendwo historische Dokumente auftauchen, die die das bisherige Geschichtsverständnis in Frage stellen, wenn Archäologen Funde machen, die bisherige Kulturvorstellungen als falsch oder zumindest ungenau entlarven oder wenn die Analyse von DNA-Proben darauf hindeutet, dass die Evolution in Teilbereichen anders verlaufen ist als immer angenommen, dann ist schnell die Rede davon, dass „die Geschichte neu geschrieben werden muss“. Bei aller Begeisterung der jeweiligen Fachwissenschaftler handelt es sich dabei jedoch meist um Erkenntnisse, die das jeweils aktuelle historische Gesamtbild nur marginal verändern.
Etwas anderes ist es jedoch, wenn neue Perspektiven in Bezug auf die Geschichte eingenommen werden, wenn sich Bewertungen des Geschehenen verändern, wenn neue Forschungsfelder erschlossen werden. Da gibt es dann ganze Kapitel der Geschichte, die neu geschrieben werden, weil sie bislang schlichtweg ignoriert wurden. Beispielsweise die Rolle der Indigenen bei der europäischen Kolonialisierung und Erforschung der Welt. Oder die Leistungen und das Leiden der Schwarzen, die als Sklaven aus Afrika deportiert den Europäern die Neue Welt erschlossen und zwangsweise die materielle Grundlage für den Wohlstand der europäisch-weißen US-Amerikanischen Demokratie gelegt hatten. Nicht zu vergessen auch die kulturellen Vergewaltigungen und Völkermorde zur Sicherung kolonialer Herrschaft und einträglicher Geschäfte. Geschäfte, die wiederum den Reichtum der europäischen Handels- und Industriedynastien begründet hatten. Der Unternehmen, deren Entstehungsgeschichte noch immer mit Tellerwäscher-Millionär-Legenden oder selbstlosem Erfinder- und Unternehmergeist oder gar Genie verklärt werden.
Und natürlich, da gibt es noch die Geschichte des menschengemachten Klimawandels, oder die des menschengemachten Artensterbens, auch das sind lange Zeit vernachlässigte Aspekte der europäischen Expansion und der Globalisierung des kapitalistischen Systems, dessen Folgen inzwischen verheerend sind.
Die Aufarbeitung all dieser von der Geschichtsschreibung zugunsten eines eurozentrisch-ökonomisch-technologischen Fortschrittsverständnisses lange vernachlässigten Themen, führt zu Erkenntnissen, die, wie es Donald Trump in einem seiner Dekrete formulieren ließ: „Das unvergleichliche Erbe unserer Nation, das Freiheit, Rechte des Einzelnen und das Glück der Menschen vorantreibt, als rassistisch, sexistisch, unterdrückerisch oder anderweitig unrettbar mit Makeln behaftet darstellen.“
Recht hat er! Denn das, was Trump hier aus seiner Perspektive als unvergleichliches Erbe benennt, ist die Freiheit, das Recht und das Glück der alten weißen Männer des kolonialen Zeitalters. Und ja, das war eben nicht nur in den USA rassistisch, sexistisch, unterdrückerisch und in der Tat unentschuldbar mit Makeln behaftet.
Und die neue Geschichte, die seit wenigen Jahrzehnten geschrieben wird, zeigt genau das in aller Deutlichkeit. Die relative Freiheit, den relativen materiellen Wohlstand unserer Gesellschaften auf der einen und die ständig wachsende Macht der exorbitant wachsende Reichtum unserer Wirtschaftseliten auf der anderen Seite haben andere mit ihrer Armut, mit ihren Leben mit ihrer Freiheit bezahlt und sie tun es noch heute. Skrupellosigkeit, Menschenverachtung, Lügen, Gewalt und Diskriminierung und nicht unbedingt überbordende Intelligenz waren und sind der Schlüssel zum Erfolg in unserer Wirtschaftsordnung, die mit ihrem Zerstörungspotential längst die Grenzen der menschlichen Selbsterhaltung zu überschreiten droht.
Trump weiß das, Musk und die anderen Tech-Milliardäre wissen es ebenso wie Putin und andere Egomanen.
Und so hatte Trump bereits 2020 hatte mit der 1776-Kommission, eine Initiative gestartet, die eine "patriotische Erziehung" fördern sollte. Dabei ging es darum, eine Geschichte Amerikas zu zeichnen, die alle Schattenseiten der Vergangenheit ausblendet. Auslöser war tatsächlich das 1619-Projekt der "New York Times", das die tiefgreifende Rolle von Sklaverei und Rassismus in der amerikanischen Geschichte seit dem 17. Jahrhundert aufzeigte. Aber auch die Themen Umwelt und Klima standen schon früh auf der Agenda Trumps. Mittelkürzungen für entsprechende Forschungsinstitute, Löschen von Klimadaten, Entlassungen von Wissenschaftlern und nicht zuletzt Datenmanipulation gehörten zum Regierungshandeln der Trump-Administration, um alle Informationen auszuschalten, zu verhindern, zu vernichten, die der ungehemmten Natur- und Menschenausbeutung im Interesse der Wirtschaft entgegenstehen könnten.
Das, was wir heute erleben, ist eine konsequente Fortsetzung dieser Politik und das Dekret, aus dem ich vorhin zitierte, stellt gewissermaßen einen Auftrag an seinen Vize J.D. Vance dar, vor allem in Museen der ehrwürdigen 1846 gegründeten "Smithsonian Institution" Darstellungen im Sinne der neuen Regierung zu ändern. Dabei haben es ihm ganz besonders das im Aufbau befindliche Smithsonian American Women's History Museum, das 2016 eröffnete National Museum of African American History and Culture und das Smithsonian American Art Museum angetan, dessen Ursprung im Jahr 1829 liegt.
Die Veränderungen in der amerikanischen Wissenschafts- und Bildungslandschaft werden tiefgreifend sein, denn die Möglichkeiten, die die Trumpadministration diesbezüglich hat, sind beträchtlich und mit der Smithonian Institution hat sie Zugriff auf eine der bedeutendsten US-Amerikanischen Forschungs- und Bildungseinrichtungen und den weltweit größten und kostenlos zugänglichen Museumskomplex und damit einen der wichtigsten sagen wir einmal Geschichts- und Wissenschaftsinfluencer.
Unseren Medien hierzulande sind diese Angriffe der Trumpadministration auf das kulturelle Gedächtnis, der Kampf gegen Wokeness und Menschenrechte, gegen Empathie und Demokratie eher kurze Nachrichten Wert und auch die Empörung und Reaktion der Politik hält sich diesbezüglich in Grenzen, so lange jedenfalls, wie unsere Wirtschaft nicht betroffen ist. Strafzölle und Handelskrieg prägen unsere Schlagzeilen und immer wieder die Frage, was bedeutet Trumps Handeln für unsere Wirtschaft oder können wir uns noch auf Amerika verlassen, beispielsweise wenn es um unsere militärische Sicherheit geht? Dabei sind gerade diese Fragen im Grunde von nachrangigem Interesse, denn prinzipiell sind sie längst beantwortet, jedenfalls wenn man in Zusammenhang mit Trumps Verhalten und Äußerungen die reale Geschichte der Zeiten zu Rate zieht, die der amerikanische Präsident und seine Clique wiederherstellen möchte. Es geht darum den Gesellschaften der Länder der imperialistischen Begierde zunächst mit Gewalt oder massiven ökonomischen Druck die Lebensgrundlage zu entziehen, um existenzielle Abhängigkeiten zu produzieren. Auf dieser Basis lassen sich unter dem Deckmantel legaler Verträge die Bodenschätze, Menschen und Natur des Landes ausbeuten oder dieses bei entsprechendem Interesse gleich ganz annektieren. Die Ukraine ist ein hervorragendes Beispiel für dieses Prinzip und die Poltereien gegen Grönland, Panama oder Kanada folgen der gleichen Geisteshaltung. Also können wir uns noch auf die Amerikaner verlassen? Natürlich nicht!
Und unsere Wirtschaft? Mal ganz ehrlich, der ist dieses Prinzip des abhängig Machens und Ausbeutens doch schon seit ihrer Entstehungsgeschichte vertraut, ja sie war in großen Teilen sogar treibende Kraft des Kolonialismus. Die wird sich arrangieren, so wie sie sich in der Geschichte mit jedem System arrangiert hat, buchstäblich aus jeder Krise Kapital geschlagen hat.
Ja ich weiß, das klingt jetzt ein wenig pauschal. Aber am Ende geht es doch gar nicht um Die Wirtschaft, sondern um die Gesellschaft, die Demokratie, unsere Verfassung und Werte. Und die sind nicht erst seit Donald Trump in Gefahr. Und damit meine ich nicht nur die Tatsache, dass sich Merz & Co an die Macht gelogen und gehetzt, der AfD zu unverhofften Höhenflügen verholfen, den menschengemachten Klimawandel marginalisiert und den dagegen gerichteten Protest demokratischer Organisationen kriminalisiert und diffamiert haben. Nein, es geht um die Propagierung libertären Gedankengutes als politische Leitlinie und die Vernachlässigung einer verantwortungsvollen Gesellschaftspolitik und des Bildungssektors als einen zentralen Faktor gesellschaftlicher Widerstandsfähigkeit gegen Nationalismus und Faschismus.
Und hier schließt sich erst einmal der Kreis von dem bei uns nur oberflächlich betrachteten Kulturkampf der Trump-Administration über deren Bedeutung auch hierzulande ich im nächsten Beitrag „Die vergessene Geschichte“ reden werde.
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