Ungewiss.
Über die Frage, wie es weitergeht und die wunderbare Gleichzeitigkeit von Ungewissheit und Sicherheit.
Während ein Räucherstäbchen den Raum in eine Wolke aus Zeder-, Sandel- und Rosenholz hüllt, lässt die Sonntagmorgensonne die Kugel des Fernsehturms glitzern und noch silberner erscheinen als sonst. Auf meiner Kaffeetasse steht: „Leave a little Sparkle wherever you go“ und ich freue mich darüber, wie gut der Spruch zu dieser Szenerie passt. Der Newsletter erscheint in letzter Zeit mit einer Unregelmäßigkeit, die fast schon wieder einem Konzept folgt. Vielleicht möchte ich dich damit unbewusst an meiner aktuellen Situation teilhaben lassen, vielleicht passiert aber auch gerade einfach das Leben und ich muss dringend lernen, Prioritäten zu setzen. Aber eines kann ich dir sagen: Immer, wenn ich die Maske des Schreibprogramms öffne, beginnen meine Finger von ganz alleine zu tippen und ich lasse sie einfach machen, mit einem leisen Lächeln im Gesicht. Man könnte sagen, ich verfalle in einen kurzen Rausch, aus dem ich immer wieder glückselig emporsteige. Kennst du dieses Gefühl auch? Beim Schreiben oder anders kreativ sein? Ich kannte mal jemanden, der hat sich ganze Tage lang seiner Kreativität hingegeben, mit zugezogenen Vorhängen und weißen Wänden ohne jede Ablenkung. Für mich ist so eine Situation der Tod meiner Kreativität, ich brauche den Blick auf die Stadt, den Raucherhusten meines Nachbarn am offenen Fenster oder eine laufende Waschmaschine im Hintergrund. Dann sind meine Worte nicht mehr zu stoppen und sie fallen direkt aus dem Kopf aufs digitale Papier. Das Wunderbare an der Kreativität ist ja, dass sie bei uns allen da ist und wir im Grunde nur die Bahn frei machen müssen. Es kann eine Weile dauern, bis man weiß, wo sie lang möchte und ich glaube ja, dass sie ihre Route auch gern mal ändert… Aber sie ist immer bei uns.
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Diese Erkenntnis könnte der Grund dafür sein, dass ich der Ungewissheit, die sich so langsam anmeldet, so gelassen entgegentrete. In knapp drei Monaten endet meine Zeit als festangestellte Redakteurin in Vollzeit und ich bin stolz auf mich, dieses eine Jahr wirklich durchgezogen zu haben, aber auch darauf, es klar zu beenden. Die Sache ist ja die: Unser Bauchgefühl sagt uns immer, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Ihm zuzuhören und dann aber auch danach zu handeln, sind wiederum zwei Paar Schuhe. Nun befinde ich mich in einer Lage, die mir Respekt einflößt, aber auch ein Gefühl von Sicherheit schenkt. Wo kommt die denn her? Zwar weiß ich, was ich tun möchte, wenn meine Zeit in Freiheit gekommen ist, aber ganz ehrlich: Wie man davon leben kann und wie das alles im Detail funktionieren soll, weiß ich noch nicht so recht. Ab und an ploppt auch der Gedanke auf, dass irgendwann alle merken, dass ich eigentlich keine Ahnung habe, was ich da mache. Aber eher selten… Tatsächlich bin ich so entspannt wie schon lange nicht mehr und lege ein Vertrauen in mich und mein Tun an den Tag, das ich so nicht erwartet hatte. Kommt die Panik erst noch? Fühlt sich nicht so an. Warum wird man eigentlich immer skeptisch, wenn es gut läuft? Versuchen wir doch mal, das als Zeichen zu sehen, dass wir auf dem richtigen Weg sind und die Momente, die vermeintlich schiefgehen, uns nur sagen, dass wir lieber in eine andere Richtung gehen sollten. Nicht jede kleine Unsicherheit ist gleich ein Scheitern! Und selbst wenn… dann machen wir es eben anders.
Wie sehr das Schreiben zu meinem Safe Space geworden ist, merke ich genau daran: Selbst in der größten Ungewissheit schenkt es mir die Sicherheit, dass es an meiner Seite ist. Meine Kreativität, das Schreiben und ich, wir sind zu einem Team geworden, das jetzt gemeinsam auf Abenteuerreise geht. Und wie bei allem, das neu ist, gehört dazu ein bisschen Nervosität. Aber auch Vorfreude. Jeder Teil der Vorbereitung für diese Abenteuer, die ich gerade treffe (so ganz ohne gehts dann ja doch nicht), fühlt sich gut an und zeigt mir, dass ich noch nicht alles können und wissen muss – aber ich kann es lernen. Manchmal brauchen wir einfach ein bisschen Zeit und den Mut, mal nicht zu wissen, wie es weiter geht.
Mit diesen Gedanken möchte ich dich in einen sonnigen Sonntag schicken und dich dazu auffordern, auch mal wieder nichts zu tun. Einfach nur dasitzen, im Schneckentempo spazieren gehen und die eigene Existenz genießen. Klingt ein bisschen seltsam, aber probier es mal aus und schaue, wie gut es sich anfühlen kann, absolut nichts zu leisten. Wir müssen nicht immer irgendwo hin wollen oder produktiv sein. Ich werde jetzt eine Runde um den See spazieren, den Vögeln lauschen, vielleicht ein Eichhörnchen und ein paar Enten treffen… kommst du mit?
Alles Liebe
deine Sarah
