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Umfeld.

Über die Tatsache, dass ich erst jetzt verstehe, was es wirklich heißt, die richtigen Menschen um mich zu haben und: ein Geständnis.

Ihr Lieben, was für eine Woche! So viele Emotionen und Gedanken wurden verarbeitet, es wurde geschrieben, darüber gesprochen, Tränen wurden vergossen und getrocknet, mal alleine, mal mit liebevoller Unterstützung und heute sitze ich hier und merke, dass diese Zeilen klingen müssen, als wäre das beschriebene Chaos das Ergebnis einer Aneinanderreihung großer Ereignisse. Dabei gab es eigentlich gar kein Ereignis. Zumindest kein Außen-Ereignis. Dafür ist in mir drinnen so einiges passiert, vielleicht war ich dabei ein wenig rasant unterwegs. vielleicht kommt es mir auch nur so vor. Aber beginnen wir vorn…

Während der letzten Wochen bin ich heimlich, still und leise in die Falle der unendlichen Möglichkeiten getappt. Naja, nicht ganz, aber ich stand sehr nah davor. Mein Konzept aus Teilzeit-Brotjob und Schreiben verfolge ich ja nun schon eine kleine Weile und es funktioniert für mich ziemlich gut. Sehr gut, um genau zu sein. Die Fortschritte, die ich seitdem mit meiner Kreativität und meinem Schreiben mache, sind enorm. Ja, ich habe noch nicht den berühmten Buchvertrag mit einem großen Verlag meiner Wahl, aber ich halte das nicht (mehr) für ausgeschlossen, wovon ich lange überzeugt war. Es ist eher die Sicherheit, die ich mehr und mehr entwickle, wenn es um meine Kunst und insbesondere darum geht, sie zu teilen. Es mangelt mir nie an neuen Ideen, der Lust am Schreiben und immer öfter kann ich mich dazu überwinden, meine Texte zu zeigen. Die Lage fühlt sich nach Vorwärtskommen an, was den kreativen Teil angeht. Endlich, denke ich und gleichzeitig spüre ich eine gewisse Angst. Da kann doch was nicht stimmen! Läuft das etwa gerade gut? Höchste Zeit, mal wieder so richtig an mir zu zweifeln und den Erfolg mit Vernunft zu manipulieren. Und Vernunft ist nun einmal stets verfügbar, in Form von Vollzeitjobs in den hiesigen Redaktionen - da kann ich ja schließlich ebenso schreiben und werde dafür sogar bezahlt, ohne diese immer wiederkehrenden Krisen zu durchleben (die ja durchaus ihre Daseinsberechtigung haben). Auch mir werden die Stellen nicht hinterhergeworfen, aber es tat sich die ein oder andere Möglichkeit auf, die mit blinkender Leuchtschrift auf der Stirn „Ich bin vernünftig und verfügbar“ brüllt. Was sie aber eigentlich sagt ist: Du hast Angst davor, mit deiner Kreativität erfolgreich zu sein. Weil es neu ist, weil du dich damit angreifbar und verletzbar machst. Wie hübsch die vermeintliche Komfortzone funkeln kann, obwohl man ganz genau weiß, dass sie eher früher als später wieder mächtig unbequem wird, weil sich die Kreativität eben nicht mehr in die stille Ecke verbannen lässt. Da lässt sich diese Angst doch ganz easy auf Unzufriedenheit im Brotjob schieben, der ehrlicherweise nicht komfortabler sein könnte und genau das tut, was ich von ihm erwarte: Er ermöglicht mir das Schreiben.

Diese Erkenntnis habe ich einem Menschen in meinem Umfeld zu verdanken, der eigentlich bisher eher als Randfigur fungierte. Und ich bin so dankbar, dass wir uns am letzten Dienstag nach etwa fünf Monaten auf Tee und Zigaretten in einer kleinen Kneipe trafen, wo sie mir ohne mit der Wimper zu zucken den Kopf gewaschen hat. Mit recht wenigen Worten und einer Frage, die mir sofort wieder die Augen öffnete: „Sarah, wo willst du denn schon wieder so schnell hin? Warum bist du denn immer noch am Rennen? Weißt du überhaupt, wo du gerade bist? Mach mal einen Schritt zurück und schau dich an!“ Ok, das waren drei Fragen, aber in einem Atemzug. Ich musste nicht einmal den Schritt zurückgehen, sondern einfach nur blinzeln, um zu bemerken, dass ich genau da bin, wo ich sein möchte. Für den Moment, an der richtigen Stelle meines Weges. Dieses Gespräch hat mich instant zurückgeholt und ich spürte richtig, wie der Dämon meinen Körper verließ. Welche Ironie, dass ausgerechnet ich, die immer predigt, man muss doch einfach mal sein dürfen, solche Schwierigkeiten damit hat. Nicht immer, aber ab und an. Meistens dann, wenn nichts Großartiges passiert, wenn keine Einreichung für den nächsten Wettbewerb in der Pipeline steckt oder ein neuer Text veröffentlicht wurde. Immer dann, wenn ich einfach das tue, was ich liebe… Was soll ich dazu sagen, außer dass ich grundsätzlich skeptisch werde, wenn es einfach einmal läuft. Frau S. (meine frühere Therapeutin, ihr wisst schon) pflegte gerne zu sagen: „Ja, was wäre denn, wenn Sie das mal nicht manipulieren und es einfach weiter laufen lassen? Denken Sie den Gedanken doch mal zu Ende.“ An dieser Stelle fällt mir ein Lied ein, das mir heute erst wieder begegnet ist und selbst in den Tagen, an denen es nicht so läuft, irgendwie etwas Gutes findet:

Natürlich musste das erst einmal verarbeitet werden. Also flossen ein paar Tränen, die die letzten Spuren dieser Unruhe hinausspülten, ich suchte Zerstreuung beim Sport, der sein Übriges tat und belohnte mich mit ein wenig Schreiben außerhalb meines Plans, was mich zu einem wundervollen Schreibimpuls auf Instagram von @prosa_ist_innen führte. Es entstanden 800 Zeichen, die irgendwo in dem Wort „Treibgut“ mündeten (wenn das mal nicht das perfekte Wort für mich ist!). Ich teile hier mal einen Ausschnitt daraus und wer weiß, vielleicht sorgt er ja auch bei dir für ein wenig Inspiration?

„Mit einer sanften Brise, etwas staubig und nach rauem Salz schmeckend, schwebt sie über die Wege, die niemand sonst geht, die nur ihr gehören. Treibgut auf glitzerndem Sand, nur gehüllt in einen Schleier aus Glück. Da ist sie die Verrückte, auf die sie Zeigefinger und entsetzte Blicke richten, manch einer fängt schon an zu beten, nur zur Sicherheit, damit ihr Leuchten ihn nicht treffen möge. Warum strahlt sie nur so hell, man sieht ja kaum den nächsten Schritt! Keine Sorge, ihr fallt nicht hin, ihr seid für diesen Weg geformt, er trägt euch schon ins Ziel, ganz ohne hinzuschauen, flüstert sie mit dem Wind und pustet ihnen die Hüte vom Kopf und Flausen hinein: Won´t you give yourself a try? „

In meiner digitalen Welt habe ich längst für ein Umfeld gesorgt, in dem ich mich wohlfühle und ebensolche Impulse finde, die mich motivieren und immer wieder neu inspirieren. Natürlich kann auch das überwältigend sein, wenn man die Veröffentlichungen und Erfolge anderer Menschen miterlebt und gerade sowieso das Gefühl hat, nichts auf die Reihe zu bekommen, auch wenn man sich von Herzen für diese Personen freut - man weiß schließlich, wie steinig der Weg sein kann. Trotzdem darf man traurig sein, dass es nicht das eigene Buch ist, das auf der Buchmesse präsentiert wird. Noch nicht. Aber dann gibt es ja immer noch die Möglichkeit mal offline zu bleiben, was ich von Zeit zu Zeit wärmstens empfehlen kann. Matt Haig bezeichnet diesen Zustand in seinem Buch „Mach mal halblang - Anmerkungen zu unserem nervösen Planeten” als „Unplugged Version“ unseres Selbst und diesen Ausdruck mag ich besonders gerne, weil ich auch in der Musik meist die unaufgeregteren Unplugged-Versionen lieber mag, als die im Studio bis ins Detail durch-arrangierten Titel.

Im echten Leben sehe ich mein Umfeld ganz natürlich wachsen, behutsam und sehr ausgewählt, erscheinen immer wieder Menschen auf meinem Radar, mit denen ich mich im kreativen Austausch absolut sicher fühle. Andere Künstler:innen, die mir ihr Ohr, die richtigen Worte, Fragen und ihr Vertrauen schenken, wenn sie von ihren Werken, Hürden und Träumen berichten - oder gar mit mir gemeinsam kreativ sein möchten, was mein Herz ganz besonders hüpfen lässt. Ja, auch hier ein paar Tränchen, aber freudig-gerührte.

Ich dachte immer, Schreiben, das macht man alleine. Schriftsteller:innen, das sind Einzelgänger:innen. Wenn man dies aus der Perspektive des Umfelds betrachtet, aus dem ich komme, dann bin ich eine Außenseiter:in, die am liebsten alleine ist und nur über Bücher spricht. Mein wachsendes Umfeld, in dem auch ich so rasenden Schrittes zu mir finde, ist ein Potpourri an Außenseiter:innen wie mir. Und hier ist völlig klar, dass es niemals nur um Worte geht.

Dieses Zitat von Péter Nádas fand seinen Weg nicht zufällig in den heutigen Blogeintrag. Als Abschluss dieser innerlich ereignisreichen Woche, hatte ich das Bedürfnis nach einem Außen-Ereignis und danach, mich in einer Umgebung auszuruhen, die mir vertraut ist und in der ich mich bisher stets zu Hause fühlte: Ich besuchte eine Lesung des Schriftstellers im Berliner Gorki Theater und lud spontan eine sehr lieb gewonnene Person ein, die ebenfalls Teil meines wachsenden (Kreativ-)Umfelds ist, völlig unverhofft, denn wir mussten uns ein zweites Mal über den Weg laufen, um die Verbundenheit zu erkennen, die sich nicht nur auf das Schriftstellerische beschränkt. Jedenfalls äußerte sie im Vorfeld die Sorge, bei dieser Veranstaltung zwischen „lauter Intellektuellen zu sitzen und kein Wort zu verstehen“. Das Gegenteil war der Fall, wir fühlten uns beide pudelwohl und verließen das Theater mit erfüllten Herzen und dem Gefühl, dass wir beide auf unserem Weg sind. Kurz vor dem Brandenburger Tor beschlossen wir auf dem Heimweg unser nächstes Treffen mit den Worten: „Ich bin so froh, dass ich dir nochmal geschrieben habe!“ - „Und ich erst.“ Es folgten noch ein oder zwei Tränchen vor Rührung.

In solchen Momenten, ob digital oder im echten Leben, wird mir klar, dass all diese Menschen, mich eingeschlossen, ihr Glück erst einmal begreifen müssen. Das Glück, sich mit Menschen über die Themen, die uns wirklich beschäftigen und am Herzen liegen, austauschen zu können, ohne sich groß erklären zu müssen oder begrenzte Sendezeit in Kauf zu nehmen, weil dein Thema eben für andere nicht so interessant ist. Ich liebe es ja, wenn ein echter Nerd ohne Punkt und Komma von seiner Leidenschaft erzählt und dabei kein Detail auslässt. Dabei ist es ganz gleich, ob es um Musik, Fußball oder das Schreiben geht. Es geht niemals nur um eines dieser Dinge, sondern um das Leuchten, das dabei in den Augen meines Gegenübers entsteht. Diesen Raum haben wir alle verdient. Wir alle dürfen leuchten.

Bis nächste Woche!

Alles Liebe

deine Sarah

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