Passa al contenuto principale

Ab ins Licht, Friends!

Alle meine Friends reden über taktisches Wählen, und ich denk so: what the fuck?

Da werden lange Nachrichten in den Chatgruppen hin- und hergeschickt, Webseiten und das Wahlrecht gewälzt, und mich bringt’s ein bisschen zum Verzweifeln. 

Klar, will ich auch, dass die Linke gewinnt. Ferat Koçak als Bundeskanzler, und wir hätten einige Probleme weniger. Aber das wird nicht passieren. Nie. Nicht in diesem System. 

Die AfD hat innerhalb von wenigen Tagen mehrmals eine Spende von mehr als einer Millionen Euro bekommen. 

Rheinmetall hat gerade mehreren Abgeordneten Geld angeboten als “Wahlkampfhilfe”. Gerade jenen Abgeordneten, die darüber entscheiden, welche Waffen gekauft werden. Rheinmetall produziert genau das: Waffen. 

Die beiden Politiker, die sich beim Einkauf von Schutzmasken während der Corona-Pandemie einmal 1,2 Millionen und einmal 660.000 Euro eingesteckt haben, wurden letztlich freigesprochen. Alles ganz legal. Beide Politiker gehören zur CSU. 

Das ist die Spitze des Eisbergs. Das ist es, was wir sehen. Was wir nicht sehen: dass Abgeordnete mehr als die Hälfte ihrer Zeit mit Lobbyist:innen verbringen, also den Jungs und Mädels von VW, Monsanto und RWE, die ihnen einflüstern: runter mit den Steuern für Unternehmen und Superreiche, die Einsparungen kann man problemlos machen: einfach das Bürgergeld streichen.

Scholz ist in den Cum Ex-Skandal verwickelt. 

Merz gehört zu Black Rock. 

Alice Weidel hat bei Goldmann Sachs gearbeitet. 

Es gibt ein neues Buch, wo man das alles kompakt nachlesen kann. Ich hatte das Vergnügen, vorab ein Exemplar vom Verlag zu bekommen. Marco Bülow hat’s geschrieben, er saß für die SPD fast 20 Jahre im Bundestag und hat das alles mitbekommen: “Korrumpiert – Wie ich fast Lobbyist wurde und jetzt die Demokratie retten will (Si apre in una nuova finestra)”. 

Es freut mich ja auch, dass gerade so viele übers Wählen reden. Aber das ist eine Täuschung. Wenn ich nur eckige Förmchen habe, kann ich auch nur eckigen Sandkuchen backen. 

Die repräsentative Demokratie ist besser als jede Autokratie, aber sie zeigt in die gleiche Richtung, denn die wenigen herrschen über die vielen und mit der Zeit korrumpiert Macht auch den Letzten. Und das ist in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend passiert. Geld spielt eine zu große Rolle. 

Niemand hat das besser gesagt als Rebecca Solnit: 

Stell dir die Welt als ein Theater vor. Die Machthaber und die Offiziellen besetzen die zentrale Bühne. Die herkömmlichen Versionen der Geschichte, die konventionellen Nachrichtenquellen ermutigen uns, unseren Blick genau auf diese Bühne zu richten. Die Scheinwerfer dort sind so grell, dass sie dich für die dunkleren Bereiche um dich herum blenden, es dir schwer machen, den Blick anderer Zuschauer zu treffen, den Ausgang zu erkennen, in die Gänge zu treten, hinter die Kulissen zu blicken, hinauszugehen in die Dunkelheit, wo andere Mächte am Werk sind. Vieles vom Schicksal der Welt wird auf dieser Bühne, im Rampenlicht, entschieden, und die Schauspieler dort werden dir erzählen, dass alles dort entschieden wird, dass es keinen anderen Ort gibt.

Unabhängig von den Details oder dem Ausgang ist das, was auf der Bühne geschieht, eine Tragödie – die Tragödie der ungerechten Verteilung von Macht, die Tragödie des allzu verbreiteten Schweigens jener, die sich mit der Rolle des Publikums zufriedengeben und den Preis für das Drama zahlen. Die Idee hinter der repräsentativen Demokratie ist, dass das Publikum die Schauspieler wählen soll und dass diese im wörtlichen Sinne für uns sprechen. In der Praxis jedoch gibt es viele Gründe, warum viele sich nicht an dieser Wahl beteiligen, während andere Kräfte – etwa Geld – diese Wahl untergraben. Und auf der Bühne finden zu viele Schauspieler andere Beweggründe – Lobbyisten, Eigeninteresse, Konformität –, um die Menschen, die sie eigentlich vertreten sollten, im Stich zu lassen.

Achte auf die kreativen Räume, die außerhalb dieser Bühne politische Macht ausüben oder den Inhalt des Dramas auf der Bühne verändern. Aus den Orten, die man dich zu ignorieren gelehrt hat oder die dir verborgen geblieben sind, kommen die Geschichten, die die Welt verändern. Hier hat die Kultur die Kraft, die Politik zu formen, und hier haben gewöhnliche Menschen die Macht, die Welt zu verändern. Man kann die verwirrten, verärgerten Gesichter der Schauspieler auf der Bühne sehen, wenn die Straßen selbst zur Bühne werden oder die Unoffiziellen auftauchen, um das geplante Programm zu durchbrechen. 

Lasst uns nicht mehr im Dunkeln bleiben, erstarrt in unseren Sitzen angesichts des Grauens. Lasst uns heraustreten ins Licht, die Bühne übernehmen und ein besseres Stück aufführen, ein menschliches. 

0 commenti

Vuoi essere la prima persona a commentare?
Abbonati a Raphael Thelen - Klima e avvia una conversazione.
Sostieni