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Ein Rezept gegen Trump

Seit Tagen sitzen wir abends beim Essen, und es herrscht Unglaube darüber, was Trump und Musk da tun.

Panama-Kanal, Massendeportationen, Hitlergruß. 

Unser Tischgespräch wird dann langsamer, die Pausen länger, wir suchen nach Worten, versuchen zu verstehen, kapitulieren irgendwann, irgendwer sagt, wie lecker das Essen ist, jemand anderes spricht über eine Netflix-Serie, und am nächsten Morgen stehen wir wieder auf, und machen damit weiter, was wir halt machen: eine Bewegung bauen, damit es uns besser geht, und je klarer Trump und Musk tun, was sie angekündigt haben, desto klarer wird mir, was wir zu tun haben. 

Vielleicht habt ihr die Predigt von Bischöfin Mariann Edgar Budde während des Gottesdiensts nach Trumps Amtseinführung gesehen. Sie hat an ihn appelliert, barmherzig zu sein. Viele Menschen hätten jetzt Angst, vor allem Kinder. Angst, weil sie queer seien, Angst, weil ihre Eltern deportiert werden könnten. 

Trumps Gesicht ist anfangs zwar steinern, aber er scheint Budde anzuschauen, zuzuhören. Dann schweifen seine Augen ab, und es wirkt, als ob er das Dekor der Kirche betrachtet, oder seine Gedanken einfach sonst wohin wandern. Später schrieb er, die Bischöfin sei eine “Trump-Hasserin”.

Trump ist so erfolgreich, weil er keine Barmherzigkeit kennt. Keine Nächstenliebe. Keine Verletzlichkeit. 

In seiner Antrittsrede zeichnete er das Bild eines Amerikas, das von Pionieren, Kriegern und Kolonialisten groß gemacht wurde, und in dem Öl Gold ist: drill, baby, drill! Manchmal denke ich, es fühlt sich an, wie die Wiederkehr eines dunklen Geistes; sein ist das Demütigen, die Rache und der Krieg gegen die Menschlichkeit – und wenn ich mich in ihn hineinversetze, tut er mir leid. 

Ich habe mal ein Gleichnis gehört:

Ein berüchtigter Samurai kommt zu einem alten Mönch und sagt: “Erklär mir, was die Hölle ist und was der Himmel.” 

Der Mönch sagt: “Deine Waffen sind rostig, du bist unrasiert, deine Klamotten dreckig und du stinkst. Was weißt du schon von solchen Dingen?”

Der Samurai gerät in Rage, schreit den Mönch an, dass er ihn töten werde, reißt sein Schwert aus der Scheide, und hebt es weit über den Kopf. 

In diesem Moment sagt der Mönch: “Das ist die Hölle.”

Der Samurai hält inne, versteht, dass der Mönch bereit ist, sein Leben zu geben, um ihm diese Lektion zu lehren. Er lässt sein Schwert sinken, blickt den Mönch an, beruhigt sich. 

Der Mönch sagt: “Und das ist der Himmel.” 

Die Bischöfin hat Trump nicht umgestimmt, aber mich hat sie berührt. Ihre Klarheit in den Worten, ihr Mut, dem mächtigsten Mann der Welt so gegenüber zu treten, ihre Opferbereitschaft: in einem Land voller Waffen und komplett im MAGA-Rausch so etwas zu tun, bedeutet, das eigene Leben zu riskieren. 

Wenn ich da hin spüre, fühle ich für diese Bischöfin eine große Liebe. 

Trumps Reich ist das Reich der Angst, er säht sie, zwingt andere, ihm zu folgen, erlaubt anderen damit, auch davon zu träumen, groß, angsteinflößend und stark zu sein, und sie folgen ihm, jubeln ihm zu.

Sein ist die Gewalt. 

Unseres muss die Gewaltlosigkeit sein. 

Gewaltlosigkeit bedeutet für mich, dafür zu sorgen, dass es uns gut geht – uns allen gut geht. 

Das kann ich jedoch nur tun, wenn ich zuhöre. Ich muss wissen, was dich glücklich macht, um zu wissen, wie wir da hinkommen. Wir müssen uns hinsetzen und uns Zeit nehmen füreinander, das heißt vor allem auch, mich selbst verletzlich machen – dann können wir beide zusammen vorwärts gehen. Und aus all dem erwächst eine Stärke. Unsere Stärke. 

Budde hat Trump vielleicht nicht erreicht. Aber mich hat sie erreicht, mich inspiriert sie. Mir hilft sie dabei, heute Morgen wieder einige Schritte zu gehen. 

Gewaltlosigkeit ist radikal. Sie stellt unsere Gesellschaft in Frage, unser politisches System, die Wirtschaft. 

Wenn ich gewaltlos bin, kann ich nicht auf einer Demo stehen und brüllen: “Ganz Berlin hasst die AfD!”

Wenn ich gewaltlos bin, kann ich nicht Minister oder Kanzler in dieser repräsentativen Demokratie sein, denn sie beruht darauf, sich gegen andere durchzusetzen, um an Macht zu kommen. 

Wenn ich gewaltlos bin, kann ich nicht in einer Wirtschaft arbeiten, die Ausbeutung mit Gewinn gleichsetzt. 

Hassen, Durchsetzen, Ausbeuten – all das wurzelt im Prinzip der Gewalt, dem zentralen Prinzip des Patriarchats. 

Gewaltlos sein ist dabei nicht naiv. Bei jedem Waldspaziergang zertrete ich unzählige Ameisen, Mistkäfer, Engerlinge. Gewaltlos sein ist aber möglich. Gewaltlos sein ist vor allem mächtig. 

Wenn ich gewaltlos bin, wenn ich mich in all meinem Handeln frage, ob es Verbindung ermöglicht, dann ermögliche ich Verbindung. Wenn wir das leben, nicht nur im Kreis unserer Friends und Familie, sondern da, wo es Reibung gibt, in der Öffentlichkeit und vor den Zentren der Macht, dann zeigt das Stärke.

Eine Stärke, wie die von Bischöfin Budde. 

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