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Eine Welt gewinnen - 01.05.2023

Was ist richtig und was falsch und was können wir tun gegen die Zerstörung?

Vor einem halben Jahr stand ich mit diesen Fragen in meinem Leben und der Klimakrise, habe diesen Newsletter gestartet. Die Frage nach dem „Was tun?“ habe ich seitdem für mich beantwortet – aber, meine Fresse, was tun wir da eigentlich?

Schöneberg. Der Fahrer stoppt seinen schwarzen Porsche an der Ampel. Leander und die anderen gehen auf die Straße, ziehen ihre Warnwesten an. Der Porschefahrer drückt aufs Gaspedal, fährt gegen Leanders Beine, langsam, aber schnell genug, dass Leander nach hinten umstürzt. Er reißt den Arm hoch, um zu signalisieren, dass er da liegt. Der Porschefahrer rollt weiter, als läge da kein Mensch, stoppt dann endlich, steigt aus, packt Leander von hinten, zerrt ihn über den Asphalt auf den Gehweg.

„Sie werden gefilmt“, sage ich, der an diesem Tag als Support dabei ist.

„Ich bin ja nicht gewalttätig“, sagt der Porschefahrer.

Was tun wir da?

Wir haben uns anschreien lassen.

Hurensöhne.

Wichser.

Geht arbeiten.

Wir haben uns wegtragen und schlagen lassen.

Wir haben uns einsperren lassen.

Wir haben einen Konflikt vorgezogen, der so oder so kommen wird, dann bloß tausendmal brutaler.

Keine Ahnung, was der Porschefahrer machen wird, wenn mal nicht nur eine Straße blockiert wird, sondern unser aller Lebensgrundlagen kollabieren. Wird er sich eines Besseren besinnen? Nicht sich durchsetzen auf Kosten anderer, sondern teilen, damit alle etwas abbekommen?

Ich glaube nicht. Ich glaube, wenn es so weit kommt, gibt es keine Gewinner mehr. Alle verlieren, auch dieser Typ.

Versuchen, das zu verhindern, das tun wir. Deshalb bringen wir den Konflikt auf die Straße, so drastisch. Machen ihn sichtbar. Machen ihn verhandelbar. Lösbar. Bevor es massenhaft Tote gibt.

Noch ist genug Leben auf diesem Planeten, dass es sich erholen kann. Noch lässt sich das Klima stabilisieren. Noch können wir heilen, was verletzt ist, auch wenn es für viele tausend Arten endgültig zu spät ist. Aber das muss nicht das Ende für alle sein, und für uns kann es ein Neuanfang sein. Denn die einzige Option, dass sich nicht alles ändert, ist, dass wir alles ändern.

“Another world is not only possible, she is on her way. On a quiet day, I can hear her breathing”, hat Arundhati Roy mal geschrieben, und ich kenne das, ich höre diese neue Welt auch fast jeden Tag.

Wenn ein Freund die Schönheit von Sorgearbeit entdeckt.

Wenn Bekannte beseelt aus dem Erzgebirge wiederkommen, wo sie einige Tage Bäume pflanzten.

Wenn ein IG-Metall-Chef die Vier-Tage-Woche fordert.

Wenn ich mit anderen aus der Letzten Generation zusammensitze, wir über unsere Gefühle sprechen, weil wir wissen, dass das mindestens so wichtig ist, wie Straßen Blockieren.

Wenn Männer wie Trump, Bolsonaro und Döpfner stürzen wie die Dominosteine.

All diese Dinge streifen mich wie Atemzüge, genommen vor einem Sprung vom Haben ins Sein.

Wir haben alles, was wir brauchen. Die Transformation ist kein Zauberwerk. Nur durchziehen müssen wir sie, wobei die Betonung auf dem wir liegt, denn mit ein paar Anweisungen und Gesetzen von oben wird das nicht zu schaffen sein, und deshalb liebe ich die Forderung nach einem Gesellschaftsrat so.

160 Menschen kommen zusammen und erarbeiten, wie sie gemeinsam unsere Lebensgrundlagen schützen wollen, und in der Form ist das Morgen ja schon angelegt:

Nicht von oben herab.

Nicht jeder gegen jeden.

Nicht dein Verlust ist mein Gewinn.

Nicht unsere Abhängigkeit vom Planeten und einander als Last und Bürde empfinden, sondern als größtes, schönstes Geschenk, das wir haben.

Wenn wir das schaffen können, haben wir eine ganze Welt zu gewinnen.

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