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Aus Oregons Re-Kriminalisierung lernen

Stadt-Ansicht von Portland, Oregon, USA.

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Das Heidelberger Symposium

Heute bereite ich mich auf meinen Vortrag am Samstag beim Heidelberger Symposium (Si apre in una nuova finestra) vor, wo ich eineinhalb Stunden zum Titel “Drogenpolitik ohne Strafverfolgung – kann das gutgehen?” referieren werde. Der Titel ist eine Idee der Veranstalter. Die Antwort ist natürlich: Ja muss es! Aber ich werde die verschiedene Formen von Drogenpolitiken der Länder der Welt inklusive der Probleme der unterschiedlichsten halbgahren Entkriminalisierungen vorstellen und das kann für sich selbst sprechen. Die gesellschaftlichen Bedenken, ob es nicht ein Mindestmaß an Sanktionen oder eine besser fokussierte Strafverfolgung braucht, sind ein reales politisches Problem und bin sehr gespannt, wie die Diskussion im Anschluss an den Vortrag läuft. Das Manuskript schicke ich euch im Anschluss wieder als erste zu.

Ent-Kriminalisierung und Re-Kriminalisierung in Oregon

Die politischen Möglichkeiten sind nicht nur eine Frage von Theorien und bisherigen Modellen wie zum Beispiel dem von Portugal von 2001, sondern auch eine Frage dessen, was unter den aktuellen politischen Verhältnissen umsetzbar ist. Was im US-Bundestaat Oregon gerade bittere Realität wurde, ist die Re-Kriminalisierung der Ent-Kriminalisierung aller gängigen Straßendrogen von 2020. (Der legale Cannabismarkt bleibt.) Auch in Deutschland zeichnet es sich längst ab, dass uns mit der nächsten Bundesregierung eine Re-Kriminalisierung von Cannabis einholen kann.

Es stellt sich die Frage, ob eine Ent-Kriminalisierung von Drogengebrauchenden ohne umfassende Marktregulierung noch so gut gestrickt sein kann. Wird eine Abkehr von der Strafverfolung im Zeitalter von Populismus und Lügen immer fragil bleiben?

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Politische Fallstrick: Konsum in der Öffentlichkeit

Zum einem treibenden politischen Problem in Orgon wurde, dass sich durch die Entkriminalisierung marginalisierte und obdachlose Drogengebrauchende weniger versteckt, sondern mehr an öffentlichen Plätzen gezeigt haben. Kein ständiger Stress mehr durch die Polizei. Was für ein Fortschritt im Sinne der Menschenwürde könnte man meinen. Aber wie sehr sich eine wohlwollende Meinung von Nicht-Betroffenen ändern kann, wenn Elend und Armut in der Nachbarschaft präsent werden, kennt man ja.

Politischer Fallstick: Behandlungszahlen

Da in Deutschland eh fast überall Konsumverbote sind, wird uns das möglicherweise weniger auf die Füße fallen. Aber was sich in einigen Debatten gerade zeigt:

  • Positiv erwartbare Entwicklungen wie erhöhtes Aufsuchen von Hilfe, weil durch den offeneren Umgang mit Cannabis das Stigma abnimmt und die Kriminalisierung nicht mehr droht, werden zum Problem gedreht. Denn blickt man nur auf die Anzahl der Hilfesuchenden und Menschen in Behandlung, kann vorschnell interpretiert werden, dass es mehr Probleme mit Cannabis gebe.

  • Eine steigende Anzahl kann auch daran liegen, dass generell psychische Krisen zunehmen oder Menschen eher bereit sind, Hilfe aufzusuchen.

  • Auch das Behandlungsangebot ändert sich: Die Statistik ändert sich ebenfalls je nachdem, wie viele Stellen im unterbesetzten Hilfesystem geschaffen werden. Mehr (dringend nötige) öffentliche Finanzierung heißt automatisch mehr Behandelte.

  • Das Zahl der Behandelten könnte allerdings auch sinken, wenn weniger Menschen über die Justiz in Therapie verwiesen/genötigt werden.

  • Wenn all diese Faktoren berücksichtigt und rausgerechnet werden, bleibt dann noch ein seit 1.4. Anstieg eines reales Problems mit Cannabis oder sinkt es sogar? Das kann ein Addieren von Fallzahlen allerdings eher weniger beantworten, sondern man müsste sich mit den einzelnen Personen, die das Hilfesystem aufsuchen (und trotz Bedarf nicht aufsuchen), und der Qualität des Behandlungsangebots auseinandersetzen. (Und an der Gestaltung des Hilfesystems und Interpretation der politischen Entwicklungen mitwirken lassen!)

  • Ich denke, es lohnt sich, die Diskussion um die Behandlungszahlen aufmerksam zu begleiten, damit uns die vorschnelle oder falsche Interpretation der Zahlen politisch nicht auf die Füße fällt. Nicht zuletzt ja im Sinne der Menschen, die Hilfe aufsuchen und das bestmögliche Beratungs- und Behandlungsangebot brauchen, egal wie viele es sind.

Drogengebrauchende als Sündenbock

Wohl nicht nur einen statischen Effekt oder eine falsche Interpretation von Zahlen, sondern einen schwerwiegenden Anstieg an gesundheitlichen Problemen für marginalisiert drogengebrauchende Menschen und Todesfälle gab es in den letzten 4 Jahren seit der Ent-Kriminalisierung in Oregon. Dies wurde von Prohibitionisten und Populisten der Entkriminalisierung zugeschrieben. Die Ent-Kriminalisierung bzw. die Menschen, die marginalisiert bestimmte illegale Drogen nehmen, wurden zum Sündenbock für allerlei anders verortete Probleme gemacht. Eine Einschätzung von einer Aktivistin und Expertin der Drug Policy Alliance könnt ihr hier im Interview bekommen:

https://drogriporter.hu/en/re-criminalisation-of-drug-use-in-oregon/ (Si apre in una nuova finestra)

Aber das wird jene Meinungsführer*innen und Entscheidungsträger*innen, die gewisse Formen von Sanktionen für angemessen halten, nicht zu einer anderen Position bewegen (wie man beispielsweise in diesem Podcast-Interview (Si apre in una nuova finestra) nachvollziehen kann). Ich komme in zukünftigen Beiträgen nochmal darauf zurück. Der Fall Oregon scheint wichtig zu sein, um politisch zu lernen.

  1. Ein (mehr oder weniger frei) regulierter Markt wird für die stabile gesellschaftliche Verankerung der Cannabis-Entkriminalisierung in Deutschland vielleicht unbedingt nötig sein. Die Praktiken der Strafverfolgungsbehörden lassen sich schnell wieder ändern, aber einen legal etablierten Markt wieder zu illegalisieren ist eine andere Nummer.

  2. Vielleicht ist Säule 1 (evtl. ergänzt um Modellprojekte durch Säule 2 ab Herbst) aber auch gut genug, um bleiben zu können? Vielleicht reicht es, uns darauf zu fokussieren, das beste aus ihr zu machen, ihre Notwendigkeit weiter zu erklären und sie gegen populistische Lügen verteidigen?

Oregon hat es jedenfalls vorgemacht, wie schnell ein historischer Erfolg gegen die Prohibition wieder erledigt werden kann.

Was denkt ihr? Ich würde mich freuen, eure Einschätzungen zu hören!

Mit besten Grüßen
Eure Philine

Foto: Meggyn Pomerleau (Si apre in una nuova finestra) auf Unsplash (Si apre in una nuova finestra)

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