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Liebe Pfefferhasis und Newsletter-Abonnent*innen,

der Newsletter erreicht euch heute aus Schleswig-Holstein, wo ich die letzte Woche meiner Pause verbringe. Allein beim Gedanken daran, dass es bald wieder mit vollgepackten Arbeitswochen weitergeht, sorgt für eine Beklemmung im Brustkorb. Aber gut, noch habe ich sieben Tage, die ich plane voll auszukosten (lesen und schlafen). Leider kann ich die Nachrichten auch hier nicht einfach ausblenden und bekomme also mit, wie sich SPD, Grüne und FDP für ein sogenanntes „Entlastungspaket“ selbst loben, das in erster Linie aus ein paar lahmen Geschenken an die Mittelschicht besteht, aber für armutsbetroffene Menschen nicht viel mehr als ein schlechter Witz ist. Zu behaupten, es sei eine Lösung für die Fortführung des 9€-Tickets gefunden worden, die aber fünf bis sieben Mal so teuer ist, ist nur ein weiterer Beweis für die Arroganz der Regierenden, die offenbar keinen blassen Schimmer davon haben, was es heißt, mit weniger als dem Existenzminimum auskommen zu müssen. Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa Ende Juli ergab, dass 44 Prozent der Deutschen „sicher oder mit großer Wahrscheinlichkeit an Demonstrationen gegen die hohen Energiepreise teilnehmen“ (Si apre in una nuova finestra) würden. Bleibt nur zu hoffen, dass diese Demos nicht nur von Rechten und Populist*innen organisiert werden, sondern auch die Gewerkschaften und linke Gruppen protestieren und für höhere Löhne und Hartz-IV-Sätze auf die Straße gehen. 

Am Freitag starb Malte C. an den Folgen der brutalen Gewalttat einige Tage zuvor. Der 25-Jährige war am 27. August am Rande des CSD in Münster zwei Frauen zur Hilfe gekommen, die von einem Mann queerfeindlich beleidigt wurden. Der Täter schlug unvermittelt mindestens ein Mal zu, Malte stürzte zu Boden und schlug mit dem Kopf auf den Asphalt auf. Im Krankenhaus wurde er ins künstliche Koma versetzt, bevor er starb. Malte C. war ein trans Mann, kurz zuvor hatte er seine Mastektomie gehabt und soll Zeug*innen zufolge oberkörperfrei und mit trans Fahne auf dem CSD gewesen sein. TERF (=Trans Exclusionary Radical Feminists) stellen die Tat nun als „Femizid“ hin und leugnen deren transfeindliche Realität. Transfeindlichkeit ist Alltag und trans Menschen machen überall in Deutschland Gewalterfahrungen. Der Tod von Malte C. ist nur die traurige Spitze des Eisbergs. Der Hass auf trans Menschen beginnt nicht erst bei „Witzen“ über Männer in Frauenkleidern, Diskriminierung auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt und stereotypen Darstellungen und herabwürdigenden Klischees. Er entsteht schon viel früher, wenn Kinderkleidung und Spielzeug in Mädchen und Jungen unterteilt werden, wenn trans Menschen gefragt werden, wie ihr „echter“ Name sei oder wenn Genitalien mit Geschlecht gleichgesetzt werden. Ich kann deshalb gut verstehen, dass trans Personen wütend sind über geheuchelte Solidarität und Regenbogenflaggen auf Halbmast. Wir wollen nicht mehr trauern müssen um die Todesopfer transfeindlicher Gewalt. Wir wollen gleiche Rechte, Schutz und Anerkennung für alle trans Personen. Was sind die betroffenen Gesichter der Politiker*innen wert, die gegen die geschlechtliche Selbstbestimmung sind, die von einer „Gefahr für Frauenräume“ schwadronieren und behaupten, trans Frauen seien keine „richtigen“ Frauen? Ich trauere um Malte C., der nicht getötet wurde, weil er Zivilcourage zeigte oder weil er trans war. Malte C. wurde getötet, weil der Täter trans- und queerfeindlich war, weil die Gesellschaft, in der wir leben, trans und queerfeindlich ist. Mein Mitgefühl ist bei all meinen trans Geschwistern, die Angst haben, in der Öffentlichkeit sie selbst zu sein. Weil es für trans Menschen eben nicht selbstverständlich ist, das wahre Selbst leben und nach außen zeigen zu können. Weil es Mut kostet und immer wieder Ablehnung, Hass und Gewalt bedeutet, im schlimmsten Fall den Tod. Der mutmaßliche Täter aus Münster wurde inzwischen verhaftet, aber das Problem der Transfeindlichkeit ist eben kein individuelles. Wenn wir als Gesellschaft erst da reagieren, wo Menschen getötet werden, machen wir grundlegend etwas falsch. Malte wird nicht wieder lebendig, weil Leute jetzt betroffene Gesichter machen.

Wenn ihr (cis Personen, die das lesen) euch jetzt fragt: Aber was können wir tun? Fangt damit an, Transfeindlichkeit entgegenzutreten. Lasst transfeindliche „Witze“ nicht einfach so stehen. Schreitet ein, widersprecht. Fragt euer Gegenüber nach dessen Pronomen und respektiert sie. Hört auf Produkte von J.K. Rowling zu konsumieren oder von Dave Chappelle. Beschwert euch über transfeindliche Narrative in Filmen und Serien. Setzt euch für Unisex-Toiletten am Arbeitsplatz ein. Spendet an den BV Trans (Si apre in una nuova finestra) oder Trans*Sexworks. (Si apre in una nuova finestra) Lest die Bücher von Felicia Ewert (Si apre in una nuova finestra), Linus Giese (Si apre in una nuova finestra), Phenix Kühnert (Si apre in una nuova finestra), Nora Eckert (Si apre in una nuova finestra) und FaulenzA (Si apre in una nuova finestra). Besucht Mahnwachen, Kundgebungen und Demonstrationen. Und vor allem: Hört trans Personen zu, fragt, was sie brauchen und wie ihr unterstützen könnt.

Allen meinen trans Leser*innen: ich denke an euch. Lasst mich wissen, wenn es etwas gibt, was ich für euch tun kann. Ihr seid nicht allein. 

Es tut mir leid, dass ich diesen Newsletter mal wieder nicht zu einem positiven Abschluss bringen kann, aber vielleicht wäre das auch einfach unangemessen. Habt es gut und passt auf euch und einander auf,

Eure Ulla 

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