Passa al contenuto principale

Der Hannibal der NBA

„Das Schweigen der Lämmer“ ist ein bemerkenswerter Film. Das liegt an vielen Gründen, allen voran aber bleibt die Performance von Anthony Hopkins als Hannibal Lecter beim Zuschauer hängen, der dem Schauspieler unter anderem einen Oscar einbrachte. Als bester Hauptdarsteller, wohlgemerkt. Dabei ist Hopkins in dem knapp zweistündigen Film nur für 16 Minuten zu sehen.

Was das mit einem NBA-fokussierten Newsletter zu tun hat? Nun … streng genommen gar nichts. Aber da müssen wir jetzt durch. Denn ich kann mir nicht helfen – mir kommt Hopkins‘ Award immer wieder in den Sinn, wenn ich Spiele der Orlando Magic sehe. Gekoppelt mit der Frage, ob das so auch in der NBA funktionieren könnte … beziehungsweise, wo die Grenze liegt.

Um mir die Antwort selbst zu geben: Wo auch immer die Grenze liegt, Jonathan Isaac erreicht sie sicherlich nicht. Er hat Magic-intern bisher die zehntmeisten Minuten in dieser Saison gespielt, die zwölftmeisten pro Spiel. 13,4 Minuten sind sogar unter Hopkins‘ Wert, dabei sind in einem gewöhnlichen NBA-Spiel immerhin 240 Minuten pro Mannschaft zu vergeben. Isaac ist weder ein legitimer Sixth-Man-Kandidat (da wäre eher Cole Anthony zu nennen) noch wird er (vermutlich) ein All-Defensive-Team erreichen, diese Ehre dürfte bei den Magic eher Jalen Suggs einstreichen, und das auch mit Recht. Isaac ist entsprechend auch kein DPOY-Kandidat – er spielt einfach zu wenig. Ehrlich gesagt ist es auch besser so, wenn man bedenkt, was Isaac in seiner Freizeit so alles anstellt beziehungsweise repräsentiert. (Si apre in una nuova finestra)

Aber das, was er auf dem Court macht …

Ich glaube nicht, dass es Minute für Minute aktuell einen besseren, einflussreicheren Verteidiger gibt. Die Zahlen stimmen dieser These einigermaßen zu (auch wenn individuelle Defense nicht 100%ig erfassbar ist): Orlando hat ohnehin gerade die drittbeste Defense der Liga, erlaubt nur 109,1 Punkte auf 100 Ballbesitze gerechnet. Mit Isaac auf dem Court sinkt dieser Wert auf … 96,9! Das letzte Mal, das ein Team über eine Saison einen besseren Wert produzierte, ist laut Cleaning the Glass fast zwei Dekaden her. In der 03/04er Saison schafften es gleich drei Teams, danach kein einziges mehr. Nicht zuletzt deshalb, weil kurz darauf die REGELN geändert wurden, weil Defense zu dominant wurde und die NBA mehr Punkte sehen wollte.

Gegner treffen in den Isaac-Minuten momentan bloß schäbige 33 Prozent ihrer Dreier, das kann sich über die Saison wieder normalisieren und traditionell haben Defenses auf diese Werte nicht den allergrößten Einfluss. Mit Isaac auf dem Court sind die Gegner momentan allerdings von ALLEN Arealen auf dem Court unterdurchschnittlich effizient, produzieren in jedem fünften Angriff (!) einen Ballverlust, was selbst die Golden State Warriors für exzessiv halten. Er hat einen massiven Anteil daran, das bestätigt auch der Eye-Test ziemlich eindeutig.

Offiziell ist Isaac ein Power Forward, der 2,08m groß ist und eine Armspannweite von 2,13m mitbringt. Inoffiziell spielt und verteidigt er auf jeder Position, wirkt acht Meter groß und kann überall auf dem Court gleichzeitig auftreten. Jamahl Mosley setzt ihn entsprechend auch in etlichen unterschiedlichen Rollen ein: Gegen Cleveland verbrachte er vor wenigen Tagen einen Teil seiner Minuten als Roamer, der vom Non-Shooter Isaac Okoro aushalf, um den Ring zu beschützen. Isaacs Block-Percentage beträgt 4,1 Prozent, damit liegt er im 100. Perzentil unter allen Forwards. Ligaweit liegen nur Isaiah Jackson, Walker Kessler, Victor Wembanyama, Brook Lopez, Goga Bitadze und Nic Claxton vor ihm – Spieler, die, abgesehen von Wemby vielleicht, den Großteil ihrer Zeit in Korbnähe verbringen. Isaac könnte schon ein sehr guter Verteidiger sein, wenn er „nur“ so eingesetzt werden würde.

https://youtu.be/ctbNz6MJ6kY (Si apre in una nuova finestra)

Das ist aber nicht der Fall. Gegen die Cavs wurde er auch als Wing-Stopper eingesetzt – gegen Donovan Mitchell, einen 1,90m kleinen Dynamo. Das funktionierte ziemlich gut. Gegen die Celtics verteidigte er phasenweise Jayson Tatum und frustrierte diesen mehr als wahrscheinlich jeder andere Individualverteidiger der Liga. Isaac ist die Antwort auf die Frage, welcher NBA-Spieler von Darius Garland über Tatum und LeBron James bis Giannis Antetokounmpo und Kristaps Porzingis wirklich jeden NBA-Star verteidigt und nerven kann.

Die Stichprobe ist nicht groß, aber in der bisherigen Saison gab es laut nba.com 11 Plays, in denen Isaac der primäre Verteidiger einer Isolation war. Es sprangen 4 Punkte heraus, natürlich 100. Perzentil … wobei die Tatsache wichtiger ist, dass viele Stars schon von Beginn an keine Isolation versuchen werden, wenn sie es mit Isaac zu tun haben. Die Resultate sind oft eben hässlich.

https://youtu.be/_LqvIpqaNi4 (Si apre in una nuova finestra)

Die Kombination aus Rim-Protection und Iso-Defense ist nahezu einzigartig. Sie ist in der Form auch nur möglich, weil Isaac nach seinen zahlreichen Verletzungen in kurzen Spurts eingesetzt wird und offensiv keine große Verantwortung trägt – er nimmt gelegentlich Dreier aus der Ecke, bei denen er (weit) Open for a Reason ist, und beschränkt sich ansonsten in erster Linie auf Offensiv-Rebounds.

Den Großteil seiner Energie kann und soll er für die Defense einsetzen. Deshalb ist er nicht wirklich vergleichbar mit Spielern wie Anthony Davis oder Giannis, die mehr als doppelt so viele Minuten sehen und auch vorne eine enorme Verantwortung tragen. Isaac ist ein Spezialist, und in dieser Rolle aktuell vermutlich besser als jeder andere. Es ist ein Spektakel, ihm bei der Arbeit zuzusehen, selbst wenn man den Typen dahinter eher kritisch sieht.

Wie bei Hannibal, quasi.

THE PLUG

LeBron James ist und bleibt ein Phänomen, im In-Season Tournament, aber generell in dieser Saison. Bei ran.de (Si apre in una nuova finestra) habe ich in dieser Woche einen Deep Dive zur 21. James-Spielzeit gewagt. (Si apre in una nuova finestra) Ein MVP-Ranking wird dort ebenfalls noch erscheinen.

Im Korbjäger Podcast haben wir am Mittwoch alle Awards für das erste Saisonviertel verteilt und natürlich auch über den jüngsten Irrsinn von Draymond Green gesprochen.

https://youtu.be/wI2cp5bRzpw (Si apre in una nuova finestra)

Das In-Season Tournament kam logischerweise auch zur Sprache, bei Patreon findet sich die zugehörige Folge. (Si apre in una nuova finestra) Dort geht’s morgen direkt mit einem vorweihnachtlichen Mailbag weiter.

SOUNDTRACK

Es wird Zeit für ein neues Boldy James-Album.

https://open.spotify.com/intl-de/track/0G7ckZvVPFF8HSsz99i5Zv?si=a85644a2009c4af1 (Si apre in una nuova finestra)