#1: Diagnose Down Syndrom: Ein Wendepunkt in meinem Leben
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In dieser emotionalen ersten Folge teile ich meine damaligen ersten Gedanken als Mutter eines Kindes mit Down-Syndrom. Ich spreche über die Herausforderungen, die Ängste und die tiefgehende Liebe, die ich für meinen Sohn empfinde. Ebenso reflektiere ich darüber, wie diese Erfahrung mein Leben und mein Selbstverständnis verändert hat. Eine Folge, die bis unter die Haut geht…
Love 💕
Patrizia
Transkript:
Momtastic. Welcome to our space of expansion. Wöchentliche Inspo und Empowerment für dich als Frau und Mutter. It's Momtastic.
Diagnose Down-Syndrom. Ablehnung, Abneigung oder Perfektionismus. Akzeptanz oder fehlende Toleranz Oberflächlichkeit oder Idealismus? Schicksal versus Illusion? Das sind mal eben die Schlagwörter oder Themen, mit denen sich meine Gedanken derzeit beschäftigen. Der Realität ins Auge zu blicken und das Unerklärliche, das Verständnislose, sich selbst versuchen verständlich zu machen.
Und doch endet es dann einfach in der Frage, warum? »Oftmals stehe ich selber mit mir im Krieg. Ich möchte die Wahrheit wissen, die Wahrheit nach dem Warum. Angesichts der Tatsache, dass wir Menschen rational betrachtet keinen Einfluss auf die äußeren Geschehnisse und Umstände nehmen können, wurde mir dies jedoch erst ab dem Augenblick bewusst, als der Verdacht der Trisomie 21 bei meinem neugeborenen Sohn ausgesprochen wurde, mit der Frage, ob ich denn nicht selber sehe, dass mein Kind anders sei.«
Anders sei? Ich sah ein niedliches kleines Wesen, das für mich perfekt war, wie ein Messerstich in mein Herz. Ich konnte es nicht fassen. Mir schossen tausende Gedanken und Bilder in den Kopf. Mir kamen die Tränen, verzweifelte Tränen. Was bedeutet anders sein? Wie anders sein? Was fällt dem Arzt eigentlich ein, so etwas zu sagen?
Er und ich sind auch anders. Alleine schon eine derartige, gefühlslose Äußerung in einer heutigen scheinbar toleranten Gesellschaft. Oder ist es einfach das Streben nach Idealismus und das Setzen der Maßstäbe nach einem gewissen Ideal in unserer Gesellschaft? Wer hat eigentlich festgesetzt, was ideal oder perfekt ist?
Ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt auch noch eine halbwegs ideale Vorstellung meines weiteren Lebensverlaufs, aber die folgenden Wochen, Monate und Jahre sollten mich eines Besseren belehren. Ich war im letzten Semester meines Bachelorstudiums und musste meine Bachelorarbeit ablegen. Ich wohnte mit dem Vater meines Kindes bei meiner Mutter, da auch sein Leben und allgemein unsere komplette Beziehung sehr kompliziert und schwierig war.
Aber ich hatte noch Hoffnung, dass wir als Familie zusammen wachsen und stärker werden können. Ungeachtet dessen dass meine Angst vor Ablehnung und Abstoßung gegenüber des Kindesvaters sehr groß war und ich ihm diese auch geäußert habe, er würde mich mit all den Ängsten und Sorgen und der Erziehung eines besonderen Kindes allein lassen.
Und tatsächlich ist es auch so eingetroffen. Die nächste trostlose Enttäuschung und der Einsturz meines Ideals mit dem Vater meines Kindes ewig zusammenzubleiben. Die letztere Erkenntnis hat sich jedoch erst nach etwa acht Jahren in mir manifestiert denn ich habe sehr lange, sogar zu lange an diesem Idealbild von Mutter, Vater, Kind festgehalten.
Dieser erzwungene Idealismus, das Leben nach einem Märchenbuch, haben mir sehr viel Kraft, Nerven und Zeit gekostet Ich werde studieren, Karriere machen, den Mann meines Lebens kennenlernen heiraten, Kinder bekommen, später ein Haus oder Grundstück kaufen, einen Hund haben, viel reisen und das Leben in allen Zügen genießen.
Das ist quasi fast so jeder Manns Wunsch. Aber warum? Von wem bekommen wir das eingetrichtert, dass nur so eine perfekte Familie oder ein perfektes Leben auszusehen hat? Weil ich selber vaterlos aufgewachsen bin, wollte ich es deshalb umso mehr für mein Kind, Ich hatte eine wundervolle Kindheit und Jugend und habe tatsächlich nie nach einem Vater gefragt, weil es für mich einfach normal war.
Irgendwann wurden diese Regeln bzw. Richtlinien in der Gesellschaft einfach aufgestellt, aber durchaus sind diese völlig realitätsfern und nicht mehr mit der heutigen Zeit konform. Ich finde sogar mittlerweile, dass wir uns Menschen mit dem Anspruch derartiger Maßstäbe und Vorstellungen uns stetig und ständig selbst unter Druck setzen.
Ich kann hier lediglich nur von mir und meiner eigenen Erfahrung sprechen. Ich weiß für mich, und dazu gehört sehr viel Reife und Einsicht, dass ich ein sehr oberflächlicher Mensch gewesen bin, bis Elia in mein Leben getreten ist. Ich war eingebildet und arrogant, zumindest wurde mir dies von vielen vorgeworfen.
Vielleicht auch, weil ich als einziges Mädchen in der Familie groß geworden, ich habe einen älteren Bruder und sehr oft verwöhnt wurde. Nichtsdestotrotz habe ich sehr viel von mir gehalten und war so naiv zu glauben, dass mir nichts und niemand das Wasser reichen kann, dass mich nichts im Leben wirklich erschüttern kann und dann das.
Mein Kind. Mein Sohn sollte doch nicht perfekt nach meinen gesellschaftlichen Vorstellungen sein und doch war er es. Er war imperfekt perfekt, so wie seine Mama, so wie jeder von uns, ein Individuum. Ich habe ihn mir immer und immer wieder angeschaut was jede frischgebackene Mama natürlicherweise macht und war glücklich, ihn zu haben und dennoch habe ich viel geweint Ich fing an, mir selbst Vorwürfe zu machen, dass ich nun als Mutter stark für mein Kind Sein müsse so wie es meine Mutter immer für mich war.
Ich war total entzweit. Einerseits wollte ich einfach nur weg von dieser Wahrheit und konnte dieses unwiderrufliche Schicksal nicht mehr rückgängig machen. Es gab kein Zurück mehr und auch kein Wiedergutmachen. Nichts konnte ich tun, um diesem Schicksal aus dem Weg zu gehen. Es war Tatsache. Das war die pure Realität.
So real habe ich das Leben zuvor nie wahrgenommen, wie an diesem Tag. Andererseits war ich auch sauer auf mich. Wie kann ich nur so egoistisch denken? Ich bin seine Mami. Er braucht mich. Er konnte es sich nicht aussuchen. Und Schuld hatte niemand. Er war so klein, so hilflos wie ich ihn in meinen Armen hielt.
Die ersten Tage haben wir auf der Intensivstation verbracht, weil ich zuerst unbeholfen mit dem Stillen war. Niemand hat es mir gezeigt und ich nicht wusste, ihn richtig anzulegen. Deshalb sanken seine Zuckerwerte zunächst aber zum Glück hat er die Flaschenmilch verweigert und mir gezeigt, dass er mit mir zusammen an einem gemeinsamen Stillen arbeitet.
Teamwork. So konnte ich ihn mühelos stillen und war so stolz dass er bereits am Tag seiner Geburt jegliches Schubladendenken versucht hat, aus dem Weg zu räumen. Es heißt ja immer, dass Kinder mit Trisomie 21 einen Hypotonmuskeltonus haben und zu schwach sein, die Kraft des Saugens aufzubringen. Tja, wohl falsch gedacht.
Nun verbrachten wir bis zur Entlassung weitere Tage dort auf der Intensivstation mit anderen Babys. Alles habe ich gesehen. Frühgeborene, Drillinge oder gepuckte Neugeborene, die nur ständig geweint haben, bis dann die in Gänsefüßchen Rauchermutter einmal vorbeikam, um ihr Kind zu besuchen. In mir kam Wut und Unverständnis hoch.
Und wieder die Frage, warum ich? Ich habe doch alles richtig gemacht. Ich habe mich nur gesund ernährt auf alles geachtet. Ich bin jung und gesund. Warum ausgerechnet ich? Womit hat solch eine lieblose Mutter ein gesundes Kind verdient und ich nicht? Fragen über Fragen über Fragen. Immer wieder ein Gedankenkarussell in meinem Kopf.
Und dennoch ich habe Elia keine Sekunde alleine gelassen. Ich habe auf dem Stuhl neben seinem Bettchen geschlafen Tagelang völlig erschöpft und fertig mit den Nerven. Mir wurde von den Krankenschwestern geraten, ruhig mal auf mein Zimmer zu gehen und mir vernünftigen Schlaf zu holen. Sie würden schon aufpassen und sich sonst...
Melden. Das kam für mich aber nicht in Frage. Mein Kind lasse ich nicht aus den Augen und schon gar nicht alleine. Mir war die Bindung zu ihm trotz der Umstände besonders wichtig. Ich hatte mich zuvor noch belesen wie wichtig der erste Kontakt mit seinem Neugeborenen sei. Die Stimme, der Herzschlag, der Geruch einer Mama.
Ich dachte mir innerlich, nur mit mir an seiner Seite könnte er sich weiterhin gut entwickeln. Gott sei Dank gab es keinerlei organische Fehlbildungen. Er hatte sogar 10 von 10 Abgarwerte erhalten. Also eigentlich ein völlig gesundes Kind, Zu meiner großen Erleichterung. Denn schlimmer geht immer. Und eines Abends, es muss der zweite oder dritte Tag nach Elias Geburt gewesen sein, da hielt ich ihn in den Arm.
Er schlief so friedlich und wirkte glücklich und zufrieden. Ich habe mir sein Gesicht angeschaut, jedes Detail. Er war so bildhübsch und hat bereits so viel Tapferkeit gezeigt. Er war so stark und noch so klein. Und wie es mich vor Stolz wieder übermannte, entschloss ich just in diesem Moment, den Kampf auf mich zu nehmen.
Ich habe in diesem Moment gespürt wie ich meine bedingungslose Liebe so richtig zugelassen habe. Ich habe ihn geküsst geknuddelt und gerochen. Ich habe ihm gesagt, wie sehr ich ihn liebe und dass ich diese Herausforderung annehmen werde, die mir der liebe Gott in die Hände gelegt hat. Wir gehen diesen Weg gemeinsam Wir schaffen das.
Wir zeigen der Welt da draußen, dass du anders und besonders bist. Wir beide werden ein Dreamteam und es gibt nichts mehr, . Was uns aufhalten kann. Ja, das waren so meine Worte vor vielen Jahren, die ich niedergeschrieben hatte. Und wenn ich das jetzt so lese, dann kommen wieder Tränen in mir hoch, weil das einfach wirklich ein sehr emotionaler Moment immer ist.
Besonders auch immer, Zu Elias Geburtstag herum, dass ich mir dann wieder klar werde, was das eigentlich, obwohl das eigentlich das schönste Geschenk der Welt ist, es doch aber auch wirklich für uns eine schwierige Zeit war. Ja, jetzt stehe ich vor der Geburt meines zweiten Kindes und es ist halt natürlich ein ganz anderes emotionales...
Ganz andere emotionale Geschichte jetzt bei mir, weil ich natürlich auf der einen Seite hoffe, dass alles gut geht, aber einfach nach wie vor immer realistisch bin und bleibe und weiß, dass man eben nie weiß, was einen erwartet, wie gesund ein Kind zur Welt kommen kann und auch darüber hinaus, weil es hat ja nicht immer nur was mit einer Behinderung zu tun, sondern eben auch mit...
Krankheiten, Unfällen und so weiter und so fort im Laufe des Lebens können uns Schicksale treffen, die unser Leben verändern. Und ja, also zusammenfassend kann ich einfach nur sagen, dass ich sehr erleichtert bin, dass ich das letzten Endes erst nach der Geburt erfahren habe und wir auch die ersten acht Stunden sage ich jetzt mal, des Kennenlernens ohne jegliche Verdachtsdiagnose verbringen durften.
Und dies sicherlich auch mitunter der Grund war, warum ich meinen Sohn so von Sekunde eins an lieben konnte und annehmen konnte. Und... Erst danach quasi mir erstmal mein Idealbild zerstört wurde, bis ich dann natürlich über Recherchen und mit den Jahren hinweg einfach immer mehr und mehr gelernt habe, dass das totaler Quatsch ist.
Also diese ganzen Sorgen die man in dem Moment hat, die lösen sich auf und die sind teilweise auch so unbegründet. Aber das konnte ich erst mit der Zeit erfahren und lernen. Und da wird es auch sicherlich noch weitere Podcast-Folgen zu geben, auch gerne mit anderen Leuten Betroffenen Müttern, Müttern von Kindern mit Down-Syndrom oder auch anderen Behinderungen, mit denen ich mich da gerne für euch auch austauschen möchte, dass unser Leben so, wie es jetzt ist, wirklich wundervoll ist und ich bin absolut dankbar und das ist keine Floskel und das sagt man auch nicht nur so, sondern ich bin wirklich sehr, sehr dankbar für meinen Sohn.
Er hat mein Leben so in vielen Bereichen bereichert und vor allen Dingen mich. Auch tatsächlich zu einem viel, viel besseren Menschen gemacht. Das ist unheimlich viel wert und das kann man mit nichts dieser Welt ersetzen. Und ja, das war sie sozusagen jetzt erstmal für heute, die erste Folge meines Premium-Podcasts.
Ich habe gar nicht damit gerechnet, dass das jetzt so emotional werden würde. Ich hatte einfach nur das Verlangen, unbedingt diesen geschriebenen Text von mir vorzulesen weil der einfach, ja... Von tiefstem, tiefstem Herzen kommt und ich freue mich wahnsinnig dass du hier bist, dass du schon dabei bist und ich freue mich auf die nächsten weiteren Folgen mit dir und wünsche dir bis dahin erstmal einen wunderschönen Tag oder Abend, je nachdem, wo du dich gerade befindest und wir hören uns.
Bei der nächsten Folge. Mach's gut, bis dahin.