Drei zur Monatsmitte (Paket 2 & 3)
Ab diesem September gibt es hier eine neue Rubrik. Und zwar nicht einfach so, im Wechsel mit den bestehenden, sondern zusätzlich. Jeden Monat.
Was ich an Steady unter anderem liebe, ist wie kreativ ich mich hier austoben kann, wie unkompliziert Dinge umsetzbar sind und wie schön auch der Austausch mit der Community hier ist. Ich hatte schon länger den Gedanken, dass noch irgendwas Kurzes, sehr Buchspezifisches hier zwischen all den Literaturthemen Platz haben soll und ich danke von Herzen meiner Abonnentin L., die genau den richtigen Impuls gegeben hat.
Sie schrieb und ich darf das mit ihrer Erlaubnis hier veröffentlichen: Mit dem Steady-Abo beschenke ich mich jedes Jahr selbst zum Geburtstag und liebe es. Das Highlight ist natürlich die persönliche Buchberatung (so viele Volltreffer, Maria), aber auch die längeren und oft so persönlichen Texte von dir inspirieren mich jeden Monat auf ganz viele Arten, füllen meine Leseliste und machen mir ganz viel Mut. Wenn ich mir was wünschen dürfte und ich weiß, du hast jede Menge zu tun, aber: Vielleicht kannst du auf Steady noch eine Rubrik basteln, in der du ab und zu kurze Buchtipps teilst, die du sonst nirgends gibst, ein bisschen exklusiv, ich weiß, aber vielleicht hast du ja Lust darauf.
Und ob ich das habe. Danke, liebe L. für diese Idee.
Alle Abonnent:innen des 2. und 3. Pakets bekommen ab sofort immer zur Monatsmitte in einem kurzen Text hier drei schnelle Buchempfehlungen nur für diesen Anlass, die ich weder im Podcast, noch im Newsletter noch durch Moderationen teile (in den Literatursprechstunden und Buchberatungen kann ich es natürlich nicht ausschließen).
Ich bin gespannt, wie euch das gefällt und freue mich immer, wenn ihr Ideen oder Wünsche habt, die ich so einfach erfüllen kann. Die Auswahl war offen gestanden nicht ganz einfach, aber ich wollte die Titel der Backlist für Notfälle aufheben, außerdem gibt es dafür ja eine eigene Kategorie (Si apre in una nuova finestra) und der Literaturherbst ist so reich, da war es leicht, etwas Gutes zu finden (und trotzdem schwer, sich zu entscheiden).
Diese drei Bücher zur Monatsmitte sind es nun geworden:
Daniela Krien hat sich schon seit Jahren tief in mein Herz geschrieben. Ihr Debüt Irgendwann werden wir und alles erzählen, hat mich noch während meiner Ausbildung zur Buchhändlerin zur ersten (und letzten) Fanpost meines Lebens an eine Autorin inspiriert, ihr Erzählband Muldental gehört für mich zu den besten deutschsprachigen Kurzgeschichten, die wir haben und auch Die Liebe im Ernstfall habe ich unendlich gern gelesen. Mit Der Brand hat sie mich kurz ein wenig verloren, zu didaktisch war mir der Roman, zu schwarz-weiß seine Botschaft. Aber ich hatte keine Sekunde einen Zweifel, dass die Autorin mich irgendwann wieder kriegen würde und mit Mein drittes Leben ist genau das passiert. Eine Geschichte so bestürzend traurig, über eine Mutter, die ihre siebzehnjährige Tochter verliert und darüber nahezu sich selbst, die sich wiederfindet und neu zusammensetzt, anders zusammensetzt und vielleicht darin mehr bei sich selbst sein wird in Zukunft. Der Roman erspart uns nichts, nicht den Schmerz und die Mühsal der Trauer, er macht aber trotzdem das Helle am Horizont so sichtbar, schenkt ganz viel Mut und hat zumindest mich bestärkt zurück gelassen, auch und gerade weil sie auf den einfachen Trost konsequent verzichtet.
Der Silberriese von Andreas Moster ist ein ganz intensives, sprachlich starkes Buch über einen hünenhaften, alleinerziehenden Vater und seine nun langsam pubertierende Tochter. Wer Moster schon mal gelesen hat, ist nicht überrascht. Sein zarter, aber bildstarker Sound ist unverwechselbar. Leistungssport spielt eine große Rolle in diesem Roman (und ähnlich wie bei Finnegans Barbarentage, da geht es ja um sein Leben als Surfer) hatte ich plötzlich eine ganz große Faszination für einen Sport, von dem ich absolut keine Ahnung habe. Vater Patrick hat 2004 in Athen Silber im Diskuswerfen gewonnen, seine zwölfjährige Tochter Ada ist nun leidenschaftliche Geräteturnerin geworden. Der Roman kreist um die Frage, warum und wie die beiden allein leben, wohin die Mutter Kara (eine Profi-Hürdenläuferin) kurz nach der Geburt verschwunden ist und vor allem: warum. Ein sehr geschliffener Roman über Liebe und Ehrgeiz, über die Überforderung und das Glück. Immer gelingt Moster eine beeindruckende Vielschichtigkeit seiner Figuren und ein toller erzählerischer Sog. Ein ganz besonderer Familienroman.
Stellt euch vor, ihr seit an einem schönen Sommerabend in Wien unterwegs und plötzlich läuft euch ein herrenloses Pferd zu. So passiert es in Der beste Tag seit langem, dem zweiten Roman von Jana Volkmann, in dem die Stute Isidora plötzlich hinter Maja und Cordelia her trabt, als wäre es das Normalste von der Welt. Das Tier ist ein wenig struppig, hat ohnehin einen deutlich eigenen Charakter und begleitet stur Tante und Nichte bis zu ihrem Zuhause in einem Vorort der Stadt. Da die Nichte ebenfalls eher überfallartig aus London zu ihrer Tante gezogen ist, steht Majas Einzelgänger-Leben ohnehin gerade Kopf, da kommt es auf das Pferd wohl auch nicht mehr an, das mit seinen Hufen nun den schönen Garten umgräbt. Dieser überraschende Roman setzt sich auf humorvolle, philosophische und zutiefst feministische Weise mit Fragen nach Ausbeutung (im Patriarchat) auseinander. Isidora hat nämlich keine Lust mehr, den Fiaker zu ziehen. Und nach und nach suchen noch mehr (weibliche) Tiere Zuflucht im alten geerbten Häuschen, sie alle wollen nicht mehr im Dienste der Menschen stehen, doch ist es nicht wieder typisch, dass sich jetzt Frauen um die streikenden Vierbeiner kümmern? Ein Roman über Arbeit und Klasse, über Tierwohl und Zusammenhalt, der mir viel Freude gemacht hat.