Monkey Monday #5
Der Blick aus Asien

Es ist fast exakt 70 Jahre her. Auf der Konferenz im indonesischen Bandung vereinbarten im April 1955 fünf Ausrichter- sowie 24 weitere Teilnehmerländer aus Asien und Afrika eine enge politische und intensivere wirtschaftliche Zusammenarbeit. Damals bestand die Bedeutung dieser Zusammenkunft “blockfreier” Staaten (der kalte Krieg war damals erst wenige Jahre alt) vor allem im Bestreben, sich von kolonialen Fesseln zu lösen und wirtschaftlich zum industrialisierten Westen aufzuschließen, der infolge der ökonomischen Dominanz der USA und dem Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit in Europa zu enteilen drohte. Heute könnte man von einer Geburtsstunde des globalen Südens sprechen, von dem dieser Tage so oft die Rede ist und dem viele zutrauen, ein bedeutendes Gegengewicht zu den traditionellen Industrieländern zu werden, vielleicht sogar mit gemeinsamer Währung in Konkurrenz zum US-Dollar. Lateinamerika, heute mit großen Volkswirtschaften wie Brasilien, Mexiko und Argentinien aus den G20 nicht mehr wegzudenken, war freilich in Bandung noch gar nicht dabei, Brasilien immerhin mit Beobachterstatus gemeldet.
Dass sich die Rolle der früheren Schwellen- und Entwicklungsländer des globalen Südens in den vergangenen 70 Jahren so dramatisch verändert hat, liegt an zahlreichen Faktoren, allen voran dem Aufstieg Chinas. Wie stark dessen Rolle an Gewicht gewonnen hat, zeigt sich nicht nur am heutigen Status als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und einziger ernstzunehmender Rivale der Vereinigten Staaten als globale Führungsmacht, sondern auch im Verhältnis zur damals mächtigen Sowjetunion. Trat der chinesische Premier Zhou Enlai auf der Bandung-Konferenz noch mit großer Rücksicht auf den nördlichen Nachbarn (und nach Absprache mit dem damaligen sowjetischen Staatschef Chruschtschow) auf, dann hat sich in unserer Zeit das Abhängigkeitsverhältnis der beiden Länder geradezu umgekehrt.
Heute ist die Bedeutung des globalen Südens und vor allem der Blick aus Asien ein völlig anderer als vor 70 Jahren. Drei wesentliche Entwicklungen stechen hervor, die sowohl die Weltwirtschaft als auch die Bedeutung für Europa (und ganz besonders für das so exportabhängige Deutschland) massiv verschoben haben und kontinuierlich weiter verschieben. Diese werden hier im Anschluss (hinter der Paywall) beleuchtet, es sind:
1) Die ökonomische Bedeutung Asiens, auch und vor allem nach Chinas WTO-Beitritt im Jahr 2001.
2) Die Verschiebung innerhalb Asiens. China, das in den vergangenen 25 Jahren die Rolle des Wachstumstreibers von Japan übernommen hatte, verliert an Dynamik.
3) Die Bedeutung für uns Europäer. Der Blick aus Asien auf die Welt, vor allem die eines “America First”, ist oft ein anderer als unser eigener.
Vorab noch der Blick auf das, was in der vergangenen Woche wichtig war und was in dieser Woche auf der Liste steht. Wie erwartet senkte die EZB am vergangenen Donnerstag ihre drei Hauptzinssätze, darunter den zurzeit am stärksten beachteten Einlagezins, von 3,0% auf 2,75%. Ähnlich agierte die Bank of Canada, die ihren Leitzins von 3,25% auf 3,0% senkte. Auch dies war keine Überraschung, ebenso wie das Ausbleiben einer weiteren Zinssenkung der US-Notenbank. Das Abwarten der Fed wurde am Freitag gerechtfertigt durch die Kerninflationsrate, die bei 2,8% verharrte. Überraschend war in der letzten Woche unter anderem ein Datenpunkt aus Deutschland. Das GfK-Konsumklima trübte sich auf niedrigem Niveau weiter ein (von -21,3 auf -22,4), der Konsensus der Marktauguren hatte eine leichte Aufhellung auf -20,0 erwartet. Von der Hoffnung, dass die rückläufige Inflation und damit steigende Realeinkommen den Konsum beflügeln würden, ist bisher also nichts zu sehen. Vielleicht muss die Inflation noch deutlich weiter zurückgehen. Letzte Woche wurde sie für den Januar mit 2,8% festgestellt, also noch deutlich oberhalb des Ziels von 2%.
Diese Woche beginnt mit einem Blick nach China. Der dortige Caixin-Einkaufsmanagerindex bildet die Aktivität in der Privatwirtschaft ab, die etwa zwei Drittel zur Wertschöpfung beiträgt. Der Index ist heute Morgen zwar von 50,5 auf 50,1 Punkte leicht gesunken, konnte sich aber knapp im Expansionsbereich halten - unter den gegebenen Umständen eine gute Nachricht. In Europa geht es in dieser Woche vor allem um Inflation. Ebenfalls am heutigen Montag wird der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HICP) veröffentlicht. Sollte er wie erwartet nur leicht von 2,4% auf 2,5% ansteigen, dürfte die Ampel Richtung nächste Zinssenkung auf grün bleiben, jedenfalls sofern die Kerninflationsrate wie erwartet von 2,7% auf 2,6% zurückgeht. Die interessantesten Daten der Woche kommen aus den USA. Dort wird mit Spannung verfolgt, ob sich die Industrie in ihrem leichten Kontraktionsmodus hält und die Dienstleistungen weiter an Dynamik gewinnen. Genau das suggerieren nämlich die Erwartungen für die ISM-Einkaufsmanagerindezes, die für das verarbeitende Gewerbe bei 49,3 (Vormonat 49,5) und für die Dienstleistungen bei 54,3 (Vormonat 54,1) gesehen werden. Am Freitag heißt es dann Vorhang auf für den Arbeitsmarktbericht, die Non-Farm Payrolls. Dieser an den Finanzmärkten immer noch stark beachtete Report besteht aus einem Zahlensatz, bei dem die neu geschaffenen Stellen außerhalb der Landwirtschaft (erwartet bei nur noch 170.000, nach 256.000 im Dezember), die Stundenlöhne (ein leichter Rückgang von 3,9% auf 3,8% Lohninflation steht hier bei den meisten auf dem Zettel) sowie die Arbeitslosenquote (unverändert bei 4,1% erwartet) im Mittelpunkt stehen. Insgesamt haben wir also eine Woche vor uns, in der die amerikanischen Aktivitäts- und Arbeitsmarktdaten, in Ergänzung zu den Inflationszahlen der Vorwoche, einige gute Hinweise auf den nächsten Zinsschritt der Fed geben könnten. Denn der soll, so hat Fed-Chairman Jerome Powell immer wieder betont, data dependent, also datenabhängig sein.
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