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Weide

Weidenkönigin

„Kennst du das“, frage ich mich in der großen Pause, „dass man etwas immer, immer wieder tut, auch wenn man weiß, dass es böse endet?“ Ich antworte mit dem Kreiselspiel meiner Zungenspitze am letzten Backenzahn, dem mit der alten Plombe. Seit der ersten Stunde geht das so. Lesen, Schreiben, Diktat. Und weiter: Heimatkunde, Turnen, die zweite Pause. Dann das verhasste Englisch, Doppelstunde; immer, immer wieder. Im Sprachlabor puckert es. Ich kann den Zahnschmerz spielen sehen. Wie ein kleiner Geist, der seilspringt. Zu Trillerpfeifenmusik.

Plötzlich sitzt Selma auf der Fensterbank. Die Tante von Vater. Sie zwinkert mir zu. Und erzählt mir etwas, nachdem sie dem Mann im Kopfhörer gesagt hat, dass er still sein soll. Eine alte Geschichte. Von den Germanen. Und deren Zahnweh, das sie mit Weidenrinden verzaubert haben, so dass sich die Plagegeister trollten. Und anderswo spielten. Dann muss sie weiter und legt mir zum Abschied ein Stückchen Schokolade auf mein Pult. Ich packe es ein. Für später.

Bei den Wiesen sehe ich sie wieder. Sie strahlt. Durch Nebel und Dunst hindurch. Lässt den Eisvogel vor Neid erblassen. Lädt mich ein, meinen Schmerz vergessen zu lassen. Ein kleiner Splitter Mürbholz genügt. Und ich höre wie der kleine Geist flucht, seinen Rucksack packt. In die äußersten Spitzen der leuchtenden Zweige umziehen muss. Dort wird er lange wohnen. Ich aber bin nun ein Ritter der Weidenkönigin. Ziehe für sie ins Feld und werde...

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