Nebelwandschneider
„Wir sind wirklich eine Radieschenfamilie. Die besten Teile sind unter der Erde.“ So seufzte Großmutter früher manches Mal. Beklagte unsere Armut. Ihr Elend. Das Schicksal. Verlor sich in Erinnerungen an nicht selbst Erlebtes, nur wiederum von ihrer Oma Gehörtes. Die ihr erzählt hatte, dass unsere Ahnen einst reich und angesehen gewesen waren. Früher. Vor Jahrhunderten. Als sie in der großen Stadt lebten. Der Hansestadt. Im Herzen der Handelswege. Und dort als Wandschneider ihr Vermögen und Glück vermehrten. Stetig. Von Generation zu Generation. Bis dann ein großer Krieg gekommen war. Die Seuche. Der Niedergang des stolzen Hauses.
Wandschneider. Das erschien mir seinerzeit ein rechter Beruf für mich. Wusste ich doch, wo der beste Stoff für die schönsten Wände wartete. Im Bruch, der uns, der Welt, mir in vielen Stunden, an Abendrändern wie im Morgenerwachen die allerfeinsten Schleier und Schwaden schenkt. Ich musste nur ein wenig Geschick entwickeln und mich der richtigen Werkzeuge bedienen, um schon wenig später meine ersten Wände zu schneiden. Wie mir dies gelang, mag ich nicht verraten. Noch nicht. Nur so viel sei berichtet, dass ich mit den Werken meines Wirkens zu den Straßen zog. Sie den Vorbeifahrenden feilbot. Doch sie wussten meine Schätze nicht zu schätzen. Schenkten ihnen, mir nur Verachtung und...
Mauer