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XIV. Kitsch

Wir beschäftigen uns mit Grundfragen der Ästhetik anhand des notorisch gering geschätzten Kitsches. Was ist guter Geschmack, was ist schlechter Geschmack? Wir klären diese jahrtausendealte Streitfrage ein für alle mal. Der Kitsch jedenfalls wird vom Heidelberger Philosophen Ludwig Giesz zwar auch als kulturelles Phänomen aufgefasst, vor allem aber als Phänomen im Sinne der Phänomenologie! Die ästhetischen Zustände, die er am Subjekt analysiert, stellen sich den ästhetischen Gegenständen der Vertreter einer jeden objektiven Ästhetik (z.B. Adorno) entgegen. Ein eher konservativer Einschlag lässt Giesz abseits der Methodik dennoch kitschige Kulturerzeugnisse in scharfen Gegensatz zur (wahren) Kunst setzen. Dagegen geht Susan Sontag zur beinahe gleichen Zeit auf der anderen Seite des Atlantik vor. Ihr Camp ist moralfrei und meint Kitsch, der als lebendiges, antielitäres Kulturprodukt Läuterung erfahren kann. Alles kann Kitsch sein, alles Camp - sodass wir uns am Ende vor allem fragen, was die ganze Aufregung eigentlich soll und ob wir nicht deutschen Bierernst gegen Heiterkeit eintauschen sollten, auch in Fragen der Ästhetik. Einen wahren Gegner bedeutungsvoller ästhetischer Lebensgestaltung und -erschließung gibt es dabei womöglich doch. Es ist der Lifestyle, der bloß noch ästhetische Erzeugnisse sich wünscht, die er sich leisten kann, ohne zur Frage herausgefordert zu werden: "Muss ich mein Leben ändern?" Die Ästhetisierung der Lebenswelt droht dann, Deko zu werden und damit der Kunst die Bedingung ihrer Möglichkeit zu entziehen. Überdies werden meist Leben dekoriert, deren latenter Sinnmangel sinnlich kompensiert werden soll.

Lektüre:

Susan Sontag Notes on Camp (1964)

Ludwig Giesz Phänomenologie des Kitsches (1960)

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