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Hinter verschlossenen Türen (Juni-Logbuch)

Ich sitze auf einer nassen Bank im Wald. Um mich herum tropft es. Und lebt. Und ich nicht. Und denke im nächsten Augenblick, dass ich es leid bin, im Kreis zu laufen. Weil das auch nur Ausharren ist, das sich als Bewegung tarnt.

Ich könnte zurückscrollen. Zwei Monate, ein Jahr. Das gleiche Nichtgefühl. Die gleiche Möchtegern-Konsequenz: kurz durchatmen. Und dann weiter. Es geht schon wieder. Ich schaffe das. Es stimmt sogar, ich schaffe lächerlich viel. Nur nicht das, worauf es wirklich ankommt. "Mach was Wichtiges", aber wie wichtig bin ich mir selbst? Zu wenig, während ich 'zu sehr' denke und mich dafür verurteile, weil Selbstlosigkeit eine Tugend ist, stimmt’s? Ich bekomme sie nur nicht hin. Denn mein Körper ist klüger als ich und zieht mir die Beine weg, während ich noch unbedingt balancieren will zwischen all dem, was ich gern besser könnte. Können müsste.

Also sitze ich hier und versuche mich daran zu erinnern, wie das mit dem Atmen geht. In den Bauch rein soll es am besten sein, aber wie komme ich an diesem Widerstand vorbei, der in meiner Brust hockt? Ich schaue zum Hund hinunter, dem weiße Blüten am Ohr kleben, und der mir abends die Beine ableckt, bis ich nicht mehr weiß, ob das wirklich Lachtränen sind. 

Darf ich das schreiben? Ist es zu viel? Meine Freundin Sara erörterte neulich, dass wir uns Menschen zumuten dürfen (Si apre in una nuova finestra), und ich nickte eifrig, verfasste einen empowernden Kommentar, weil es stimmt, verdammt! Es ist nur eine Sache, was wir denken, und eine andere, was die Erfahrung uns sagt. Meine sagt: “Nimm’s dir doch nicht so zu Herzen”, und dann wieder: “Deine Kunst berührt mich.” Also ist die Antwort wohl ein solides Jein.

Und ich schätze, das trifft es am besten. Weil Stärken und Schwächen nur eine Frage der Perspektive sind. Es liegt an mir, welche ich einnehme.

Der Juni war arbeitsreich und wortarm, gut gefüllt mit Weltschmerz, ein bisschen eigener war auch dabei. Ich vermisse es, mich in einer Geschichte zu verirren, doch das funktioniert nicht so gut, wenn der Kopf am Steuer sitzt. Stattdessen habe ich mir fremde Gefühle angezogen und sieben Bücher inhaliert, mir von Sia ins Ohr schreien lassen, zu wenig Sport gemacht. Weil da nicht viel übrig bleibt, wenn ich emotional aus der Puste bin und mir gleichzeitig einrede, es nicht zu sein. Ich muss doch … Ach, halt doch mal die Klappe! Das letzte Ich-muss-doch hat mir den Blaubeersaft von den Fingern gewaschen und mir dafür den mentalen Akkus leergesaugt, und ich finde nicht, dass die Rechnung aufgeht.

Jetzt gerade verbringe ich ein Wochenende allein, in einer Wohnung, die ich eventuell aufräumen sollte, wenn ich schon so viel Zeit habe. Stattdessen schaue ich tagsüber Filme, langweile mich abends beim Fußball (sorry, ich hab’s versucht), schreibe das Murks-Projekt um, ernähre mich von Salat und bin müde, weil ich bei der Wärme schlecht schlafe.

Zwischendurch erhalte ich Rückmeldungen zu meinem Buch, dessen Release dann doch sehr unaufgeregt war (die Sache mit dem Nichtfühlen, gelegentlich ist es hilfreich), und es rückt mir die Perspektive zurecht. Es erinnert mich daran, dass das, was mich an einer Stelle verzweifeln lässt, woanders etwas Großartiges bewirken kann. Und dass es hinter verschlossenen Türen zwar sicher ist, aber eben nicht besonders lichtdurchlässig.

Und dann fahre ich ins Freibad. Allein. Das kostet Überwindung, aber hier und da hat der Dickschädel eben auch Vorteile. Er sagt mir nämlich, dass das gestern bereits eine gute Idee war. Aber die Wäsche … Später! Unterwegs weht mir der Rock um die Beine, die dieses Jahr nicht in langen Leggings stecken. Das mag auf dem Fahrrad ziemlich unpraktisch sein, nur eben auch furchtbar angenehm. Es ist bewölkt heute, das Schwimmerbecken fast leer. Ich ziehe meine Bahnen und schaue den Jungs am Sprungturm zu. Sieht spaßig aus, aber wir wollen es mal nicht gleich übertreiben. Nur noch eine, nur noch eine … Das Mitzählen habe ich längst aufgegeben. Darum geht es auch nicht. Nur darum, wie der Kopf mit jedem Meter leiser wird. Danach gibt es Eis und Fahrtwind; es ist immer noch zu warm, aber besser.

Da haben wir es wieder, denke ich. Chaos. Und Licht. Und die Momente dazwischen.

Argomento Schreiblebenliebe