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Hoffnung, doch.

Einblicke in den anderen Osten geben, zugleich nichts beschönigen: Das ist das Ziel meines Schreibens. Doch was bedeutet der andere Osten? Unter dem gleichnamigen Hashtag versuchen Engagierte seit geraumer Zeit, Ostdeutschland jenseits der AfD darzustellen. Damit meinen sie Einzelpersonen und Initiativen, die sich für eine vielfältige Gesellschaft und die Demokratie einsetzen. Oder Individuen, die einfach nur widerständig sind: allein in der Provinz, sich nicht an den Wutbürger-Mainstream anpassend.

In Bautzen überfallen vermummte Nazis Besucher eines Jugendklubs. In Zwickau feiern Nazis bei einem Moped-Treffen mit, ganz offen. In Leipzig-Thekla ein Brandanschlag auf eine künftige Gemeinschaftsunterkunft.

Drei Meldungen aus den letzten Tagen. Die gewaltförmige Spitze der reaktionären Welle.

Keine Hoffnung, nirgends. So scheint es.

Vor wenigen Tagen verkündete Dirk Neubauer seinen Rücktritt als Landrat Mittelsachsens. Resigniert ob des Hasses und der mangelnden Unterstützung, alleingelassen von Bürgern, Kreisräten, Land, Bund. Abgekämpft, desillusioniert: „Ich gebe auf, weil da draußen mir zu viele den Mund halten.“

Der andere Osten: In Großstädten wie Leipzig oder Dresden präsent, sichtbar, greifbar. In der Provinz zwar vorhanden, aber vereinzelt, bedroht. Das Einstehen für das Grundgesetz als Rebellentum. Linksradikalismus scheint bei einer SPD- oder Grünen-Mitgliedschaft anzufangen.

Wir reiben uns verwundert die Augen, weil Republikaner Kamala Harris als Kommunistin beschimpfen. Lachen über dumme Amis. Blicken wir lieber auf unsere Gesellschaft, in den Osten. Aber auch nach Pforzheim oder Gelsenkirchen.

Über Pforzheim oder Gelsenkirchen habe ich nichts zu berichten, zu weit weg. Im Osten lebe ich, hier bin ich viel unterwegs, vor allem im südlichen Ostdeutschland. Häufig die Oase der Dresdner Neustadt verlassend, mich interessierend für all jene, die außerhalb bestimmter Innenstadtbezirke dagegenhalten. Ihren Teil zu einer lebenswerten Gesellschaft, zu einem vielfältigen Osten beitragen.

Unter widrigen Bedingungen. Alleingelassen von Bürgermeistern, Landräten, selbsternannten Parteien der bürgerlichen Mitte. Alleingelassen von Akteuren in Polizei, Staatsanwaltschaften und Justiz. Ignoriert von vielen bundesweiten Medien, die sich für den Osten offenbar nur interessieren, wenn die AfD Wahlerfolge feiert oder Wutbürger durch Dresden marschieren.

Warum wählen die Menschen in Sonneberg einen AfD-Landrat? Diese Frage versuchten angereiste Journalisten nach der Landratswahl zu ergründen. Jeder, der diese Gegend kennt, konnte nur mit dem Kopf schütteln. Wenn ein AfD-Landrat, dann dort. Wer sich mit den Verhältnissen in Thüringen auseinandersetzt, war nicht überrascht.

Straßenschild in Freiberg mit Anzeige Autobahn A4 Chemnitz Dresden sowie Nossen und Halsbrücke. Darunter Graffiti: 161 Antifa Zone

Der andere Osten: Es gibt ihn, auch in der Provinz. In Radebeul. In Greiz. In Herrnhut.

Von diesem anderen Osten will ich erzählen. Von Orten, Menschen und Ereignissen. Von alternativen Projekten, Engagierten und Demos. Häufig aus meiner persönlichen Perspektive. Mit meinen Beobachtungen, meinen Gedanken. Ergänzt mit Rezensionen zu interessanten Büchern.

Die Verhältnisse sind katastrophal. Trotz alledem:

Hoffnung, doch.


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