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Luft nach oben: Frauen in Bigbands

Der 8. März ist Weltfrauentag in vielen Ländern weltweit und in drei davon, Großbritannien, den USA und Australien, ist der März darüber hinaus Women's History Month. Geht es beim Weltfrauentag um gleiche Rechte und Möglichkeiten, feiert der Women's History Month bedeutende Errungenschaften von Frauen in der Geschichte in den unterschiedlichsten Bereichen.  Beides ist etwas ganz Wesentliches in der Musik und Musikgeschichte. An etablierten großen Formationen wie Bigbands im Jazz lässt sich dabei beispielhaft nachvollziehen, wo sich in dieser Hinsicht über die Zeit etwas verändert hat und wo möglicherweise (noch) nicht so viel. Eine Menge Bigbands und Jazzorchester waren in der Vergangenheit reine Männerveranstaltungen und sind es nicht selten sogar heute noch. Es sind musikalisch hervorragende Formationen dabei, die in dieser Hinsicht aber manchmal wenig Vielfalt oder Geschlechterparität repräsentieren. Angesichts der Vielzahl hervorragender Musikerinnen in der Szene ist das oft kaum nachzuvollziehen.

Wer sich etwa die Mitglieder der insgesamt vier deutschen Rundfunkbigbands ansieht, findet dort derzeit genau zwei Musikerinnen. In der WDR Big Band spielt Karolina Strassmayer Saxofon, in der NDR Bigband mischt Gitarristin Sandra Hempel mit. Das war's, jedenfalls im Moment. Die Bigbands von hr und SWR haben keine weiblichen Mitglieder. Zumindest kann man feststellen: Alle vier Bigbands kooperieren ab und an mit Komponistinnen, Dirigentinnen oder Solistinnen für gemeinsame Konzerte oder Aufnahmen, neben den natürlich ebenfalls für solche Kooperationen eingeladenen männlichen Pendants. So hat die WDR Big Band in den vergangenen Jahren bereits die ausgezeichnete junge US-Vokalistin Jazzmeia Horn, die spanische Trompeterin und Sängerin Andrea Motis, die argentinische Vokalistin Sabeth Pérez mit ihrem Vater Gabriel (Klarinette, Saxofon) und die israelische Klarinettistin Anat Cohen mit ihren Brüdern Avishai und Yuval an Trompete und Saxofon für Kooperationen nach Deutschland geholt. Die eingeladenen Künstlerinnen hatten dafür meist eigene Kompositionen im Gepäck.

Für einige ihrer spannendsten Kooperationen luden wiederum innerhalb weniger Jahre sowohl die SWR Big Band als auch die WDR Big Band die japanische Bigband- und Klavierlegende Toshiko Akyioshi ein. Beide Formationen arbeiteten außerdem mit der renommierten US-Bigbandleiterin und Komponistin Maria Schneider. Zu den langjährigen Kooperationen der SWR Big Band zählt die mit Sängerin Fola Dada. Konzerte gab es in der jüngeren Vergangenheit außerdem mit den Vokalistinnen Silje Nergaard, Isabella Lundgren und Sinne Eeg. Bei der WDR Big Band sangen bereits Kandace Springs und Ledisi. Die NDR Bigband lud in den vergangenen Jahren unter anderem die britische Klavierkünstlerin, Dirigentin und Komponistin Nikki Iles, die originelle US-Bigbandleiterin und Komponistin Carla Bley, die britische Saxofonistin Trish Clowes und die griechische Percussionistin Evi Filippou ein. Bei der hr-Bigband sangen US-Sängerin Lizz Wright, die portugiesische Vokalistin Cristina Branco und die brasilianische Künstlerin Luciana Souza, es gab Kooperationen mit Saxofonistin Theresia Philipp, Posaunistin Shannon Barnett und Klavierkünstlerin, Dirigentin und Komponistin Miho Hazama. Die genannten sind einige der Kooperationen, bei denen die deutschen Rundfunkbigbands insbesondere auch weibliche Künstlerinnen und ihre Musik in den Mittelpunkt gestellt haben, es gab und gibt davon noch einige mehr. An Möglichkeiten mangelt es nicht.

Was die festen Bandbesetzungen betrifft, kann man aber derzeit ohne Weiteres feststellen: Da ist noch Luft nach oben. In manchen der zahlreichen anderen Bigbands und großen Ensembles in der freien Jazzszene ist die Situation etwas mehr in Balance. Es waren und sind zumindest teilweise namhafte Künstlerinnen wie die bereits genannten Bigbandleiterinnen Toshiko Akiyoshi, Carla Bley und Maria Schneider, die hier etwas Wesentliches angeregt und beigesteuert haben. Ganz unterschiedliche Bigbands, Jazzorchester und größere Ensembles werden heute von Frauen initiiert und geleitet, die oft selbst die Musik dafür komponieren. Ob sie dann aber auch weitere Musikerinnen in die Bands holen, ist ein anderes Thema. Das in Köln beheimatete Fuchsthone Orchestra von Christina Fuchs und Caroline Thon hat einschließlich der beiden Bandleaderinnen 22 Mitglieder, von denen ein Drittel Frauen sind. Die Monika Roscher Bigband hat 20 Mitglieder, einschließlich Roscher selbst sind zumindest vier davon Frauen. Das ist im Vergleich zu nicht wenigen anderen Bigbands und großen Jazzensembles bereits einiges. Formationen wie das zwölfköpfige Sarah Chaksad Large Ensemble, wo Frauen tatsächlich die halbe Band stellen, sind aber weiterhin rar. Dann gibt es noch die (wenigen) Künstlerinnen, die auch Mal eine reine Frauencombo um sich scharen. Das außergewöhnliche Ensemble Shamania von Percussionistin Marilyn Mazur etwa bringt gleich zehn Künstlerinnen vor allem aus dem skandinavischen Raum zusammen ins Studio und auf die Bühne.

Wer nun denkt, sicher ist im einstigen Ursprungsland des Jazz, den USA, in Bigbands und großen Ensembles einiges schon längst ausgeglichener verteilt, staunt möglicherweise bei etwas genauerem Hinsehen. Ein anschauliches Beispiel dafür ist das Jazz at Lincoln Center Orchestra, das auf seine Art die Jazztradition ins heute bringt. In den nun schon über drei Jahrzehnten seines Bestehens gab es zwar Kooperationen mit Musikerinnen, eine Frau als Bandmitglied allerdings nicht. Wie die UK Jazz News und der US-amerikanische Downbeat in den vergangen Wochen berichteten, ist Saxofonistin Alexa Tarantino die erste.

Text und Foto: Christina M. Bauer

Foto: Das Sarah Chaksad Large Ensemble besteht zur Hälfte aus Frauen

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