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Atmosphäre und Temperament

Das Munich Composers Collective um Gregor Hübner, die Trondheim Voices um Sissel Vera Petersen und Dichterin Christine Yohannes sorgten im Konzert am 11. Januar in München für einen stilintegrierenden, facettenreichen Auftakt für das diesjährige Out of the Box Festival.

Text: Christina M. Bauer, Fotos: Stefan Hämmerle

Es war eine erstmalige Kooperation: Zum Auftakt des diesjährigen Out of the Box Festivals spielte das Munich Composers Collective um Komponist und Violinist Gregor Hübner in der Münchner Tonhalle im Werksviertel ein gemeinsames Konzert mit den aus Norwegen angereisten Trondheim Voices um Vokalistin Sissel Vera Petersen. Das Collective besteht aus Absolventinnen und Absolventen der Hochschule für Musik und Theater München, von denen die meisten bei Hübner in den vergangenen Jahren Jazzkomposition oder Jazzimprovisation für Streicher studiert haben. Neben Hübner selbst steuern sie oft stilistisch vielseitige eigene Kompositionen zum Repertoire bei. Das immerhin zu einem Drittel weiblich besetzte Collective wechselte sich im Konzert mit dem für seinen atmosphärisch-harmonischen Gesang bekannten norwegischen Frauenensemble aus Trondheim teilweise ab, bei einem Werk traten sie zusammen als Großensemble auf.

In der ersten Konzerthälfte präsentierte das Collective einige Kompositionen aus dem bestehenden Repertoire der vergangenen Jahre. Für diese hatten die Komponierenden ein breites stilistisches Spektrum integriert, von modernem Bigband Jazz über Einflüsse von Latin Jazz und Swing bis zu Elementen zeitgenössischer und improvisierter Musik sowie Electronics. Das Dirigat übernahm Violinistin Tanja Amelyanenka, eine Musikerin des Collective. Kontraste setzten die Trondheim Voices mit harmonischen Gesangspassagen und Dichterin Christine Yohannes aus Addis Abeba, die zwischen den Stücken Spoken Word Beiträge rezitierte. Die hatten es in sich, brachten dem Publikum künstlerische Kritik an Rassismus, Diskriminierung und Klischees, aber auch an Luxuswahn und Habgier näher und wurden mit der entsprechenden Verve vorgetragen.

Gegen Ende des Konzerts stand die Uraufführung der von Hübner für dieses Festival verfassten Komposition "Genetic Memory" mit dem Munich Composers Collective und den Trondheim Voices. Einmal mehr bewies der Komponist Sinn für abgestufte Dynamik und elegante Dramaturgie, die das für diesen Konzertteil nun von ihm dirigierte Ensemble mit entsprechendem Feinsinn und Schwung auf die Bühne brachte. Energetische, temporeiche Ensemblepassagen wurden verschiedentlich kontrastiert durch den Übergang etwa in grazile Streicherkantilenen, einen komplett solistischen Beitrag am Jazzsaxofon oder atmosphärisch schwebenden Gesang. Einen überaus charmanten Kontrast setzte darüber hinaus eine nahtlos in die Gesamtkomposition integrierte Sequenz für Jazzklaviertrio. Anders als bei manchen der mit einigem Tempo und Temperament abgeschlossenen vorherigen Kompositionen bestand der Ausklang des Stücks in einer reflektierten, harmonischen Gesangspassage der Trondheim Voices. Harmonischer Wohlklang, spannende Texturen, Temperament und zeitgemäße Gesellschaftskritik, ein gelungener Auftakt für Out of the Box.

Das findet nun über drei Wochen an mehreren Orten in München und insgesamt erstmals in zehn verschiedenen Städten statt. Wie bei der letzten der bisher drei Festivalausgaben im Jahr 2022 sind wieder mehrere Uraufführungen dabei. Tatsächlich erstmals in dieser Form vertreten sind auch Komponistinnen, die größere Auftragswerke verfasst haben. So bringt etwa das O/Modernt Kammerorchester das Werk "Mirror Memory" der iranischen Komponistin Golfam Khayam auf die Bühne, in dem Sängerin Haleh Seyfizadeh und Violinist Hugo Ticciati solistisch mitwirken. "The Patience of Trees" von Dobrinka Tabakova entstand zwar nicht für das Festival, gelangt aber erstmals in Deutschland zur Aufführung. Jazzsängerin und Schauspielerin Jelena Kuljić wirkt bei mehreren Veranstaltungen mit. Wie alle Beiträge stehen diese im Kontext des diesjährigen Themenschwerpunkts "Resonance of Time".

Das Festival integriert verschiedene künstlerische Disziplinen und so treffen die zahlreichen musikalischen Beiträge auf variierende Formate von Spoken Word über modernen Tanz bis zu Installationen und Inszenierungen. Bei einem improvisierten Werk der Trondheim Voices ausgehend von Beiträgen von Festivalgästen zum Thema Erinnerung hat Festivalmacherin Martina Taubenberger dieses Mal selbst mitgewirkt.

Foto 1: Musiker vor dem Konzert in einer Installation von Plastique Fantastique

Foto 2: Das Munich Composers Collective

Foto 3: Tanja Amelyanenka dirigierte die erste Konzerthälfte

Foto 4: Dichterin Christine Yohannes und Gregor Hübner

Argomento Kurzkritik

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