Gemeinsam ein Buch schreiben
Ein Buch zu schreiben ist ein Abenteuer – das man auch zu zweit angehen kann. Bei der Expedition durch den Schreibdschungel jemanden an seiner Seite zu haben, kann enorm hilfreich sein, manchmal aber auch besonders herausfordernd. Ich bin diesen Weg schon zweimal mit Michèle Liussi gegangen und habe als Lektorin mehrere Autorinnenduos begleitet. Meine Learnings aus diesen Erfahrungen teile ich im heutigen Newsletter mit dir – bzw. mit euch!
Welche Hürden muss man als Co-Autor*in meistern?
Vielleicht denkst du: zwei Autor*innen, die Hälfte der Arbeit für jeden. Aber da muss ich dich enttäuschen. Ja, die reine Schreibarbeit reduziert sich für beide Beteiligten, aber dafür kommt Abstimmungsarbeit hinzu, die das aus meiner Sicht fast wieder aufwiegt. Wer gemeinsam an einem Buch schreibt, steht vor ein paar besonderen Herausforderungen bzw. hat Ziele, die bei Einzelautor*innen (fast) von alleine erreicht werden:
Organisation. Es ist schon allein nicht ganz easy, bei einem so großen Schreibprojekt die Übersicht zu behalten. Zu zweit ist es noch ein Stück herausfordernder. Weil ihr beide jederzeit alles überblicken solltet.
Einheitlichkeit. Am Ende soll EIN Buch stehen, dem man im besten Fall nicht anmerkt, wer welche Stelle geschrieben hat – außer das ist explizit gewünscht. Sprachlich müssen sich eure Texte also angleichen.
Einigkeit. Ein Buch braucht eine Vision. Ein Ziel. Eine Idee. Bei der müsst ihr euch einig sein, damit ihr “in die gleiche Richtung schreibt”.
Ausgeglichenheit. Natürlich kommt es auf eure Vereinbarung an, aber wünschenswert wäre, dass keine*r von euch einen deutlich größeren Teil der Arbeit machen muss. Ganz 50:50 muss nicht sein, aber niemand sollte sich benachteiligt fühlen.
Wie gelingt das gemeinsame Schreiben am besten?
Damit ihr diese Ziele erreicht, habe ich hier meine besten Tipps aus der Praxis für euch. Wie immer gilt: Was für den einen funktioniert, muss für den anderen nicht passen. Aber ich bin der Meinung, dass jedes Autor*innenduo daraus etwas mitnehmen kann:
Konzeptioniert gemeinsam. Das ist die Basis, auf der ihr am Ende schreibt. Das heißt konkret: Nehmt euch genug Zeit, um gemeinsam an Idee und Struktur eures Ratgebers zu arbeiten. Wer genau ist die Zielgruppe? Was ist die Leitfrage? Welche Inhalte müssen zwingend enthalten sein? Welcher Aufbau erscheint euch beiden sinnvoll? Usw. Wenn ihr hier gut vorarbeitet, erspart euch das viele Diskussionen und Missverständnisse.
Teilt die Kapitel untereinander auf. Mir ist kein Fall bekannt, in dem wirklich zu zweit geschrieben wird. Solltet ihr einen kennen, lasst mich das gern wissen! Mein Ratschlag ist: Teilt die Kapitel in etwa gleichmäßig je nach Expertise und Vorlieben auf. Im Idealfall schreibt jede*r das, was ihm oder ihr am besten liegt.
Überarbeitet eure Texte gegenseitig. Lest dann die geschriebenen Kapitel alle aufmerksam und in mehreren Runden gegen und überarbeitet sie. Ihr seid quasi gegenseitig euer erster Lektor bzw. eure erste Lektorin. Das hat mehrere Vorteile: Ihr gleicht euch im Stil an, ihr identifiziert Fehler und Unklarheiten und ihr könnt neue Gedanken und Perspektiven ergänzen. Wie dankbar wären dafür alle, die allein schreiben!
Organisiert euch gut. All diese Überarbeitungsschleifen brauchen eine gute Organisation und auch einen Zeitplan. Wer arbeitet wann woran? Wo sind die aktuellen Dokumente abgelegt? Wo ist die Struktur einsehbar? Wo und wie werden Änderungen festgehalten. Michèle und ich haben mit Trello gearbeitet, es gibt aber auch diverse andere Tools, die euch die Zusammenarbeit in dieser Hinsicht erleichtern.
Sprecht regelmäßig. Das hieß im Fall von Michèle und mir in der Schreibphase: Mindestens einmal täglich. Ob peer Zoom, am Telefon, per Mail oder Messanger – was euch am besten liegt, passt! Wichtig ist nur, dass ihr euch austauscht.
Seid kritikfähig. Spätestens wenn das Buch ins Lektorat geht, kommt sie sowieso. Seid also nicht böse, wenn der Partner bzw. die Partnerin Änderungsvorschläge hat, sondern nutzt sie konstruktiv. Zwei Menschen schreiben nie exakt gleich. Die neue Perspektive ist bereichernd.
Trefft klare Absprachen. Und haltet euch daran bzw. kommuniziert, wenn sich etwas ändert/ändern soll. Eine Co-Autorenschaft ist wie eine gute Beziehung: Die Kommunikation ist essenziell.
Nehmt eure Bedenken ernst. Und wenn eine*r von euch mit einer Idee, einer Passage, einem Textabschnitt gar nicht zufrieden ist, dann arbeitet daran. Auf dem Buch stehen euer beide Namen. Das heißt, ihr müsst beide mit dem Inhalt zufrieden sein!
Warum profitiert man auch von Co-Autorenschaft?
Das klingt alles furchtbar anstrengend? Nicht mehr oder weniger, als allein ein Buch zu schreiben. Denn ihr profitiert auch von einigen Vorteilen:
Ihr habt ein Korrektiv. Wie dankbar wären Einezlautor*innen oft, wenn sie immer jemanden hätten, mit dem sie Bedenken, Fragen, Unsicherheiten sofort klären könnten. Wenn sie wüssten: Ein zweites Paar Augen passt mit auf. Ihr habt das automatisch!
Ihr beachtet automatisch mindestens zwei Perspektiven. Davon kann jeder Text nur profitieren. Natürlich denkt ihr auch mehr mit. Aber eben jede*r von euch.
Ihr seid aufmerksam für zwei. Kein Buch ist fehlerfrei. Kein Buch ist perfekt. Aber gemeinsam fallen euch mehr Fehler auf als allein.
Ihr seid kreativ im Team. Zu zweit kann man sich gerade in der Phase der Konzeptionierung gemeinsam bereichern. Es entstehen mehr und oft auch kreativere Ideen. Und auch bei der konkreten Arbeit am Text hat der eine vielleicht die elegantere Formulierung parat, wenn die andere feststeckt.
Ihr ergänzt euch. Jede*r von euch bringt seine Talente und seine Expertise in den Text ein. Das stärkt seine Qualität.
Wenn das nicht gute Argumente sind, um es auch mal mit Co-Autorenschaft zu versuchen! Viel Spaß dabei, wenn du auch gerade diesen Weg einschlägst.
Diese Buch-Projekte habe ich bisher entweder als Co-Autorin geschrieben oder das Autorinnenduo (bzw. -Quintett) als Lektorin begleitet:
Danke, dass du dir Zeit für meine Ratschläge genommen hast.
Deine Katharina