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#34 Zu Besuch bei einer Verstorbenen

Gofigramm

Das Foto eines Sarges

Es ist ein merkwürdiger Moment, vor einem Sarg zu stehen, finde ich. Da ist dieser Kasten im Raum, in dem, so sagt man zumindest, der geliebte Mensch liegt. Oder besser gesagt, dessen Körper, denn der Mensch ohne seine geistige Anwesenheit ist ja irgendwie nicht vollständig. Es liegt also eine Hülle in einer Hülle, und das auch nur vermutlich, denn sehen kann ich es ja nicht, nur glauben. Ich glaube es also, denn alle anderen scheinen es auch zu tun und verhalten sich entsprechend.

So ging es mir am vergangenen Freitag, als wir meine Tante beerdigten. Von dem lachenden, häufig aber auch leidenden Menschen aus meiner Erinnerung blieben die zurück, die durch ihr Leben berührt worden sind. Und eine Grabstelle in Huchting, die ich jetzt besuchen kann, wenn ich möchte. Das Gefühl, das sich bei mir einstellte, war gleichzeitig Nähe und Distanz, mit der Betonung auf Distanz. Die, die ich mal gekannt habe, war da, aber irgendwie auch nicht.

Genau andersherum war es dann einige Stunden nach der Trauerfeier, als ich gemeinsam mit Geschwistern, Nichten und Freund*innen ihre nun verlassene Wohnung aufsuchte. Wir durften ihre Hinterlassenschaften durchstöbern und schauen, was wir davon behalten wollten. An den Wänden hingen die Bilder, die sie liebte, in den Regalen standen die Bücher, die sie gelesen hatte oder noch lesen wollte. Kleine Statuen aus Speckstein, die sie selbst angefertigt hatte, fanden neue Besitzer. Meine beste Freundin freute sich, als sie die Gesamtausgabe der Dichterin Rose Ausländer mitnehmen durfte. Ich sah mir die zahlreichen Klassik-CDs an und suchte mir einige davon aus. Im Raum stand noch das Sofa, auf dem sie gestorben war. Niemand setzte sich darauf. Wir suchten uns stattdessen andere Plätze, unterhielten uns, spielten mit den beiden Hunden, die ebenfalls da und vollkommen ahnungslos waren, ließen den Raum auf uns wirken, stellten uns noch einmal vor, wie sie auf dem Sessel am Wohnzimmerfenster gesessen oder am Küchenfenster gestanden hatte. Niemand weinte, im Gegenteil, beim Betrachten alter Fotos mussten wir immer wieder lachen. Auch wenn sie hier gestorben war, war dies ein Ort des Lebens, denn alles, was sie geliebt hatte, war noch immer da. Und wir durften es mitnehmen, wenn wir wollten.

Ob und wo wir weiterleben, wer kann das sagen? Doch mir scheint, was oder wen wir lieben, während wir leben, spielt eine große Rolle, sowohl jetzt als auch dann, wenn wir weitergegangen sind.

Ich wünsche Dir eine tolle Woche. Bis nächsten Montag!

Dein Gofi

Danke für Dein Interesse! Ich bin Gofi, Künstler, lebe in Marburg und engagiere mich für den Erhalt von Kunst, Kreativität, Gemeinschaft und einer menschenfreundlichen Spiritualität. Das GOFIZINE veröffentliche ich bewusst kostenlos für alle, weil ich möchte, dass jede/r Zugang zu guten Inhalten hat, unabhängig von Einkommen und finanziellen Möglichkeiten. Wenn Du mir bei meiner Arbeit helfen möchtest, bin ich Dir sehr dankbar.

Art2Go

Wie ich meine Kunst verstehe

Dieses Video habe ich für einen Freund und eine Gruppe von Theologiestudent*innen aufgenommen. Ich hätte mich eigentlich am vergangenen Freitag mit ihnen in Marburg treffen sollen, konnte das dann aber nicht, weil ich die Beerdigung meiner Tante in Bremen besuchte. Mein Freund, der die Veranstaltung leitete, hatte mich gebeten, in einem Videogruß zu erläutern, wie meine Bilder zustande kommen, die eine Mischung aus digitalen und analogen Gemälden und Fotografien sind. Besonders interessiert hat ihn die Frage „Muss Kunst anfassbar sein?“

Vielleicht interessiert Dich dieses Video ja. Hier kannst Du es Dir anschauen.

https://youtu.be/hBio1wMTV9Y (Si apre in una nuova finestra)Das Logo des GOFIZINEs

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Podcast

#261 Mut ist, wenn man’s trotzdem macht - Hossa Talk Live vom Evangelischen Kirchentag in Hannover 

Mutig, stark, beherzt – das war das Motto, unter dem der diesjährige Evangelische Kirchentag in Hannover stand. Abgeleitet sind die drei Worte aus dem 16. Kapitel des 1. Briefs an die Korinther im Neuen Testament, wo Paulus der Gemeinde in Korinthischen schreibt, dass sie wachen, im Glauben stehen, mutig und stark sein und alle Dinge in Liebe geschehen lassen sollen. 

Soweit so schön, dachten sich Jay, Gofi und Marco, aber was heißt das jetzt konkret für den Alltag? Wo finde ich Mut und Motivation, wenn eine entmutigende Nachricht nach der anderen in die Newsfeeds gespült wird? Was lässt mich hoffen und worauf eigentlich? Und wo Bitteschön soll die Hoffnung denn herkommen? Und warum kommt die einem ständig wieder abhanden? Und führt ein solches Motto und nicht unweigerlich zu Selbstüberforderung und dem Druck einem übergroßen Ideal gerecht werden zu wollen, das man doch nie erreicht? 

Beherzt stürzen sich die drei Hossa Talker also auf der Bühne vor äußert aufmerksamen und wertschätzenden Zuhörenden in dieses Thema, geben mutig Einblicke in ihre persönlichen Fragen und Herausforderungen und sind wie gewohnt stärker im Fragenstellen, als im Antwort geben. 

Außerdem gibt es in dieser Folge auch ein kleines Recap der ersten Hossa-Rudeltalk-Tour zu hören und Gofi erzählt von einem ganz besonderen Jubiläum, das er in Hannover gefeiert hat. 

Du findest die Folge hier oder überall, wo es Podcasts gibt. (Si apre in una nuova finestra)

Geschichte der Woche

Vom Loslassen

Hermann ist ein bisschen zwanghaft.
Niemals verlässt er das Haus
ohne einen Regenschirm und
eine Aktentasche,
in der sich alles befindet, was
ihm wichtig ist:

seine Geldbörse,
sein Führerschein,
sein Personalausweis,
sein Impfpass,
ein Kugelschreiber,
ein Foto seiner Kinder
und ein Bierdeckel,
auf dem eine Kneipenbedienung
ihm ihre Telefonnummer
hinterlassen hat.
Sie war dick und hieß Maritta.
Das ist jetzt 15 Jahre her.

Wo Hermann geht und steht,
hat er seinen Regenschirm und
seine Tasche dabei.
Auch jetzt.

Doch verwundert muss er feststellen,
dass es ihm zum ersten Mal
in seinem Leben schwerfällt,
diese beiden Gegenstände festzuhalten.
Dabei ist er eigentlich
ein guter Schwimmer.
Er hat einen kräftigen Beinstoß.
Aber das scheint ihm nichts zu nützen.
Die Wellen sind einfach zu groß.

Hoch über ihm an der Reling
steht der Matrose des Butterfahrt-Kahns,
von dem er eben gerade
ins Wasser gefallen ist.
Schon zum fünften Mal wirft er ihm
den Rettungsring zu.
„Nu halt dich schon fest, du Penner!“

Diesen Ton muss er sich wirklich
verbitten, denkt Hermann,
kurz bevor er absäuft.
Hat dieser Flegel überhaupt
eine Vorstellung davon,
was Dinge einem Menschen
bedeuten können?

News

Ab morgen ist es so weit, da bin ich wieder unterwegs. Und falls Du in der Nähe bist, würde ich mich freuen, Dich zu sehen. Zusammen mit meinem Freund Marco Michalzik lese ich einen Abend lang Gedichte vor und komme mit ihm und den Anwesenden über sie ins Gespräch. Jeder dieser Abende ist ganz besonders und einzigartig, weil niemand vorhersehen kann, wohin sich unsere Gespräche entwickeln.

Dies sind die Termine und Orte:

20. Mai – Heidelberg (licht. – Community & Café)
21. Mai – Stuttgart Martinskirche (Café)
22. Mai – Wintersulgen (Heiligenberg) (Das Landei)
23. Mai – Arbon (Kantine)
24. Mai – München (Sprachschule Edeltraud)
25. Mai – Konstanz (St. Johann) (mit Jasmin Brückner)

Detaillierte Angaben findest Du hier: https://poetry-talk.de/tour/ (Si apre in una nuova finestra)

Danke für Dein Interesse! Wenn Du mir bei meiner Arbeit helfen möchtest, kannst Du das zum Beispiel hier.

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