Von “Energiewende” bis “Weltrevolution”: 4 Klimabewegungsmythen im Realitätscheck
(Original: FDP-Sharepic; fixed it for you)
12/12/2024
Goddess, grant me the serenity
to accept the things I cannot change
the courage to change the things I can
and the wisdom to know the difference.
The strategist's prayer
Liebe Leute,
bevor es zum Jahresende so richtig besinnlich wird, muss ich noch ein paar Gedanken loswerden, die manchen von Euch vielleicht etwas sauer aufstoßen werden. Denn in der ständig eskalierenden Klimakatastrophe sowie dem immer offensichtlicheren Scheitern jeglicher relevanter Klimaschutz-”Bemühungen” wird auch die Klimabewegung, wie vorhergesagt, immer mehr zu einer Verdrängungsbewegung (Si apre in una nuova finestra), redet sich – wie ehedem die Klimaleugner*innen – immer mehr Quatsch ein, um sich gut fühlen zu können, und sich nicht schlecht fühlen zu müssen (ich habe ja schon mehrfach argumentiert, dass das in der Polykrise die letzten politischen Stakes sind, um die noch gekämpft werden wird: wer ist Schuld, wer muss sich schlecht fühlen, wer ist nicht schuld und darf sich gut fühlen (Si apre in una nuova finestra)). Und je mehr Quatsch wir uns selbst und einander erzählen, desto schlechter werden unsere “Strategien”, desto gefährlicher (für uns) werden unsere Taktiken, und desto unsinniger wird unser “Aktivismus”.
Das darf nicht sein: wer sich nicht nur als Teil einer Klima-, sondern einer Klimagerechtigkeitsbewegung sieht, für die gibt es im Klimakollaps mehr, nicht weniger zu tun, weil in Umwelt- und Klimakatastrophen immer die am meisten leiden, die am wenigsten zum Problem beigetragen haben, und umgekehrt (diejenigen, die am meisten dazu beigetragen haben, leiden im Schnitt am wenigsten). Je mehr Klimakatastrophe, desto mehr Klimaungerechtigkeit (Si apre in una nuova finestra) – und Klimaungerechtigkeit ist eben nicht nur ein “globales” Phänomen, es gibt sie auch in jeder deutschen Großstadt, in der die Armen an den lauten, dreckigen und gefährlichen Ecken der Stadt, und die Reichen in ruhigen grünen Villenvierteln wohnen. D.h., egal, wo wir sind, können, müssen wir im Klimakollaps gegen Klimaungerechtigkeit kämpfen, und sich darauf einstellen geht nur, wenn wir aufhören, uns ständig mit beruhigendem magischen Denken aka hopium wegzuballern. Daher würde ich gerne vor Jahresende noch ein paar dieser comfortable illusions abräumen, damit wir uns im neuen Jahr der Realität widmen können, anstatt nur unseren Verdrängungsbedürfnissen.
(Sozial-)Wissenschaftsskepsis in der Klimabewegung
In den sozialen Medien und in allerlei Bewegungsdiskussionsforen, in unendlichen Signal- und Telegram-Gruppen, in denen wir Klimas uns miteinander austauschen, stelle ich immer wieder schockiert fest, wie sozialwissenschaftsfern die angeblich so aufgeklärte Klimabubble ist. Während wir die Aussagen von Klimawissenschaftler*innen so behandeln, als hätte Moses sie direkt in die Steintafeln gehämmert, auch dann, wenn diese über Themen sprechen, von denen sie ungefähr so viel verstehen, wie ich von Klimamodellierung, werden sozialwissenschaftliche Aussagen über die politischen und gesellschaftlichen Realitäten, in denen wir leben und kämpfen, mit einer himmelschreienden (Sozial-)Wissenschaftsskepsis gerne vom Tisch gewischt. Das Motto der Aussagen, die unseren sozialwissenschaftlichen Tatsachen gegenüber gestellt werden, ist im Grunde das von Pippi Langstrumpf: “ich mache mir die Welt widdewiddewie sie mir gefällt (weil die Realität viel zu deprimierend ist, und ich nicht den emotionalen und intellektuellen Mut habe, mich ihr zu stellen).” Das ist nervig, verschwendet Zeit, und droht mittelfristig, die Klimabewegung zu einer antiaufklärerischen Kraft zu machen. Auch das: darf nicht sein.
Ich habe mir also vier repräsentative Verdrängungsmythen aus den vielen Gesprächen herausgesucht, die ich in den vergangenen Wochen über Klimabewegungsstrategie, über die angebliche “Energiewende”, über Gesellschaftsanalyse, und über die Bundestagswahl 2025 geführt habe, um sie hier zu widerlegen. Vielleicht nützt's ja was.
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“Wenn Klimaschutz nicht durch 'normale' Politik erreichbar ist, dann braucht es jetzt eine 'Revolution'.” Vertreter*innen: vor allem Bernd Ulrich und Hedwig Richter (Si apre in una nuova finestra) im bürgerlichen Spektrum, Raphael Thelen (Si apre in una nuova finestra) und möglicherweise noch ein paar verbohrte Traditionsmarxist*innen in der Klimabewegung.
Um mit dem Positiven einzusteigen: Gut und richtig an diesem Gedanken ist die Einsicht, dass Klimaschutz im Kapitalismus nicht “durch normale Politik” erreichbar ist. Aber da dieser Gedanke häufig von Menschen formuliert wird, die erst kürzlich die ökologische Reformunfähigkeit des Kapitalismus anerkannt haben (im Gegensatz zur Klimagerechtigkeitbewegung, der das mindestens schon vor 16 Jahren kl (Si apre in una nuova finestra)ar war), ist ihr nächster Schritt dann auch einer, der im linksradikalen Feld eher von ganz jungen Hüpfern oder ganz verbohrten Dogmatikern gegangen wird: sie sehen, dass “Reform” nicht geht, also wendet sich ihr Kopf dem symbolischen Gegenpart der Reform zu, nämlich der “Revolution”.
Aber: was meinen die dann eigentlich mit “Revolution”? Meine These ist: wer jetzt re: Klima von “Revolution” redet, versteht weder Klimapolitik, noch irgendetwas von Revolution. Klar, als Symbol steht der Begriff für die fundamentale (im Gegensatz zur schrittweisen) Veränderung des Bestehenden. Aber in einer strategischen Debatte, in die der Ruf nach “Klima-” oder auch “Weltrevolution” ja eine Intervention ist, muss es um mehr gehen als nur Symbole, die sich gut in einen Text reinschreiben lassen, aber keinerlei konkrete strategische Bedeutung haben. Eine kleine Revolutionsgeschichte: 1917 stürmten ein paar bewaffnete Bolschewiki den Winterpalast des Zaren, exekutierten die Romanoffs, und setzten in den wenigen Großstädten des Landes ihre Soviets ein. Natürlich war “die Revolution” damit noch nicht abgeschlossen, aber der russische Staat war “enthauptet” (pardon), und konnte danach von den Bolschewiki umgebaut und kontrolliert werden. Aber schon drei Jahre später, als die viel besser organisierten und besser bewaffneten italienischen Kommunisten den Umsturz versuchten, scheiterten sie, es gab ja keinen Winterpalast, und nicht nur Antonio Gramscis Werk, sondern auch die Gesamtheit linker Theorie in den kapitalistischen Zentren im 20. Jahrhundert ist im Grunde der Versuch, zu verstehen, wie in hochentwickelten kapitalistischen Gesellschaften eine Revolution überhaupt noch aussehen kann.
Spoiler alert: wir haben die Antwort nicht gefunden, und müssen momentan davon ausgehen, dass der Kapitalismus, weil er kein institutionelles Zentrum hat, keinen Ort, wo er sich so konzentriert, dass er dort besiegt werden könnte (dazu Kap. IV meiner Diss (Si apre in una nuova finestra)), nicht von klassischen revolutionären Strategien (somebody storming someplace, somewhere) besiegt werden kann. Niemand wüsste, wo die revolutionären Truppen eigentlich hinzuschicken seien, oder, wer nicht realistisch genug ist, dies einzusehen, wüsste immerhin, dass sie nicht genügend Truppen hätten (weil im Kapitalismus eine Reihe von Strukturen entstanden sind, die “Massenloyalität (Si apre in una nuova finestra)” herstellen). Und obacht: eine Revolution gegen den fossilen Kapitalismus mit dem Sturz einer autoritären Regierung zu vergleichen, wie es jetzt bestimmt manche Chenoweth-Jünger*innen tun werden, ist albern – ungefähr so, als würde ich Mühle mit Schach oder gar Go vergleichen. Deswegen haben in der Klimadebatte strategische Sätze, die den Begriff “Revolution” beinhalten den selben logischen Status, wie Sätze über Yetis, den Jabberwocky (Si apre in una nuova finestra) oder wählscheibentelefonaffine Gen Z'ers.
D.h.: klar können die neuerdings antikapitalistischen Bürgis gerne von “Revolution” reden, aber das ist halt strategisch bedeutungsloser Verbalradikalismus, der nicht die Funktion erfüllt, tatsächliche Handlungspfade vorzuschlagen, sondern nur dazu dient, etwas herauszuschreien, das so laut ist, die eigenen Zweifel, das eigene Wissen “damn, I'm lost, ich habe politisch nichts auf der Hand” zu übertönen.
“Erneuerbare Energien ausbauen ist gleich Klimaschutz”. Vertreter*innen: so ziemlich die gesamte grüne Partei, alle moderaten Klima- und Öko-NGOs, die Erneuerbaren-Szene, und viele von denen, in deren SoMe-Profilen der Hashtag #TeamHabeck steht.
Hier kein Shit-Sandwich, hier nur ganz banale ökonomische Fakten: der absolute Ausbau Erneuerbarer Energien (EE) führt nicht zu Klimaschutz, wenn die Energienachfrage stärker ansteigt, als der Ausbau von Erneuerbaren – genau die Situation, in der wir sind. In einer unglaublich energiehungrigen Welt (weil kapitalistisches Wachstum, heutzutage dazu noch KI), in der Effizienzgewinne nicht zu Einsparungen, sondern zur Ausweitung von Produktion führen, ist der Ausbau von EE nur ein Teil einer allgemeinen “all of the above”-Strategie, wenn es um Energiequellen geht.
Mehr EE heißt nicht mehr Klimaschutz. Absolut weniger Fossile Energien verbrennen heißt Klimaschutz, und mehr EE heißt nicht weniger Fossile. Besonders lustig in dieser Hinsicht ist die Tatsache, dass der Begriff “Energiewende” von den EE-Leuten selbst total entkernt wird, wenn sie ihn seines Antagonismus mit den Fossilen entkleiden, und sagen “Energiewende ist, wenn mehr Energie produziert wird (und zwar aus erneuerbaren)”. Ich hoffe ihr seht alle, wie schwachsinnig und gleichzeitig traurig das ist. Ach ja, und dazu noch meine Lieblingsenergiegrafik: globaler Primärenergiekonsum nach Quellen. Die Grafik zeigt: mehr EE und mehr Fossile gehen in der Realität Hand-in-Hand. Wenn nicht mal mehr die Marktgläubigen Märkte verstehen, weiß ich auch nicht mehr ;)
Nach der Bundestagswahl wird ein Kanzler Habeck Klimaschutz machen”. Vertreter*innen: so ziemlich alle, die bei der Bundestagswahl 2025 die Grünen wählen, weil sie hoffen, dass so doch noch Klimaschutz gemacht wird.
Hier geht es um das, was ich den “bürgerlichen Wahlfetisch” nenne. Kurz zu den Basics: ein “Fetisch” ist ein Objekt, das von uns mit einer Macht aufgeladen wird, die es nicht hat. Der Totembaum ist natürlich kein magisches Objekt, das bestimmt, wann und wieviel es regnet, und der dünnbeinige Versicherungskaufmann wird durch seine Lederchaps und -Weste auch nicht zum durchsetzungsstarken Macker. Aber wir geben uns der Illusion gerne hin, suchen sie sogar, weil... weil Fetische vieles einfacher machen. Einkaufen im Bioladen anstatt im Discounter? Erlaubt mir, zu glauben, ich lebte klimafreundlich, obwohl das eine mit dem anderen im Grunde nix zu tun hat. Mal auf ne Klimademo gehen kann übrigens eine ganz ähnliche Rolle spielen, den aktivistischen Moral-Offset.
Fetischistische Psychologie ist weit verbreitet, und an sich erstmal kein Problem (sie macht manche Sachen auch einfach lustiger, weil eben magischer: vgl. Weihnachten, toter Nadelbaum, etc.). Sie wird aber zum Problem, wenn wir aufgrund fetischistischer Annahmen Strategien formulieren, denn diese müssen notwendigerweise zur Enttäuschung führen. Und ich möchte hier gar nicht über den Fetisch “Robert Habeck” sprechen, sonst wird Team Habeck zu sauer auf mich und ich verliere wieder Förderer*innen, wie damals bei Tesla ;) Ich möchte über den “bürgerlichen Wahlfetisch” sprechen.
Pro politischer Ebene – Bund, Land, Kommune – haben “Nichtaktivist*innen” eigentlich nur einmal alle vier Jahre die Möglichkeit, selbstwirksam zu handeln und auf die Politik Einfluss zu nehmen. Heute, in der Polykrise, leben wir in einer Situation, in der viele merken, dass irgendwie mal mehr gemacht werden muss, dass die Probleme sich auftürmen, und dass jetzt auch sie gefragt sind. Man will aber eigentlich nicht mehr oder anderes tun, als bisher, weil, man ist ja ohnehin so megaüberfordert (“Transformationsüberforderung”). Also muss man alle Veränderungs- und Verbesserungshoffnungen und -bedürfnisse, die man hat, in diesen einen politischen Akt projizieren, und sich einreden, dieser Akt habe die Fähigkeit, die Veränderungen zu produzieren, die man gerne sähe (hier sind wir also beim Fetisch: beim Wahlfetisch).
Um das ganz klar zu sagen: ich sage nicht, geht nicht wählen, ich sage auch nicht, es sei egal, welche Partei. Ich werde wählen, und zwar die LINKE, aber ohne jegliche Illusionen, und wenn Ihr die Grünen wählen wollt, go ahead. Die Politikwissenschaft hat über Jahrzehnte immer wieder bewiesen: elections matter, and parties matter. Aber, zu sagen, “they matter” bedeutet nicht, zu behaupten, sie – Wahlen, Parteien – könnten jedes Problem auf der Welt lösen, das muss immer konkret analysiert werden. Und eine konkrete Analyse der Gegenwart zeigt: 2025 können Wahlen in der BRD nicht das Problem lösen, dass hierzulande kein relevanter Klimaschutz, sondern das genaue Gegenteil betrieben wird. Jede Partei, die in Deutschland regiert, muss notgedrungenermaßen eine Autopartei sein, weil die Autoindustrie das ökonomische Zentrum des deutschen Wirtschaftsmodells ist. Gegen dieses zu regieren ist schon auf mittlere Sicht unmöglich, und deshalb würde auch jede Partei an der Regierung, von der LINKEN bis zur AfD, die Flüssiggasinfrastruktur in D ausbauen, weil die Entscheidung schon vor langer zeit getroffen wurde, dass die Zukunft deutscher Industrieproduktion im fossilen “Erdgas” liegt. Remember: Deutschland hat fertig mit Klima.
D.h.: egal, was Habeck als Mensch “wirklich” will, die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse in Deutschland geben 2025 keinen Klimaschutz her, egal, wie die Wahl ausgeht. Aber weil das ja nicht sein darf, weil, wenn die Wahl den nicht bringen kann, wenn “selbst” die Grünen den nicht bringen können, dann würde ja die ganze bürgerliche Normalitätssimulation in sich zusammenbrechen, und dann würde man sich wahrscheinlich schlecht fühlen. Und schlecht fühlen, das will man ja nicht.
“Die Zukunft ist ungeschrieben, alles ist veränderbar”, oder im FDP-Sprech: Alles lässt sich ändern. Vertreter*innen: jede Person, die zwar entlang der oben behandelten Punkte die Diskussion verloren hat, diesen also erst einmal zustimmen muss, aber trotzdem nicht die emotionalen und intellektuellen Eierstöcke hat, die Realität von Scheitern, Katastrophe, Kollaps wirklich zu akzeptieren.
Diesen Move kenne ich gut, weil ich ihn mehrere Jahrzehnte lang selbst immer wieder gemacht habe. Wenn ein*e Diskussionspartner*in den Beweis erbracht hatte, dass die von mir vorgeschlagenen Veränderungen (antineoliberale Revolution, globale Klimagerechtigkeit, Regenbogenkommunismus...) unter gegebenen Bedingungen ein Ding der Unmöglichkeit seien, war mein nächster Move als Bewegungsromantiker immer, darauf zu verweisen, dass soziale Bewegungen immer schon “die Grenzen des Möglichen” verschoben hätten, dass wir im Grunde Gesellschaftszauberer*innen seien, die qua Magie Dinge möglich machen könnten, die davor unmöglich waren.
Diese Sätze würde ich weiterhin unterschreiben, die Geschichte hat ihre Wahrheit immer wieder bewiesen. HOWEVER (entschuldigt all caps): zu sagen, dass soziale Bewegungen die Grenzen des Möglichen verschieben können, ist nicht gleichbedeutend mit der Aussage, dass sie alles möglich machen können. Stellen wir uns mal 100 unmögliche Outcomes vor, und nehmen dann an, dass soziale Bewegungen von diesen 100 unmöglichen Outcomes 3-5 möglich machen könnten. Das wäre ja schon ein riesiger Erfolg, und allein die Option der Möglichmachung drei bisher unmöglicher Realitäten spräche schon von der wahnsinnigen Macht sozialer Bewegung.
Aber: da bleiben halt noch 95-97 weiterhin unmögliche Outcomes, und unter denen befinden sich auch die globale postfossile Revolution, das Unterschreiten des 1,5 Grad Limits (Si apre in una nuova finestra), globaler geplanter Degrowth, etc., also all das, was wir bräuchten, um die Realität des “Kollaps”, der “Katastrophe als Dauerzustand” zu verhindern, von der ich immer häufiger spreche. Auf der Basis der Erkenntnis, dass manchnal manche unmöglichen Dinge möglich gemacht wurden, zu argumentieren, wie die FDP das tut, dass ALLES veränderbar ist, ist falsch, ist sowohl logisch als auch politisch Blödsinn. Wenn ich auf einer Autobahn mit 200 KmH Richtung Norden fahre, ist es absolut unmöglich, eine Sekunde später mit 200 KmH Richtung Süden zu fahren (klar: es sei denn, die Autobahn führt über den Nordpol). Oder auch ein politisches Beispiel: es ist vollkommen unmöglich, dass bei den Bundestagswahlen die LINKE zur stärksten Partei wird (dito FDP, dito Volt, etc.). Das nennt die Politikwissenschaft gerne “Pfadabhängigkeit”: was gerade passiert, schränkt die Möglichkeiten dafür ein, was danach passiert.
Zu sagen “alles ist veränderbar”, ist im Grunde zu sagen: die Realität interessiert mich nicht mehr, von jetzt an ist Politik gleich Magie, es gibt keine Regeln, keine Gesetze, keine Regelmäßigkeiten. Und ich hoffe, wir können uns darauf einigen, dass das Quatsch ist.
So, das war jetzt nochmal richtig viel schlechte Stimmung, die ich loswerden musste, bevor nächste Woche dann der versöhnliche Jahresendtext kommt. Ich hoffe, dass ich bei manchen durch diesen Text noch ein paar Illusionen ausräumen konnte, er hat auf jeden Fall zu meiner Psychohygiene beigetragen. Danke fürs Lesen, trotz Publikumsbeschimpfung.
Mit trotz allem solidarischen Grüßen,
Euer Tadzio