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OODA Loop: Entscheidungen treffen in kritischen Situationen!

In diesem Artikel beschreibe ich ein Tool, das Kampfpiloten der US Air Force verwenden, um in kritischen Situationen bessere Entscheidungen zu treffen. Die Abkürzung für diese Vorgehensweise ist OODA Loop. Ich werde zeigen, dass im OODA Loop sehr viele Elemente der Bayes’schen Methode enthalten sind. Anhand eines Investments aus meinem Portfolio zeige ich, wie diese Vorgehensweise in der Praxis angewendet werden kann.

Die wertvollsten Anregungen bekomme ich, wenn ich über den Tellerrand schaue und sehe, wie Menschen aus anderen Bereichen mit Risiken umgehen. Auf unvorhergesehene Situationen reagieren, die Kontrolle zu behalten und Risiken zu managen ist nichts, was nur Börsenhändler betrifft. 

Es gibt Berufsgruppen, die sich täglich mit Risiken auseinandersetzen müssen – zum Beispiel Chirurgen oder Piloten. Wie gehen Personen in solchen Bereichen mit Risiko um? Haben sie spezifische Vorgehensweisen? Kann ich daraus etwas für den Umgang mit Risiko lernen? 

Ich habe Checklisten für das Screening von Aktien bzw. Optionen und das Setup für den Einstieg in den Trade sowie ein klares Regelwerk für das Management der Position bis zum Ausstieg. Das hat sich bewährt und minimiert einen Großteil meiner Risiken. Solche Checklisten sind größtenteils Standard in anderen Bereichen, wo mit Risiko umgegangen werden muss.

Aber was ist mit den berüchtigten Tail Risks? Was ist mit den „unbekannten Unbekannten“? Wenn wir Risiken nicht benennen können, heißt das nicht, dass sie nicht vorhanden sind. Was ist mit den Situationen, die so überraschend auftauchen wie Freak Waves auf dem Ozean? 

Um mehr über diesen Bereich zu erfahren, interessiert es mich, wie andere Risikonehmer mit Situationen umgehen, die nicht vorhersehbar sind und für die es aus diesem Grund kein klares Regelwerk geben kann. Der Vorteil eines solchen Blicks über den Tellerrand ist eine kritische Betrachtung der Tools, die ich verwende.

„Jeder hat einen Plan, bis er eine aufs Maul bekommt.“

Mike Tyson

Klare Regeln bilden das Grundgerüst für Börsenhändler!

Ein Plan mit eindeutigen Regeln ist notwendig für jeden Händler an der Börse. Klar verständliche Regeln, schriftlich festgehalten, bilden das Grundgerüst. Der Händler muss mental bereit sein, diese Regeln konsequent umzusetzen. Die besten Regeln der Welt sind nutzlos, wenn ich nicht in der Lage bin, sie zu befolgen. Die Regeln sollten alle Bereiche abdecken– vom Screening von geeigneten Aktien, dem Risikomanagement, dem Ein- und Ausstieg aus einer Position bis zur nachträglichen Analyse. Eine psychologische und verhaltensökonomische Einschätzung gehört dazu. 

Aber dieser Plan ist nicht genug. Ich muss diese Regeln zusätzlich in meinem Gehirn verankern. Bei einigen Entscheidungen ist es nicht möglich, dass ich erst meinen Plan lese, was in diesem Fall zu tun ist. Der Plan (die Stopps, die Beurteilung des Marktes, wer kauft gerade oder nicht? usw.) muss im Kopf sein.

Erfolgreiche Händler können Marktinformationen in die wahrscheinlichen Gedanken und Positionen der Personen übersetzen, gegen die sie handeln. Was heißt das – „gegen die sie handeln“? Jeder Händler an der Börse muss sich darüber im Klaren sein, dass der eigenen Position immer die Position eines anderen Händlers gegenüber steht, die genau vom Gegenteil der eigenen Annahme ausgeht. 

Wenn ich Aktien von Pfizer bei 30 USD kaufe, dann gibt es jemanden, der sie mir für 30 USD verkauft. Ich kaufe, weil ich denke, dass die Aktie im Kurs steigt. Der andere Händler nimmt an, dass der Kurs der Aktie fällt. Sonst würde er mir diese Aktien nicht verkaufen. 

Erfolgreiche Händler gehen bei ihrer Einschätzung probabilistisch vor. Ziel ist, das Gleichgewicht der Kräfte zwischen Käufern und Verkäufern zu entdecken und dann auf die Gewinnergruppe zu setzen. Das geschieht intuitiv für diejenigen, die mehr Erfahrung haben. Auch diese Gruppe von Spekulanten geht nicht ohne Plan und klare Regeln vor – aber die Intuition hat sich dort schon zu einer Art „Muskel“ und damit zu einer individuellen, etablierten Vorgehensweise entwickelt. 

„Wenn man wirklich weiß, was vor sich geht, muss man nicht einmal wissen, was vor sich geht, um zu wissen, was vor sich geht. Man kann die Schlagzeilen ignorieren, weil man sie schon vor Monaten antizipiert hat.“ 

Michael Steinhardt

Intuition lässt sich natürlich nicht in einem Plan definieren. Trotzdem ist situatives Reagieren wichtig. Denn es gibt sie – diese völlig unvorhersehbaren Situationen. Manchmal passieren Ereignisse an der Börse so schnell, dass sich eine Vorgehensweise nach Checkliste ausschließt. 

Gibt es für diese Situationen, wenn meine Checkliste nichts mehr nützt, auch eine Checkliste?

Ein nützlicher Ansatz ist der sogenannte „OODA Loop“. Diese von dem Militärstrategen John Boyd für Kampfpiloten entwickelte Strategie ist eine Entscheidungsschleife, die aufgrund eines neuen Ereignisses immer wieder durchlaufen wird. Es ist sozusagen die abstrakte Darstellung einer Vorgehensweise und die Reaktion eines Individuums in einer (fremden) Umgebung gegenüber einem (plötzlichen) Ereignis. Das klingt nach genau den aus dem Nichts kommenden freak waves, mit denen wir an der Börse regelmäßig (und unerwartet) konfrontiert werden.

OODA Loop ist ein auf das Wesentliche beschränkter Entscheidungsprozess. Einige Elemente lassen sich auf den wirtschaftlichen und soziologischen Bereich anwenden, wie zum Beispiel bei Geschäftsverhandlungen oder Lernprozessen. Allgemein kann dieses Konzept als Grundlage für rationales Denken in verwirrenden oder chaotischen Situationen angewendet werden.

OODA Loop gliedert sich in vier Schritte:

  • Observe – beobachten

  • Orient – orientieren

  • Decide – entscheiden

  • Act – handeln

Beobachten: Das bedeutet – sich ein umfassendes Bild von der Situation machen. Das geht am besten, indem man sich Fragen stellt wie zum Beispiel:

  • Was wirkt sich unmittelbar auf mich aus?

  • Kann ich Vorhersagen treffen?

  • Wie genau waren meine vorherigen Vorhersagen?

Informationen spielen eine Rolle, sind aber oft unvollständig. Ein Bewusstsein für die übergreifende Bedeutung der Informationen sollte geschaffen werden. Nur nützliche Informationen sind wichtig. Die redundanten Informationen sollten ignoriert werden. Das bedeutet, den Unterschied zwischen beiden zu erkennen. Den Variablen einen Kontext hinzufügen, hilft bei der Unterscheidung. 

Orientieren: Orientierung wird von Boyd als „Schwerpunkt" bezeichnet (tatsächlich in der deutschen Bedeutung und auch so geschrieben). Es bedeutet, die Hindernisse zu erkennen, die die anderen Teile des Prozesses beeinträchtigen könnten. Ohne ein Bewusstsein für diese Hindernisse kann die nachfolgende Entscheidung nicht rational sein. Außerdem kann ich den Möglichkeiten keine prozentuale Wahrscheinlichkeit geben, wenn ich vollkommen losgelöst von der Realität agiere. Die Gefahr besteht immer, dass ich Ereignisse durch meine kognitiven Vorurteile und Heuristiken verzerrt betrachte. 

Orientieren heißt auch, flexibel in der Einschätzung einer Situation zu bleiben. Nate Silver hat diese Stärke in seinem Buch „Die Berechnung der Zukunft“ (Originaltitel: The Signal and the Noise) sehr anschaulich beschrieben, wenn er von Füchsen und Igeln spricht. Sich zu verhalten wie ein Fuchs heißt, die eigene Einschätzung permanent kritisch zu überprüfen und bei neuen Fakten in der Lage sein, sie komplett über den Haufen zu werfen. Im Gegensatz dazu hält der Igel stur an seiner einmal getroffenen Entscheidung fest. Er ist willensstark und ausdauernd. Aber er wird oft überrascht von sich ändernden Rahmenbedingungen. Er sieht diese Änderungen nicht und wenn er sie sieht, ignoriert er sie. Der Fuchs agiert flexibel. Er hängt nicht an seinen ursprünglichen Entscheidungen. Das gibt ihm in dynamischen Märkten und bei überraschenden Einflüssen bei der Entscheidungsfindung einen großen Vorteil. Begründet wurde diese Vorgehensweise bei Entscheidungen durch den Mathematiker Thomas Bayes (1701 bis 1761). Man bezeichnet diese Vorgehensweise deshalb als Bayes’schen Wahrscheinlichkeitsbegriff. 

Entscheiden: Nachdem wir (nützliche) Informationen gesammelt und uns orientiert haben, müssen wir eine Wahl treffen aus den Möglichkeiten, die in Betracht kommen. Wir wählen die Option mit der für uns höchsten prozentualen Wahrscheinlichkeit. Hier beginnt das flexible Denken und Handeln, denn wir können nicht nach Schema F vorgehen. Dafür sind die Ereignisse, mit denen wir konfrontiert werden, zu individuell. Im Kontext mit uns als der handelnden Person variieren auch die Bedeutungen, die wir bestimmten Situationen zuordnen (siehe Max Weber). 

Boyd bezeichnet diesen Schritt als die Hypothesenphase. Wenn es verschiedene Möglichkeiten gibt, wie wir mit einer Situation umgehen können, können wir Ockhams Rasiermesser anwenden. Ockhams Rasiermesser sagt sinngemäß: Wenn bei einer Entscheidung alle Variablen gleich bleiben, dann ist die einfachste Lösung die beste. 

Handeln: Die OODA-Schleife kann nur komplettiert werden, wenn wir aus unserem Entscheidungsprozess heraustreten und handeln. Wir können eine Testphase in den Prozess integrieren. Dabei experimentieren wir, um zu sehen, wie gut unsere Entscheidung funktioniert. Wir bekommen ein Feedback und können den OODA Loop anschließend von Neuem starten. 

Die richtigen Fragen stellen ist das, was den Prozess verbessert:

  • Waren die verwendeten Informationen nützlich?

  • Waren Vorurteile, Herdentrieb, Gruppendenken oder Heuristiken und Wunschdenken Teil meines Prozesses?

  • Können wir die vorherige Hypothese widerlegen? 

Wer sich näher mit dieser Methodik beschäftigen möchte, der wird auch bei Brett N. Steenbarger fündig. Der Autor von „The Daily Trading Coach“ nimmt in seinen Artikeln und Büchern oft Anleihen bei der Militärstrategie. Der Börsenhandel– wie ein Schlachtfeld, auf dem sich zwei gegnerische Heere gegenüberstehen – bietet eine Umgebung, die sich oft ändert. Die Einflüsse, die das Verhalten der Kurse bestimmen, sind in ständigem Fluss und variieren. Risiko und Unsicherheit sind permanent vorhanden. Der erfolgreiche Börsenhändler kann Marktbedingungen schnell erfassen, sich orientieren, wenn sie sich verändern und neue Informationen in sein Handeln integrieren. Er kann schnelle Entscheidungen treffen und blitzschnell danach handeln. Er hört nicht auf mit seinen Beobachtungen und Einschätzungen, sondern bleibt flexibel. Er bleibt im OODA Loop.

OODA Loop und der Wahrscheinlichkeitsbegriff von Thomas Bayes!

Die Vorgehensweise beim OODA Loop enthält viele Elemente des Bayes’schen Wahrscheinlichkeitsbegriffs. „Der Grundgedanke ist, „vernünftige Einschätzungen“ (engl. rational belief) als eine Verallgemeinerung von Wettstrategien aufzufassen. Gegeben sei eine Menge von Informationen/Messungen/Datenpunkten, und gesucht wird eine Antwort auf die Frage, wie hoch man auf die Korrektheit seiner Einschätzung wetten oder welche Odds (Si apre in una nuova finestra) man geben würde. (Der Hintergrund ist, dass man gerade dann viel Geld wettet, wenn man sich seiner Einschätzung sicher ist. Diese Idee hatte großen Einfluss auf die Spieltheorie (Si apre in una nuova finestra))."

Der Normalzustand an der Börse ist, dass wir niemals absolute Gewissheit haben können, was mit unserer Spekulation passieren wird. Es gibt keine Gewissheit im Sinne von einem Beweis dafür, das der Kurs einer Aktie sich so und nicht anders entwickeln wird. Wahrscheinlichkeiten zu vergeben im Sinne des Bayes’schen Wahrscheinlichkeitsbegriffs ist in diesem Umfeld die passende Strategie.

Die Vorgehensweise nach Thomas Bayes ist dem OODA Loop sehr ähnlich. Wir bewerten eine Situation oder ein Investment regelmäßig neu. Wir beziehen neue Einflussfaktoren in diese Bewertung ein. Wir kommen entweder zu der Einschätzung, dass nichts angepasst werden muss oder wir kommen zu der neuen Einschätzung, dass etwas angepasst werden muss. 

Wenn die Beurteilung sich ändert, dann ändern sich die Wahrscheinlichkeiten für Gewinn oder Verlust bei einem Investment. Entsprechend muss das Handeln angepasst werden. Es ist eine flexible Vorgehensweise. Ich beharre nicht auf meiner getroffenen Entscheidung. Ich beobachte und überprüfe meine Entscheidung anhand der Feedbacks, die ich in Form von Daten bekomme. Diese neuen Daten können dazu führen, dass ich meine ursprüngliche Entscheidung revidiere.

Beispiel aus meinem Portfolio für diese Vorgehensweise! 

Ich habe kürzlich ein Drehbuch für die Märkte geschrieben und dort eine Investmentidee für den chinesischen Aktienmarkt (Si apre in una nuova finestra) entwickelt. Eine große Rolle in meinem Drehbuch spielt der Volkskongress der kommunistischen Partei Chinas, der im März stattfindet. Mein Drehbuch für eine Stabilisierung des chinesischen Aktienmarktes hängt stark von den Entscheidungen ab, die auf diesem Volkskongress getroffen werden. Speziell geht es um die Stabilisierung des Immobiliensektors in China und die Stimulierung des Konsumverhaltens der Chinesen im Inland. 

Die offiziellen Statements werden mir das zeigen. Ich sehe es auch daran, ob die Kurse an der Börse in Shanghai steigen oder fallen. Wenn neue Einflussfaktoren einen entscheidenden Einfluss auf meine ursprüngliche Investmentidee haben, dann werde ich meine Position überprüfen und ändern, wenn es nötig ist. 

Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass beim Volkskongress im März Entscheidungen getroffen werden, die den Aktienmarkt in China positiv beeinflussen, habe ich auf 65 % beziffert. Wenn die Entscheidungen, die ich im März erwarte, nicht zu einer Stabilisierung des chinesischen Aktienmarktes und steigenden Kursen führen, dann werde ich die ursprüngliche Wahrscheinlichkeit von 65 % verringern müssen. 

Beträgt sie nur noch 50 %, dann muss ich mir die Frage stellen, ob mein Drehbuch für den chinesischen Aktienmarkt für 2024 überhaupt noch stimmt. 50% sind so gut oder schlecht wie ein Münzwurf und diese prozentuale Wahrscheinlichkeit ist mir zu gering, um ein Risiko einzugehen.

Es gibt dann verschiedene Möglichkeiten. Ich kann meine aktuelle Position, die ich vor ein paar Wochen eingegangen bin, unverändert lassen, weil die Wahrscheinlichkeit für Kursgewinne immer noch bei 50 % liegt. Ich kann das Investment aber auch beenden und die Position verkaufen, weil mir die Wahrscheinlichkeit von 50 % für Kursgewinne am chinesischen Aktienmarkt zu gering ist. 

Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, dass die Maßnahmen der chinesischen Führung einen so großen Stimulus für die Wirtschaft in China haben, dass die Kurse unmittelbar reagieren und steigen. Kapital sucht sich immer den Weg dorthin, wo die größte Rendite erwartet wird. Wenn Fondsmanager ihre Einschätzung ebenfalls ändern und chinesische Aktien kaufen, resultiert das in steigenden Kursen. In diesem Fall könnte ich meine prozentuale Wahrscheinlichkeit erhöhen und meine Position vergrößern. 

In jedem Falle ist die Vorgehensweise nach OODA Loop beziehungsweise dem Wahrscheinlichkeitsbegriff nach Thomas Bayes für mich besser geeignet als eine starre Vorgehensweise, die eine einmal getroffene Entscheidung nicht mehr revidiert. Die Strategie bei Investments an der Börse sollte zur Persönlichkeit desjenigen passen, der sie anwendet. Sie muss passen wie ein maßgeschneiderter Anzug. 

Foto von Önder Örtel auf Unspla (Si apre in una nuova finestra)sh (Si apre in una nuova finestra)

Quellen: wikipedia/ Andrew Aziz, Mike Baehr: Mastering Trading Psychology/ Nate Silver: The Signal and the Noise

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