Rüdiger Bertram, Christiane Fürtges: Willkommen im Hotel Zur Grünen Wiese
Diese Geschichte spielt in einem Insektenhotel - ein ungewöhnliches, nicht schon zigfach erzähltes Setting, um nicht zu sagen: Ich kenne keine weitere Insektenhotelgeschichte, und an diese hier kommt so schnell auch keine andere heran!
Chef des Hotels "Zur Grünen Wiese" ist der Grashüpfer Adlon. Er hat das Hotel übernommen, als die Menschen, die es aufgestellt hatten, das Interesse daran verloren. Adlon hat zwei Angestellte: die junge Ameise Alexa und - als unumschränkte Herrscherin in der Küche - die dicke Fliege Margot. In Adlons Hotel geht es zu wie in Hotels üblich: Der Mistkäfer aus Zimmer 11 schmuggelt seine Mistkugel aufs Zimmer, Spinnen-Diva und Dauergast Madame Spinoza hat schon länger keine Rechnungen mehr bezahlt, ein heimliches Hochzeitspaar - bestehend aus Feuerwanze Wanda und Marienkäfer Karl - braucht spontan ein Zimmer und die Glühwürmchen streiken, weil sie für die nächtliche Beleuchtung mehr Geld wollen. Wirkliche Aufregung kommt erst auf, als sich die Bienenprinzessin samt Gefolge ankündigt. Adlon verliebt sich bis über beide Fühler in die Prinzessin, doch zum Turteln hat er wenig Zeit, denn plötzlich ist Karl verschwunden - und das Hotel voll von unversöhnlichen Marienkäfern und Feuerwanzen auf der Suche nach dem ausgebüxten Paar. Nur mit vereinten Kräften und Hilfe der Wiesenbewohner können die Hotel-Insekten Karl aus menschlicher Gefangenschaft befreien. Über all dem Trubel bekommt Adlon gar nicht mit, dass sich inkognito ein berühmter Hotelkritiker einquartiert hat...
Setting, Figuren, Dialoge: zum Verlieben
Das "Hotel Zur Grünen Wiese" ist eine Geschichte zum Verlieben. Rüdiger Bertram übersetzt mit wunderbarer Konsequenz echtes Hotel-Geschehen in die Insektenwelt, und Christiane Fürtges steckt Ameisenbeinchen und Fliegenärmchen gleichermaßen in hübsche Hotelkleidung. Ein Highlight ist die Hotelkritiker-Kakerlake, die auf zwei Beinchen steht und sich mit zwei weiteren Beinchen den Schweiß von der Stirn wischt, während das dritte Paar erschöpft vom Körper baumelt. Die Figuren sind von herrlicher Lebendigkeit, vor allem wenn sie aufeinandertreffen - etwa als Köchin Margot sich mit der Sicherheitsbeauftragten der Bienenprinzessin anlegt, weil die Fliege die Biene unter keinen Umständen in ihre Küche lassen will. Auf mehr als 100 Seiten nimmt sich die Geschichte auch die Zeit, eine ordentliche Story zu entwickeln, und auch das Vorlesen wird nicht langweilig - denn viele Anspielungen auf die Hotel-Welt erschließen sich den Kindern vielleicht noch nicht, wohl aber den Erwachsenen: Alexa will später ihr eigenes Hotel führen und es nach ihrem Chef benennen - Hotel Adlon. Doch der Grashüpfer ist wenig begeistert: Adlon? "So nennt man doch kein Hotel!" Für mich ist dieses Buch eins der Highlights in diesem Jahr.
cbj Verlag, ab 6 Jahren zum Vorlesen, ab ca. 8 Jahren zum Selbstlesen, 14 Euro.
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