Kapitel 5
Der Vorhang fällt.
Wer mich schon länger liest, weiß, dass das eine Metapher ist, die mir in meinen Briefen an mein krankes Kind häufig dienlich war. Vor seinem Tod und auch danach.
Wenn wir einem Theaterstück beiwohnen - und ich schreibe das absichtlich so - dann sind wir im besten Fall ganz schnell mitten drin. Und so gut und schön es auch ist, wir wissen: der Vorhang; er fällt, wenn er fällt. Und wir gehen nach Hause. Erfüllt, berührt und ein bisschen verändert.
Ich war als junger Mensch viel im Theater. Ich habe es geliebt. Die Geschichten und die Bilder. Das eintauchen und sich verlieren. Das zu sich kommen und mit anderen Augen sehen.
Ich habe mich selbst nie für das Theater spielen interessiert, aber ich konnte schon immer schreiben. Schreiben ist, was ich tue. Schreiben ist, was ich bin. Wenn ich schreibe, dann kann ich mir besser zuhören. Dann frage und verstehe ich gleichermaßen. Dann entstehen Bilder und ich kann fühlen, was ich denke.
Kapitel fünf.
Ich habe vier Jahre lang um mein Leben geschrieben. Um mich nicht zu verlieren. Um zu fühlen und zu verstehen. Allem voran habe ich über das Jetzt geschrieben und darüber, dass immer Alles ist. Das nächste Kapitel ist für mich der Moment, in dem der Vorhang für den nächsten Akt erneut empor gezogen wird. Hier ist nicht Schluss. Hier geht es gerade erst richtig los.
Ich habe viel gelernt. Über mich und auch über die, die ich so viele Jahre gewesen bin. Da ist so viel in mir, das gelesen werden will und dafür bin ich hier.
Hier auf diesem steady-Profil, da kann ich dem Raum geben. Mehr erzählen, länger. Häufiger. Gestalten und dauerhaft zeigen. Ohne Algorythmus. Ohne Herzen.
Ich will hier meine Stimme finden - also die mit Ton. Ich möchte gut genug sein. Mit dem, was ich kann und als die, die ich bin. Ich möchte hier Mama sein, Mutmacherin, Überlebende und Autorin. Frau und Künstlerin. Kreative und Zweifelnde. Lernende und Liebende. Alle Farben, alle Töne.
Ich freue mich, wenn du sitzen bleibst. Wenn du Lust auf das nächste Kapitel mit mir hast. Ich bin schon so gespannt...
Ahoi, Judith.