Interview Susann
In den letzten Tagen hast du bereits auf Social Media (Si apre in una nuova finestra) mehr über Susann erfahren dürfen - das vollständige Interview findest du nun auch auf Steady.
Wer bist du, was machst du so?
Ich bin Susann, wohne mit meinem Mann und unseren zwei kleinen Kindern im Alter von 1 und 3 Jahren in Reinbek. Mit nun 35 Jahren habe ich mich jetzt endlich getraut, mich nebenberuflich als Coachin selbstständig zu machen. Meine Herzensthemen sind Stärken stärken, berufliche Verwirklichung und das Entwickeln einer fairen Elternschaft. Hauptberuflich bin ich Personalentwicklerin und liebe es Menschen zu begleiten, zu unterstützen und ihnen etwas Gutes zu tun. Wenn dann noch Me-Time übrig ist, gehe ich gerne mit unserem Leih-Hund spazieren, mache Yoga, treffe Freundinnen, chille im Vabali in Glinde.
Zum Einstieg
Wie hast du von dem Fotoprojekt erfahren?
Über die liebe Sylvia - Kollegin, Impulsgeberin, Herzensmensch.
Was hat Dich an dem Fotoprojekt betrACHTUNGsweise angesprochen? Wozu nimmst du teil?
Sylvia hat mir voller Stolz und Begeisterung ihre Bilder gezeigt. Dabei gefiel mir die Andersartigkeit. Das Pure. Das Beobachten der Person beim sich Betrachten. Das Ziel und die Idee des Projektes haben mich sehr angesprochen. Ich selbst bin nicht immer im Reinen mit mir. Daher sehe ich darin eine Chance, mich mir selbst zu nähern.
Meine (Sandra Brauer) Beweggründe für betrACHTUNGsweise
In meinem persönlichen Umfeld, aber vor allem wenn ich Frauen fotografiere, höre ich so häufig Aussagen wie z.B. “Ich mag mich nicht auf Fotos”, “Ich werde nicht gern fotografiert”, “Es ist unangenehm, im Fokus zu stehen”. Zudem kenne ich so unendlich viele Menschen, die mit sich selbst hadern und entweder ihr Äußeres stark be- bzw. abwerten oder mit Persönlichkeitseigenschaften hadern, die ein fester Teil von ihnen sind. Mit betrACHTUNGSweise möchte ich mit Deiner Unterstützung einen Perspektivwechsel ermöglichen und für mehr selbstACHTUNG und selbstAKZEPTANZ werben. Daher freue ich mich nun auf Deine Antworten zu folgenden Fragen:
Blick zurück
Wie und womit bist du im Hinblick auf Deine Person, Dein Äußeres und Deine Persönlichkeit aufgewachsen? An was erinnerst du dich?
Ich bin mit dem Bewusstsein groß geworden, dass ich lieber ein Junge hätte sein sollen. Bis zu meinem 8. Geburtstag hatte ich nur kurze Haare und war auch eher wie ein Junge gekleidet. Zur Einschulung wollte ich lieber einen Anzug statt Rock und Bluse anziehen, und habe mich in dem pinken Tüllrock und weißer Bluse eher verkleidet gefühlt.
Ich fand mich nie/ selten schön und früh wurde mir beigebracht, dass ich zu dick sei. Schönheit spielt bei uns zu Hause eine große Rolle. Menschen werden viel kommentiert und bewertet, Kindern von Bekannten immer extra hervorgetan, wenn sie besonders schön sind.
Ich erinnere mich daran, dass ich mich als Kind mal bei meiner Mutter beschwerte, wie ungerecht das Leben sei, dass ich von meiner Mutter und meinem Vater immer deren optische Schwachstellen bekommen habe - dünnes Haar, Brille, große Nase. Heute weiß ich, wie verletzend das war.
Meine Mutter meinte auch mal, dass ich ein nicht so schönes Baby war. Ich finde mich auf Fotos von mir als Baby oder Kleinkind total niedlich. Ich habe zu Teenager-Zeiten immer viel mit meinem Äußeren, meiner Frisur experimentiert und brauchte lange, um meine heutige Frisur zu finden. Diäten, Kalorienzählen, schlank sein wollen, das hat mich schon früh und sehr lange beschäftigt. Heute bin ich mit meiner Figur im Reinen, zu Teeniezeiten fand ich mich mit demselben Gewicht wie heute zu korpulent. Nach zwei Kindern habe ich eine andere Milde mit mir.
Ich war ein relativ angepasstes Kind und wollte gefallen. Gerne habe ich die Verantwortung für die Stimmung übernommen und bin in die Rolle des Unterhalters geschlüpft.
Welche Sprüche kommen Dir aus Deiner Vergangenheit (aus Deinem Elternhaus, Deinem sozialen Umfeld) bekannt vor?
“Mach mehr Gymnastik, du bist zu dick.”
Gab es Vorbilder in Deiner Familie, in Deinem sozialen Umfeld?
Meinst du Vorbilder im Hinblick auf den Umgang mit dem Äußeren oder Menschen, die ich schön fand?
In der Familie hatten wir einen entfernten Verwandten, Onkel Walter. Er war der Held meiner Kindheit. Herzensgut, hatte so warme blaue Augen, immer ein Lächeln auf den Lippen, war so rücksichtsvoll, zurücknehmend und trotzdem so gewinnend und einnehmend. Seine Frau hat er bis zuletzt so liebevoll betrachtet. Solch eine Beziehung habe ich mir immer gewünscht. Er gab mir viele schöne Weisheiten mit und war geprägt durch seine Gefangenschaft während des Zweiten Weltkrieges in Russland. So sagte er mir, dass ich ganz viel lernen soll, da man mir das nie nehmen könnte.
Wie ist es heute?
Wenn ich mich im Spiegel betrachte, dann sehe ich …
… je nach Stimmung und Zyklus, je nachdem ob ich mich geschminkt habe, mal einen schönen Menschen, mal ein hässliches Menschlich. An schlechten Tagen finde ich, dass ich aussehe wie ein hässlicher Junge.
Wenn ich andere Menschen anschaue, dann (sehe ich)
… schöne Haare, eine tolle Ausstrahlung, schöne Augen.
… danach versuche ich den Menschen hinter der Fassade zu sehen: was bewegt und motiviert ihn / sie wohl, was geht in ihm vor.
Reflexionsfragen
Wann hast du dir das letzte Mal tief in die Augen geschaut?
Was hat Dir in diesem Moment Deine innere Stimme erzählt?
Wie viel Bewertung enthielt sie?
Wie viel Abwertung erhielt sie?
Wie viel Bestätigung? Wie viel Liebe? Wie viel Gutes
Ich schaue mir häufig in die Augen. Aktuell besonders viel, da ich mir vor einer Woche die Augen habe lasern lassen. Davon bin ich noch immer fasziniert und begeistert. Der Blick in meine Augen beruhigt und erdet mich. Ich mag meine Augen. Sie sind ein einzigartiger “Fußabdruck”. Beim Blick in die Augen bewerte ich mich nicht. Da bin ich ich.
Bist du dir selbst eine gute Freundin?
Nicht immer. Doch es wird besser. Dieses Jahr ist Selbstfürsorge mein absolutes Fokusthema. Ich möchte mich in Selbstfürsorge üben, um meinen Kindern ein Vorbild zu sein.
Was bedeutet für Dich selbstACHTUNG?
Dass ich selbst gut über mich spreche und mich mein innerer Kritiker nicht abwertet.
Was bedeutet für Dich selbstAKZEPTANZ?
Wie kann es möglich werden, dass wir uns selbst mehr akzeptieren, ja, uns wertschätzen und lieben lernen? Wie gut gelingt es Dir?
Indem wir uns häufiger voller Dankbarkeit für diesen gesunden Körper ganz sanft betrachten. Ich möchte weniger den Fokus darauf legen, was vielleicht alles nicht perfekt an mir ist, sondern mich darüber freuen, wo ich vielleicht auch Glück bei der DNA-Lotterie hatte. Eine Bekannte sagte mal, als wir Mamis ein Gruppenfotos machen, dass wir in der Zukunft immer irgendwann sagen werden, dass wir zu dem Zeitpunkt toll aussahen.
Ein Redner bei dem Kongress “Gedankentanken” brachte es mal mit dem Beispiel auf den Punkt: Ein Mann stellt sich kurz vor den Spiegel, zieht den Bauch ein, spannt seine Muskeln an und feiert sein großartiges Aussehen und zieht dann weiter. Wir Frauen winden uns ewig vor dem Spiegel, drücken unsere Cellulite, drehen uns zur Seite, um zu schauen, wie viel Speck man greifen kann, gehen ganz dicht an den Spiegel, um die Fältchen zu checken. Dahingehend sollten wir uns von den Herren eine Scheibe abschneiden. Eine tolle Powerpose vor dem Spiegel, Fokus auf die Schokoladenseite und dann ab mit Selbstbewusstsein durch den Alltag.
Seit der Geburt der Kinder habe ich eine große Dankbarkeit meinem Körper gegenüber. Ich habe einige Freundinnen, die leider auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen können. Da macht mich unser Familienglück und die faszinierende Leistung meines Körpers während der Schwangerschaften und Geburten ganz demütig.
Ich schaue mittlerweile nicht mehr so viel in den Spiegel, versuche mein Umfeld weniger zu werten und habe für mich akzeptiert, dass mein natürliches Gewicht mit meinem genussvollen Lebensstil keine Kleidergröße 36 beinhaltet. Das ist total ok für mich.
Mal angenommen, du dürftest andere hierin unterstützen, was wäre Dein Rat? Was könnte helfen, sich mehr anzunehmen? Sich selbst zu respektieren, zu achten?
Schau dir bewusst deinen Körper an und zeige dir, was du gerne an dir magst.
Zukunfts-Ich
Welches Symbol trägst du bei Dir? Welcher Anker gibt Dir Stärke? Und warum? Welches Symbol/Bild drückt für Dich Selbstakzeptanz aus?
Ein pinkfarbenes Stoff Herz als Schlüsselanhänger. Der sprach mich optisch an, als ich auf dem Weg zu einer Familienaufstellung war. Der Prozess war sehr heilend. Das Herz erinnert mich daran.
Herzlichen Dank, liebe Susann, dass wir hinter Deine Kulissen blicken durften und du Dich mit Deiner Teilnahme an betrACHTUNGsweise dafür engagierst, dass wir uns und andere mehr annehmen und akzeptieren sollten, ganz gleich, ob wir einer vermeintlichen Norm entsprechen oder auch nicht. Niemand hat das Recht, uns zu bewerten oder sogar abzuwerten.
📷DU findest die Auseinandersetzung mit Dir selbst ebenso spannend? Schreibe mir bei Interesse an den Reflexionsfragen aus dem Interview, einem Shooting oder an einer Kombination aus Fotografie & Coaching gern eine Nachricht (Si apre in una nuova finestra).