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Wie politische Regimewechsel die Führungsarbeit in Unternehmen prägen

In diesem kleinen Essay untersuche ich, wie sich Führung in Unternehmen verändert, wenn eine ehemals demokratische Gesellschaft in Richtung Autokratie abrutscht. Dabei zeigt sich, wie eng politische Rahmenbedingungen mit Arbeitsweisen und Teamkultur verknüpft sind – und welche Handlungsspielräume bleiben, wenn „Demokratie“ zum Luxusgut wird.

Wie die politische Entwicklung eines Landes die Führungsarbeit beeinflusst

In vielen europäischen Unternehmen gilt es längst als selbstverständlich, dass Führungskräfte auf Mitsprache, gegenseitiges Vertrauen und gemeinschaftliche Entscheidungen setzen. Diese Praxis entwickelte sich vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg und blieb dank eines freiheitlichen politischen Klimas erhalten, in dem Kritik ausdrücklich erlaubt ist. Dadurch fühlen sich Mitarbeiter:innen sicher genug, auch unbequeme Fragen zu stellen oder neue Ideen einzubringen.

Solche Errungenschaften – wie eine offenere Konfliktkultur, höhere Motivation und mehr Innovationskraft – wirken heute oft selbstverständlich, doch sie beruhen auf einer politischen Kultur, die Diskussion und Widerspruch ausdrücklich zulässt. Dass Führung nicht auf autoritärem Anordnen beruht, betonte bereits Mary Parker Follett in den 1920er-Jahren. Sie erklärte, wie die Sache selbst – und nicht starre Hierarchien – die Entscheidungen anleiten sollte. Damals wirkte das revolutionär. Heute profitieren demokratisch geprägte Organisationen erkennbar davon. Aber was passiert, wenn die bisherige „demokratische Normalität“ ins Wanken gerät?

Wenn Demokratie zum Luxusgut wird: Politische Transformation und ihre Auswirkungen auf Unternehmen

Eine politische Kehrtwende in Richtung Autokratie kann den Führungsalltag so stark verändern, dass sich eher offene, diskussionsfreudige Teams hin zu schweigsamen Gruppen entwickeln. Wir sahen das historisch etwa in Spanien unter Franco. Und leider beobachten wir ähnliche Tendenzen aktuell „in Echtzeit“ in den USA, wenn politische Spaltung zunimmt und repressive Methoden immer mehr zum Alltag gehören.

Wo Machthabende Drohungen, kulturelle Gewalt und offene Repressionen nutzen, überträgt sich diese Haltung oft schnell in die Arbeitswelt. Führungskräfte – die zuvor eher auf Argumente und Kooperation setzten – erkennen, dass eher Gehorsam nun Vorteile bringt. Aus Furcht, selbst ins Visier der Autokraten und ihrer Erfüllungsgehilfen zu geraten, passen sich viele an. Mitarbeiter:innen merken das und behalten unbequeme oder kritische Fragen für sich. Die Grundlage von Macht verlagert sich: weg von Vertrauen, Gewaltfreiheit und Freiwilligkeit – hin zu Angst, Anpassung und Zwang. Wo diese kontroversen Diskussionen fehlen, stagniert die Weiterentwicklung. Und sobald Menschen spüren, dass politisches Anpassen wichtiger ist als fachliche Qualität, leidet die Wettbewerbsfähigkeit schnell.

Erosion von Werten: Was Führungskräfte im autoritären Wandel ausgesetzt sind

Diese Entwicklung versetzt Führungskräfte in eine Zwickmühle. Entweder bleiben sie offen und fair – und riskieren, politisch anzuecken. Oder sie passen sich dem neuen autoritären Zeitgeist an, um das eigene „Überleben“ zu sichern.

In autoritären Umfeldern verwandelt sich eine lebhafte Diskussionskultur rasch in ein Klima des Schweigens. Machthabende sehen Kritik in der Regel als Illoyalität. Mitarbeiter:innen und Führungskräfte nehmen das wahr und zensieren sich selbst. Schon ein unbedachtes Wort kann Repressalien auslösen, angefangen bei subtilen Formen kultureller Gewalt wie Spaltung, Beschämung und Ausgrenzung bis hin zu offenen Strafen. Wo vorher vielleicht lockere Team-Meetings stattfanden, herrscht jetzt spürbare Verkrampfung.

Wenn politische Loyalität wichtiger wird als Sachargumente, neigt das Management zu einer Kultur des „Nach-dem-Mund-Redens“. Manche entscheiden sich eher für Existenz- und Machtsicherung, anstatt ein offenes Wort zu riskieren oder sich mit anderen zu solidarisieren. Werte und Symbole, die bislang Offenheit verkörperten, passen sich sehr schnell an. Mitarbeiter:innen fühlen sich blockiert, was die Leistungsfähigkeit und das kreative Potenzial massiv einschränkt.

Motivation und Innovation auf dem Prüfstand: Wie autoritäre Führung die Leistungsfähigkeit beschädigt

Wo sich Macht durch Kontrolle und Disziplinierung durchsetzt, entstehen oft oberflächlich stabile Prozesse – ohne sichtbare Gegenrede und Konflikte. Doch diese „Ruhe“ bleibt trügerisch. Angst wird zum Leitmotiv. Mitarbeiter:innen handeln aus Furcht vor Konsequenzen und arbeiten nur noch mit Dienst nach Vorschrift, um nicht negativ aufzufallen. Das führt zu einem inneren Rückzug – häufig die Vorstufe einer stillen Kündigung. Konflikte schwelen im Untergrund, statt offen gelöst zu werden.

Strenge Kontrollen verleihen anfangs den Anschein von Ordnung. Doch niemand äußert mehr Probleme, weil Fehler in einem autoritären Kontext schnell als Schwäche gelten. Fehlentwicklungen reifen dann so lange heran, bis sie das Unternehmen plötzlich hart treffen. Studien zu autoritär geführten Volkswirtschaften belegen, dass unterdrückte Kritik langfristig zu Ineffizienzen führt, die ganze Branchen zurückwerfen können.

Besonders gefährlich bleibt der Verlust an Innovationsfähigkeit. Kreativität braucht Experimentierfreude und die Erlaubnis, Irrtümer als Teil des Prozesses zu begreifen. In autoritär geprägten Unternehmen fürchten sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter:innen jede Art von Risiko, weil Sanktionen drohen, wenn etwas scheitert. Neue Wege bleiben verschlossen, und auf einem dynamischen Markt kann diese Blockade rasch eine gefährliche Unternehmenskrise auslösen.

Hoffnung trotz Autokratie? Handlungsempfehlungen und ein Blick nach vorn

Wer in einem autoritären Umfeld arbeitet, hat oft das Gefühl, dass jede Möglichkeit der Gestaltung fehlt. Doch selbst in schwierigen Zeiten existieren Handlungsräume. Kleine, mutige Schritte können viel bewirken.

Ohne Frage ist es risikoreicher, wenn Führungskräfte in autoritären Kontexten mit einer humanen Haltung agieren. Wer trotz Druck und Drohungen kontinuierlich im Gespräch mit den Mitarbeiter:innen bleibt, ihre Meinung schätzt sowie die Würde wahrt, erhält Vertrauen. Selbst wenn es offiziell keinen Raum mehr für Kritik gibt, kann dieser Ansatz die innere Bindung im Team stärken und langfristig Wichtiges über die Zeit retten.

Oft sind es informelle oder digitale Räume (Tipp: threema), in denen sich Mitarbeiter:innen eher offener austauschen können. So lassen sich Ideen und Projekte zumindest in kleinem Rahmen weiterdenken. Vertraulichkeit spielt dabei eine große Rolle, denn die Angst vor Sanktionen ist real. Dennoch kann ein „Hinterzimmer“ für kreativen Austausch ein wichtiger Keim für künftige innovative Projekte sein – gerade, wenn sich das politische Klima eines Tages wieder wandelt.

Auch wenn autoritäre Systeme stabil wirken, fehlt ihnen meist die Fähigkeit zur flexiblen Anpassung - sie sind „anti-agil“ by design... Wer in einem repressiven Umfeld an partizipativen Werten festhält und kleine Freiräume nutzt, baut Resilienz auf. Kommt es später wieder zu einem Machtwechsel, ist genau diese innere Offenheit Gold wert, um schnell wieder auf demokratische Strukturen umzustellen.

Letztlich kann jede Führungskraft ihren Handlungsraum ein Stück weit nutzen: Der kluge Einsatz dieses Raums – etwa in einer Führungskoalition mit Gleichgesinnten, durch Co-Führung, kooperative Entscheidungen oder das Ernstnehmen von Feedback – verhindert, dass sich Angst und Misstrauen komplett ausbreiten. Wenn Mitarbeiter:innen erkennen, dass ihr Beitrag zählt und sie im Kleinsten wirksam sind, entsteht ein Restfunken an Dynamik, der die Arbeit flexibler macht.

Noch haben wir es als starke Zivilgesellschaft und Mehrheit in der Hand. Denn Autorität ist zu wichtig, um sie den Autoritären zu überlassen.
Auf dass wir unsere Demokratie – gerade auch in Unternehmen – verteidigen.

Ich finanziere meine freiberufliche, wissenschaftliche Arbeit als Autoritätsforscher unter anderem mit Crowdfunding. Damit ich auch weiterhin solche Essays für die Allgemeinheit erstellen kann, unterstützen Sie mich bitte als Crowdfunder:in oder empfehlen meine Arbeit weiter. Vielen Dank!

Quellen

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  • Weber, M (2002) Wirtschaft und Gesellschaft. Mohr Siebeck, Tübingen

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