Füllerführerschein? Ist das euer Ernst?
Ich bin durch einen Artikel bei Zeit Online (Si apre in una nuova finestra) (leider hinter der Bezahlschranke) auf den Füllerführerschein gestoßen. Selbstverständlich lässt der Begriff es zu, schnell zu erfassen, worum es sich dabei handeln könnte. Es handelt sich um einen Führerschein, der Kindern bescheinigt, mit Füller schreiben zu dürfen; ein Füllerführerschein eben.
Technisch gesehen ist also recht schnell klar, welche Funktion so ein Füllerführerschein hat. Er hat eine bescheinigende Aufgabe. Typisch Deutschland, irgendwie, wie der Autor des Artikels feststellt.
Ich bedanke mich bei allen Aufklärung-tut-Not-Mitgliedern, die meine Arbeit ermöglichen. Möchtest du meine Arbeit unterstützen, kannst du das hier tun (Si apre in una nuova finestra).
Nachdem ich zunächst überrascht und erstaunt war, stellte sich mir die Frage, wie eine Gesellschaft dahin kommt, Kindern in der Grundschule einen Führerschein für die Nutzung eines Füllfederhalters auszustellen.
Eine Spurensuche.
Füllerführerschein gibt es schon lange
Während meiner Recherche musste ich schnell erkennen (Si apre in una nuova finestra), dass es den Führerschein für das Schreibgerät schon lange gibt. Dadurch war ich erneut überrascht. Damit hatte ich in keiner Weise gerechnet.
Schnell wird andererseits deutlich, wie kontrovers grundsätzlich über den Sinn der Schreibschrift diskutiert wurde. Denn eines ist klar. Der Füller, oder Füllfederhalter, ist bezüglich seiner Nutzung die Königsdisziplin beim Schreiben. Recherchiert man zum Füllerführerschein, stößt man eben auch auf Artikel zum Sinn der Schreibschrift (Si apre in una nuova finestra).
Gründe für den Führerschein
Selbstverständlich lässt sich deshalb auch erahnen, warum Grundschulen heute mit dem Füllerführerschein arbeiten. Einer der Hersteller von Füllern liefert einen ersten Hinweis (Si apre in una nuova finestra), aus welchem Grund der Führerschein für den Füller eingeführt wurde.
https://www.faber-castell.de/inspiration/lehrer/unterrichtsmaterial (Si apre in una nuova finestra)Was gibt es Schöneres, als wenn man nach viel Mühe und Üben den Übergang vom Schreiben mit Bleistift auf den Füller geschafft hat? Das muss belohnt werden, am besten mit einem richtigen Führerschein.
https://www.faber-castell.de/inspiration/lehrer/unterrichtsmaterial
Kinder beginnen also offenbar oft mit einem Bleichstift zu schreiben. Irgendwann sollen sie dann zum Füller übergehen. Doch warum fängt man damit nicht gleich an, frage ich mich? Dieser Frage gehe ich nach, mit dem Wissen, dass das Erlernen der Schreibschrift in Deutschland vielerorts infrage gestellt wird. Und das auf dem Hintergrund der Digitalisierung.
Also! Warum lernen Kinder nicht von Anfang an mit dem Füller zu schreiben? Will man es ihnen schwerer machen oder leichter?
Schreiben lernen
Kinder durchlaufen angeblich (Si apre in una nuova finestra) unterschiedliche Phasen, wenn sie sich dem Schreiben annähern. Dicke Malstifte nehmen sie eher in die Hand als einen Bleistift. Die Haltung des Bleistifts und später des Füllers stellt eine Herausforderung dar. Es entsteht der Eindruck, dass sich Schule hier wie auch hinsichtlich des grundsätzlichen Vermittelns der Schreibschrift angepasst hat.
Offensichtlich möchte Schule heute Kinder weniger herausfordern. Ob man es dem einzelnen Kind damit leichter oder schwerer macht, wird heute immer noch kontrovers diskutiert. Ob es sinnvoll ist, Kindern Erfahrungen vorzuenthalten, die ihnen auch aufzeigen, dass uns nicht jede Fähigkeit in die Wiege gelegt wurde, mag ich nicht nur bezweifeln.
Schreibschrift wird nicht mehr gebraucht
Wer damit argumentiert, bedient sich eines sogenannten Totschlagarguments. Er verkennt meines Erachtens, dass es beim Erlernen der Schreibschrift um viel mehr geht (Si apre in una nuova finestra). Feinmotorik ist hier ein wichtiges Stichwort, auch Augen-Hand-Koordination oder ganz grundsätzlich Konzentrationsfähigkeit.
Ich kann mich noch daran erinnern, wie herausfordernd es war, mit der Schreibschrift die Kleinbuchstaben und Großbuchstaben miteinander zu verbinden und wohlgeformt auf das Blatt Papier zu bringen. Keine leichte Sache, das.
Und es hat mir nicht geschadet. Doch es ist wohl logisch, dass diejenigen, die diesbezüglich in der Schule unangenehme Erfahrungen machen mussten, die Schreibschrift als Teil der Lehrpläne ablehnen. In meiner Erinnerung war das Schreiben in Schreibschrift anstrengend, nervig, ja, keine Frage und es war ohne Diskussion Teil des Lehrplans. Auch das Schreiben mit dem Füller war damals normal; heute nicht mehr.
Belastbarkeit der Schüler und Eltern
Von Kindern will man heute vornehmlich Schaden abwenden. Mit dem Füller schreiben zu müssen, ist demnach eher schädlich, wenn es den Kindern besondere Anforderungen zumutet. Wenn uns etwas nicht gleich gelingt, dann erzeugt dies vielleicht unangenehme Gefühle. Doch diese können Ansporn sein, besser werden zu wollen.
Wird in der Grundschule deines Sohnes oder deiner Tochter der Füllerführerschein genutzt?
Der Füllerführerschein für Lehrer nützlich
Der Füllerführerschein ist also ein Instrument zur Belohnung und Motivation. Da ohne diesen Führerschein in der Schule nicht mit dem Füller geschrieben werden darf, ist er wohl gleichzeitig ein Werkzeug für Lehrer, das Verbot des Füllers ggf. durchzusetzen.
Das kommt dabei heraus, wenn vormals etablierte schulische Herangehensweisen durch die Gesellschaft infrage gestellt werden und ihnen die Selbstverständlichkeit abhandenkommt. Symptomatisch für die aktuelle Bildung in Deutschland.