Über Hinz und Kunz – Ein Abschied und eine Festschrift
Feierliche Übergabe der Festschrift an Brigitta Kunz während der Abschiedsfeier in den Räumlichkeiten der Stadtarchäologie Duisburg (Foto: Maxi Platz)
Von Dr. Maxi Maria Platz
Im archäologischen Arbeitsalltag gibt es Anlässe, die Sie aus Ihren Berufen auch kennen. Die Abschiede lieber Kolleg*innen in den Ruhestand zum Beispiel. So in diesem Oktober, als Dr. Brigitta Kunz, langjährige Mitarbeiterin der Stadtarchäologie Duisburg den passiven Teil ihrer Altersteilzeit antrat.
Verdienstkreuz mit Urkunde (Foto: Maxi Platz)
Die Kolleg*innen ließen sich nicht lumpen, Frau Kunz wurde feierlich ein Präsentkorb, ein Buntes Verdienstkreuz am Bande mit gesiegelter Urkunde sowie eine Radladerstiftebox überreicht. Aber das war lange nicht alles. Zudem erschien an diesem Tag die Festschrift „Über Hinz und Kunz – Betrachtungen zu einer zeitgenössischen Archäologie“. So eine eigene Festschrift ist durchaus eine der ganz besonderen Dinge im langen Wissenschaftsleben und das schöne: sie gehört natürlich nicht nur der Geehrten, sondern allen. Der Sammelband ist der 12te Band der Reihe „Archäologie und Denkmalpflege in Duisburg“ und erschien beim Verlag Dr. Faustus. Im Online-Shop des Verlages ist der Band zu bekommen, aber auch regulär im Buchhandel.
Die Festschrift im Lieferzustand (Foto: Maxi Platz)
Bei Festschriften ist es üblich, dass langjährige Weggefährt*innen und aktuelle Kolleg*innen über ihre Forschungen schreiben.
Autor*innen sind unter anderem Brigitte Röder, Eicke Granser, Sven Spiong, Thomas und Maxi Platz, Bianca Khil und Elke Schneider, Thorsten Quenders und einige mehr.
Weil wir Archäolog*innen sind, erfolgt die Reihenfolge der Beträge chronologisch, von der Altsteinzeit zur Moderne.
Brigitte Röder erinnert in ihrem Beitrag an die gemeinsame Zeit während des Studiums in Freiburg im Breisgau, als sie und weitere Frauen sich in einer studentischen Arbeitsgruppe mit der Frage auseinandersetzten, ob es ein weibliches Denken in der Ur- und Frühgeschichtlichen Archäologie gibt. Sie trafen sich in der Kaffee-Küche des Instituts und auch wenn die Gruppe als „Hexentreffen“ und „Kaffeekränzchen“ belächelt wurde, die Frage der Geschlechter und ihrer Rollen ist bis heute aktuell. Die Festschrift war ein Anlass, an diese Arbeitsgruppe und das daraus entstandene Buch „Göttinnendämmerung“ zurückzublicken und sich über eine „Götterdämmerung“ Gedanken zu machen. Sie fasst wesentliche Thesen verschiedener Autor*innen zusammen und kommt zusammenfassend klar argumentierend zu dem Schluss, dass das „Patriarchat“ keine „sinnvolle historische Analysekategorie“ ist und sich 2,8 Millionen Jahre menschliche Geschichte nicht in ein „unterkomplexes, universales Entwicklungsschema pressen lassen“.
Eicke Granser plädiert in seinem Beitrag mit dem Titel „Designs und Übersetzungen“ für wertfreie und interpretationslose Ansprache von Keramiken. In allen Epochen kennen wir „Originale“ und „Fälschungen“ bzw. „Imitationen“, doch, wie er schreibt, handelt es sich immer noch um Töpfe. Keramiken Identitäten wie römisch, phönizisch oder Badorfer zuzuschreiben ist eine Entwicklung der archäologischen Methode und nicht der Zeitgenoss*innen.
Sven Spiong nutzt die Gelegenheit, den Forschungsstand zum Landesausbau in Westfalen zwischen dem 8. und 9. Jahrhundert zusammenzufassen. In dem Beitrag werden die aktuellen und älteren archäologischen Untersuchungen mit den Oberflächenfunden korreliert, was ein „relativ konkreten Blick auf die regionale Siedlungsgeschichte“ zulässt.
Thorsten Quenders und Tobias Duczek berichten über den Nachweis der frühmittelalterlichen Wall-Graben-Befestigung im Pfalzbereich sowie einen besonderen frühneuzeitlichen Schmuckring.
Regina Machhaus und Gerhard Jentgens fassen in ihrem gemeinsamen Artikel bisherige Überlegungen zur Duisburger Stadtbefestigung zusammen.
Einen der umfangreichsten Aufsätze steuerte Kai Thomas Platz zu der Festschrift bei. Es ist ein grundlegender Beitrag zur archäologischen Phasengliederung und Auswertung des Dritten Ordenshaus an der Duisburger Beekstraße, das später als Teil der Alten Universität genutzt worden ist. Er stellt Befunde vor, setzt sie in den Kontext, wertet die überlieferten Pläne der Hausakten aus und schließt die Ausführungen mit einem Rückgriff auf den ältesten Stadtplan Duisburgs.
Bianca Khil und Elke Schneider stellen in ihrem gemeinsamen Artikel die archäologischen Befunde von St. Dionysius in Duisburg Walsum vor, dessen Geschichte mindestens in 8.-9. Jahrhundert zurückreicht.
Maxi Maria Platz stellt die Frage nach einer Archäologie des Fußballs und meint das auch ernst. Der Artikel setzt sich mit der frühen Fußballgeschichte Duisburgs auseinander und analysiert, welchen Beitrag die Archäologie der Moderne zur Sportgeschichte insbesondere in Ballungsräumen wie dem Ruhrgebiet leisten kann.
Meike Hachmeyer schreibt hingegen gleich Geschichte. Sie erzählt die Bedeutung des ältesten und beliebtesten Würzmittels in Duisburg anhand der Senffabrik Johann Heck, dessen Fundamente und Keller im Zuge der Grabungen in und um das „Mercatorquartier“ ausgegraben worden sind. Für den grundlegenden Artikel wurden neben den Senftöpchen, die sich im Fundmaterial der Stadt finden, Pläne und Grundrissen aus den Hausakten, Zeitungsartikel und weitere Quellen für die historisch-archäologische Recherche herangezogen.
Die beiden abschließenden Beiträge von Johannes Englert und Claus Weber sowie Marius Kröner beschäftigen sich mit den Hinterlassenschaften des Zweiten Weltkriegs in Duisburg. Es geht um Bunker und Luftschutzbauten, aber auch Arbeitslager, Flakstellungen, sowie Bombeneinschlagsstellen und Artefakte des Krieges, die nicht nur eine besondere Beachtung, sondern auch Behandlung erfordern.
Insgesamt ein lesenswerter Sammelband. Schauen Sie rein.
Marius Kröner und Kai Thomas Platz (Hrsg.), Über Hinz und Kunz. Betrachtungen zu einer zeitgenössischen Archäologie. Festschrift Brigitta Kunz (Büchenbach 2024)
Erschienen in der Reihe: Archäologie und Denkmalpflege in Duisburg 12
Bestellbar direkt beim Verlag oder im Buchhandel