Ein Kommentar: Üblicher Missgriff
Das Diktum ist nicht neu, aber weiter falsch: Die Kirchen möchten sich bitte vor allem um das Seelenheil ihrer Leute kümmern. Der frisch gewählten Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU), einer studierten Theologin, scheint entgangen zu sein, dass derlei Unsinn auf eine verfehlte Auslegung des Jesus-Worts, man solle dem Kaiser geben, was des Kaisers ist, zurück geht. Kirchlicher Fatalismus kommt zwar heute immer noch vor, aber es ist das Gegenteil von dem, was das Neue Testament lehrt. Und liest man genauer, was sie auf dem Roten Sofa auf dem Kirchentag gesagt hat, drängt sich gar der Verdacht auf, die neue Parlamentspräsidentin könnte geneigt sein sich aussuchen zu wollen, welche kirchlichen Äußerungen genehm sind und welche nicht.
In der DDR hat die evangelische Kirche mutig und nötig Stellung bezogen – etwa auch auf dem damaligen, staatlichen Festakt zu Martin Luthers 500. Geburtstag (Raketen würden nur nur weitere gebären, hatte Bischof Udo Hempel der versammelten Staatsführung in die Agenda geschrieben). Das ist – so glaube ich – ein Modell: Kirche ist keinen Regeln darüber verpflichtet, was sie sagen darf (man nennt das auch Meinungsfreiheit).
Derlei soll heute nicht mehr zulässig sein? Und das nur, weil manche Nichtregierungsorganisation sich ähnlich äußert, wie Kirchen das tun? Es ist peinlich, wenn nicht gar ärgerlich, wenn sich eine studierte Theologin so einlässt, die das dritthöchste, staatliche Amt versieht. Wenn das ein Vorgriff auf kommendes Regierungshandeln gewesen sein soll, kann man sich nur grausen.