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Aus der Praxis: Erfolgreich Pitchen

Ich habe mit Nico Brugger übers Pitchen und über Formatentwicklung gesprochen und er hat vieles, was ich darüber zu wissen glaubte, auf den Kopf gestellt.
Wenn ich die Content-Strategie der Medienhäuser und meine Zielgruppe kenne, kann ich einen erfolgreichen Pitch schreiben.

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⬇️Workflow Deep Dive nach.

Diesmal stelle ich euch aber nicht eine Podcastproduktion vor, wir setzen vorher an: beim Pitchen und der Formatentwicklung.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass viele von euch eine gute Podcastidee in der Schublade haben oder dass ihr sogar gerade an einer arbeitet! Die Fragen sind dabei immer die gleichen: Taugt meine Idee auch für ein ganzes Format? Wie schreibe ich einen überzeugenden Pitch? Und wie kriege ich den Pitch schließlich an ein Medienhaus verkauft?

Hier habe ich auch noch viel Lernbedarf. Zum Glück hat sich Nico Brugger (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) für mich Zeit genommen. Nico entwickelt seit 2017 digitale Formate von ARD zu RTL bis zur Staatsoper. Zwischenzeitlich hat er mit Formatgold (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) auch eine eigene Firma für diesen Zweck gegründet.

Portrait Nico Brugger

Nico hat vieles, was ich über Pitches und Formatentwicklung zu wissen glaubte, auf den Kopf gestellt. Ehrlich jetzt. Deshalb freue ich mich riesig, mit euch dieses Gespräch zu teilen.

Interview mit Nico Brugger

Niklas: Nico, ich hab da so eine Idee für ein neues Podcastformat. Ich bin recht überzeugt davon, deshalb habe ich mich vor ein paar Monaten hingesetzt und habe alleine in meinem stillen Kämmerchen einen richtig guten Pitch geschrieben und biete diesen Pitch seitdem Redaktionen an. Bisher leider ohne Erfolg. Wie bewertest du das, war mein Vorgehen richtig?

Nico: Ich kenne jetzt deine Idee nicht, die kann gut sein oder eher nicht so gut. Aber hier kommen wir direkt zum Problem deiner Methode: Auch wenn du mir jetzt deine Idee erzählst, kann ich sie wahrscheinlich nicht wirklich beurteilen, weil ich nicht weiß, für welches Nutzer*innen-Bedürfnis sie konzipiert ist und welches Medienhaus das gerade im Blick hat.

Das ist der erste sehr wichtige Schritt bei jeder Formatentwicklung. Ich muss wissen, wer sucht eigentlich was, warum wird das gesucht, in welche Zielgruppe wollen die Anbieter damit und warum wollen die Anbieter in die Zielgruppe. Also die Content-Strategie der verschiedenen Anbieter. Wenn ich aber dieses Wissen nicht habe, kann mein Idee, die ich pitche, höchstens ein Zufallstreffer sein.

Deshalb würde ich allen Leuten raten, erst einmal Informationen zu sammeln, bevor sie ins Nichts pitchen.

Das klingt etwas langweilig. Ich will mich mit meiner Idee nicht in ein enges Korsett pressen lassen, sondern lieber was ganz Neues machen. Schränkt das nicht die Kreativität total ein und verhindert sogar Innovationen?

Es ist total gut, eine Leidenschaft für ein bestimmtes Thema oder eine Richtung zu haben. Weil dadurch bin ich dann auch motiviert, Energie und Zeit in ein Projekt zu stecken.

Aber ich muss früh im Prozess meine erste Idee mit dem abgleichen, was gesucht wird. Das heißt, wenn von meiner Idee erst ein paar Eckpunkte stehen, dann lohnt es sich die Eckpunkte von der anderen Seite, zum Beispiel von einer Redaktion oder einem Anbieter, einzubeziehen und in einen gemeinsamen kreativen Prozess zu gehen. Leider passiert es meistens andersherum, es hat ein kreativer Prozess stattgefunden, klassisch bei einem abendlichen Bier, und dann wird versucht für diese Idee einen Abnehmer zu finden.

Das ist dann aber eine sehr unbefriedigender Weg, weil ich dann viel Glück brauchte. Außer ich habe mir schon einen Namen gemacht oder kann bereits erfolgreiche Projekte vorweisen. Dann geht das etwas einfacher, aber an diesen Punkt muss ich erst einmal kommen.

Dann nehmen wir mal an, ich habe eine ganz gute Idee und die passt sogar in eine Content-Strategie, über die ich mich vorher erkundigt habe. Was sind dann die ersten Schritte?

Wenn ich mir die Infos zur Content-Strategie eines Anbieters geholt habe, muss ich erst einmal lernen, diese richtig zu lesen. Wenn dort zum Beispiel eine Zielgruppe definiert ist, die 25-40 Jahre alt und fußballafin ist. Für manche ist das schon eine Zielgruppe, zum Entwickeln ist das fast zu wenig an Zielgruppe. Ich brauche eine weitere Verengung um wirklich ein Gefühl dafür zu kriegen, wer damit gemeint ist. Sind das EM-Fußballfans, die einmal alle zwei Jahre Lust auf ein großes Turnier haben, sind das Bundesliga-Gucker, sind das völlige Fußball-Nerds, die bis runter in die vierte Liga gehen?

Meine These ist nämlich, dass unterschiedliche Produkte und Erzählzugänge gebraucht werden, um entweder einen Fußball-Nerd oder einen Gelegenheitsgucker erreichen zu können. Deshalb muss ich zunächst die Zielgruppe weiter eingrenzen. Das kann mit Hilfe von Studien passieren, also Mediennutzungstypologien oder Sinusmilieus.

Dann muss ich mich mit meiner Zielgruppe auch befassen und das heißt, dass ich mit Menschen in Kontakt kommen und längere Gespräche führen muss. So kann ich erfahren, was sie konsumieren, warum sie das gerne mögen, was sie überhaupt nicht mögen. Das ist wichtig, weil wir dazu neigen, in unserer eigenen Medienwahrnehmung zu denken. Das können wir ganz schwer ausstellen, solange wir keine anderen Quellen haben.

Als einzelner Freiberufler sind die Ressourcen aber begrenzt, um solche Befragungen zu machen. Selbst von kleineren Produktionsfirmen weiß ich, dass bei Formatentwicklungen eher selten die Zielgruppe vorher befragt wird. Was ist so das Mindeste an Zielgruppenforschung, was ich zumindest am Anfang machen sollte?

Ich würde mindestens ein Drittel meiner Entwicklungszeit mit der Zielgruppe verbringen. Entweder mit Recherche, also Gesprächen mit ihnen, oder indem ich Ideen bei ihnen austeste. Wenn ich alleine nur fünf Vorgespräche mit verschiedenen Menschen der Zielgruppe führe, kann ich daraus bereits Gemeinsamkeiten extrahieren.

Dabei hilft es mir schon zu wissen, was die so konsumieren. Manches weiß ich vielleicht schon, manches eben nicht. Alleine aus dem Konsum der Zielgruppe weiß ich aber schon einmal, welche Formate oder auch welchen Stil sie mögen.

Durch diese Arbeit gewinne ich auf ganz vielen Ebenen einen Wissensvorsprung, den ich nicht hätte, wenn ich nur mit mir selbst anfange. Ich muss also mein Gehirn erst richtig befüllen, bevor ich dann kreativ werden kann.

Jetzt habe ich also eine gute Idee und ich habe sie mit der Content-Strategie eines Anbieters und der Zielgruppe abgeglichen. Welche Rubriken müssen in meinen ersten Pitch?

Erst einmal sollte das sogenannte Wirkungsziel drin stecken. Diesen Begriff habe ich für mich definiert und beschreibt, was ich aus den Zielgruppengesprächen und meiner Recherche abgeleitet habe und was das Format liefern soll. Das Wirkungsziel könnte in unserem Fußballbeispiel sein: „Unterhaltsam mit Fußball beschäftigen“. Weil meine Zielgruppe sind keine Fachnerds, aber sie möchten nebenher zum Thema Fußball bespielt werden. Das Wirkungsziel könnte aber auch sein, Kompliziertes leicht erklärt zu bekommen. Oder den Arbeitsweg zu bespielen oder den Arbeitsweg schlau zu machen.

Dabei geht es darum dem potentiellen Auftraggeber zu zeigen, dass ich meine Hausaufgaben gemacht habe. Ich habe mir nicht etwas aus der Luft ausgedacht, sondern ich habe recherchiert, ich habe etwas herausgefunden und daraus resultiert diese Idee. Das sorgt auch für eine gewisse Dramaturgie in meinem Pitch und ich nehme die Leser*innen mit durch meinen Prozess.

Das zweite Segment ist ein sehr griffiger Titel mit einem Untertitel. Das ist auch ein super Test, weil wenn ich meine Idee nicht in einen Titel und einen Untertitel kriege, dann ist sie noch zu unscharf. Außerdem sorge ich mit einem griffigen Titel dafür, dass mein Pitch im Gedächtnis bleibt. Das ist wichtig, weil die Personen, die meinen Pitch lesen, wahrscheinlich zehn Pitches in der Woche lesen.

Dabei sind wir Menschen sehr einfach gestrickt, manchmal sind es Wortspiele, die total verfangen. Ein Beispiel dazu: Ich war an der Entwicklung eines Garten Podcasts beteiligt und dabei hat jemand ein Format mit dem Titel „Lasset uns beeten“ gepitcht. Der Rest des Konzeptes war gar nicht so besonders, aber der Pitch hat den Zuschlag bekommen, wegen des lustigen Titels, der Lust macht, auch darauf zu klicken. Das ist schließlich auch wichtig, denn wenn der Podcast dann produziert und veröffentlicht ist, muss er sich auch durchsetzen können.

Als drittes Segment sollte ich mindestens vier Folgen beschreiben. Nicht übertreiben, keine zwölf möglichen Folgen aufzählen. Aber wenn mir bereits nach Folge 2 nichts mehr einfällt, dann ist das ein gutes Indiz dafür, dass ich eher in Themen denke, aber nicht in einer Formatmechanik denke.

Und was ist, wenn ich bereits an einem spannenden Thema dran bin?

Das ist eine gute Grundlage und womöglich brauchst du dann auch gar keine Formatentwicklung, sondern investierst diese Zeit lieber in deinen Stoff und anschließend in eine passende Dramaturgie dafür. Das ist eine wichtige Unterscheidung – stoffgetriebene Podcasts und formatgetriebene.

Wenn wir über Formatentwicklung sprechen, dann geht es darum ein gutes Gefäß zu entwickeln, in das wir dann später guten Stoff packen können. Deshalb sollten mir beim Pitch schon ein paar gute Beispiele einfallen.

Zurück zum guten Pitch – was gehört noch rein?

Schließlich, als viertes und letztes Segment, sollte ich ein Formatversprechen formulieren. Warum lohnt es sich aus Sicht der Hörerenden mein Format zu hören? Was macht mein Format besonders? Das hängt auch mit dem Wirkungsziel zusammen, das kann ich auch kombinieren. Das sind ein, zwei höchstens drei Sätze. Wenn ich es in denen nicht sagen kann, habe ich meistens kein klares Versprechen

Wer dann noch die Extrameile gehen möchte, kann in seinem Pitch noch etwas über die Marktsättigung sagen. Aufzählen, was es schon gibt, wovon das Format sich abgrenzt und wo noch im Platz im Markt ist.

Klingt aufwendig…

Das wäre für mich ein idealer Pitch, aber wir leben nicht in einer idealen Welt. Ich kann total nachvollziehen, wenn jemand nicht genug Zeit hat, mehrere Tage in einen solchen Pitch zu stecken. Vor allem, wenn man dann auch noch gleich fünf gute Pitches in petto haben soll.

Dann empfehle ich, mich an der Zeit zu orientieren, die ich zur Verfügung habe. Wenn ich nur einen Tag oder nur einen halben Tag habe, dann könnte ich mich genau eine Stunde mit dem Titel beschäftigen, eine Stunde mit dem Wirkungsziel und so den Pitch runterschreiben und raus damit.

Du unterscheidest von einem Format als Gefäß und vom Stoff, der damit transportiert wird. Nun gibt es bestimmt viele Leute, die vielleicht guten Stoff haben und denken, daraus ließe sich doch ein gutes Format bauen. Wie sollte ich vorgehen, um das, was ich habe, kritisch zu prüfen ob es zu einem richtigen Format taugt?

Hier gibt es einen Unterschied. Ein Storytelling-Podcast mit limitierter Folgenzahl ist auf eine Art auch ein Format, aber im Kern geht es nicht darum, ein Format zu sein, sondern eine bestimmte Geschichte zu erzählen.

Wenn wir den Podcast „11 Leben“ als Beispiel nehmen. Dort geht es in der ersten Staffel um das Leben und die Karriere von Uli Hoeneß. Ich kenne die Macher dahinter nicht persönlich, aber ich bin mir ziemlich sicher, die Idee war nicht, ein Gefäß zu schaffen, das von möglichst vielen Autor*innen ganz lange bespielt werden kann. Sondern die Idee war wahrscheinlich, dieser Person Hoeneß ganz nah zu kommen und seine Geschichte so spannend wie möglich zu erzählen.

Wenn ich nun so einen Stoff habe, dann würde ich versuchen, diesen in kleinere Stränge aufzudröseln. Welche Teile der Geschichte halte ich für so interessant, dass ich sie länger erzählen kann? Welche Überthemen bringt die Geschichte mit? Um beim Beispiel „11 Leben“ zu bleiben: Hier wurde durch den Zugang Uli Hoeneß die gesamte Bundesliga-Historie erzählt.

Nico, du bist Formatentwickler und hilfst Medienhäusern, von RTL bis zur Staatsoper, neue Formate zu kreieren. Wie sieht dabei dein Prozess aus?

Nico: Das ist im Umfang, von 3 Tagen bis zu mehreren Monaten, sehr unterschiedlich. Im Aufbau aber ähnlich. Fangen wir mit den Bedingungen an. Ich versuche immer mit der Gruppe, die dieses Format später machen soll, zu entwickeln. Das sind dann oft zwischen sieben und zehn Personen. Dabei müssen alle relevanten Player vertreten sein, also Autor*innen, Redakteur*innen, die das ganze dann abnehmen, und die Chef*innen, die für das Geld sorgen und die das Format auch nach oben vertreten. Dabei sind die Chef*innen nicht ständig im Prozess dabei, aber sie geben die Richtung vor und werden immer wieder miteinbezogen. Im Idealfall ist auch noch das produzierende Gewerk dabei. Das ist besonders hilfreich, wenn ich auf eine bestimmte Bildsprache oder Klang setze.

Vor dem ersten Treffen in der Gruppe mache ich meistens mit jemand aus der Redaktion und den Chef*innen etwas Vorarbeit. Ich will unter anderem wissen, welche Strategie sie haben, warum sie das Format haben wollen, wie viel Geld sie bereit sind auszugeben oder welche Motivation sie haben. Ich will verstehen, was passieren muss, dass die Leitungsfunktion ihr Leben dafür geben würde, dass dieses Format erfolgreich wird. Dabei gebe ich den Chef*innen zu verstehen, dass sie so ehrlich wie möglich sein müssen. Wenn sie damit einen Preis gewinnen wollen, dann sollen sie das sagen. Wenn das Überleben ihrer Redaktion von einem neuen digitalen Produkt abhängt, dann müssen sie mir das sagen.

Wenn das alles definiert ist, gehen wir in den Entwicklungsprozess in der Gruppe. Am ersten Tag befassen wir uns mit dem Problem und zerlegen es in alle Facetten, das könnte die Zielgruppe sein, darüber haben wir schon gesprochen. Aber ein Problem könnte auch die Plattform sein, also holen wir uns dazu Plattform-Expertise rein. Das könnte zum Beispiel jemand sein, der auf der Plattform sehr erfolgreich ist und ein Konkurrenzprodukt betreibt. Da finde ich eigentlich immer jemand, der ganz kollegial von seinen Erfahrungen erzählt und das ist immer sehr erhellend.

Außerdem lasse ich an diesem ersten Tag die Chef*innen selber sagen, was sie von dem Team erwarten, was sie sich erhoffen und nach welchen Kriterien sie entscheiden werden. Dann lernen wir noch die Zielgruppe persönlich kennen, alle, die im Entwicklungsprozess sitzen, sollten ein Gespräch mit jemand aus der Zielgruppe führen.

An Tag 2 wechseln wir den Fokus weg vom Problem hin zur Lösung. Am Vormittag lassen wir uns inspirieren und zeigen uns gegenseitig tolles Zeug und überlegen, was wir daraus mitnehmen können. Am Nachmittag kommen wir dann in die Kreativphase. In meinem ganzen Entwicklungsprozess macht der Teil der aktiven Ideenfindung nur einen Tag aus.

Am dritten Tag entwickeln wir die Ideen dann in ein paar Sparringsübungen noch weiter und dann kommen wir auch schon zum Pitchen. Nach meiner Auffassung sollte man nicht zu lange über Ideen nachdenken, sondern lieber früh pitchen, Ideen auswählen und die ausprobieren. Denn beim Testen der Ideen lernt man dann, was funktioniert und was nicht. Dadurch erspart man sich viele theoretische Diskussionen. Am besten machen, testen, verstehen, was noch nicht funktioniert, dann analysieren und wieder neu machen.

Deshalb wird am vierten Tag direkt produziert. Wenn es etwas aufwendiger ist, produzieren wir manchmal auch zwei Tage an einem Prototyp. Dabei versuchen wir eigentlich nur die ersten drei bis vier Minuten anzuproduzieren, um ein Gefühl für ein Format zu bekommen. Dabei benutzen wir alle Tricks, also klauen uns alles mögliche zusammen, denn die Hauptsache ist, schnell etwas zu haben, was man vorzeigen kann.

Das Ergebnis wird dann an der Zielgruppe getestet. Da schauen wir, wie sie reagiert, was sie daran mögen, was nicht, was sie klicken würden, was nicht, wie sie die Hosts empfinden und so weiter.

Zum Schluss eine Einschätzung von dir: Im Podcastbereich gibt es viele Freiberufler*innen, aber auch Angestellte, die gute Ideen haben. Wie offen sind Redaktionen, Medienhäuser und Publisher für diese Ideen? Sowohl wenn sie von außen herangetragen werden, aber auch wenn sie von innen kommen?

Offenheit ist oft nicht das Problem – haha. Das Problem ist, dass sich alle gerne Ideen pitchen lassen und die allermeisten davon nie eine echte Chance bekommen, weil sie gar nicht erst produziert werden oder ziellos ausprobiert und dann als „da waren gute Ansätze dabei“ in der Versenkung verschwinden.

Aber: Ich merke, dass das inzwischen auch immer mehr Führungskräften klar wird. Meistens werde ich auch dazu geholt, wenn sie schon mal gescheiterte „auf gut Glück“ Versuche hinter sich haben. Und ich erlebe, dass es inzwischen einen größeren Druck gibt, dass Redaktionen gute digitale Produkte auf die Beine stellen. Vor allem in den Leitungsebenen wissen alle, dass sie glänzen könnten, wenn sie ein gutes Format vorzuweisen haben.

Wenn es um Entwicklungen von draußen geht, erlebe ich leider noch oft, dass sich Sender beliefern lassen wollen. Dann sagen sie zum Beispiel, dass sie gerne ein neues YouTube-Format zum Thema Wirtschaft haben wollen und die Produktionsfirmen sollen dann mal pitchen. So beliebig wie die Ausschreibung ist, sind dann auch die Pitches. Das ist aus Sicht der Produktionsfirmen auch nachvollziehbar, denn diese wissen nicht, auf was sie ihre Pitches denn zuschneiden sollen und haben keine Verlässlichkeit, dass die Pitches auch genommen werden.

Hier möchte ich ganz klar an alle Sender und Pitch-Empfänger appellieren, dass sie sehr davon profitieren, wenn sie klarere Vorgaben liefern. Die Ideen werden dann besser und auch der Auswahlprozess wird einfacher, weil die Sender sich schon Vorgedanken gemacht haben, was sie denn wollen.

Natürlich machen sich die meisten Sender auch Gedanken dazu. Aber diese Gedanken müssen sie transparenter machen. Manchmal herrscht noch die Idee vor, dass ich wildere Pitches kriege, wenn ich gar keine Vorgaben mache. Aber es verhält sich genau gegenteilig. Auch bei einer sehr klaren Zielvorgabe gibt es genug kreativen Spielraum.

Außerdem müssen Medienhäuser anerkennen, dass Entwicklungsarbeit auch Arbeit ist. Hier wünsche ich mir mehr Verlässlichkeit, indem zum Beispiel am Anfang eine Vereinbarung über den gemeinsamen Weg getroffen wird. Nicht jede Idee ist erfolgreich und muss es auch nicht sein. Aber eine strategische Formatentwicklung rennt auch nicht einer Idee hinterher sondern versucht unterschiedliche Wege und nimmt am Ende den Vielversprechendsten davon. Es kann also eine Menge Geld und Frust gespart werden, wenn man es gründlich aufbaut.

Wie fandet ihr das Interview mit Nico, habt ihr etwas Neues gelernt? Soll ich in Zukunft noch mehr Expert*innen interviewen? Schreibt es mir! Entweder direkt per E-Mail (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) oder in meiner Umfrage (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre).

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Die nächste Ausgabe erscheint am 8. August.

Bis bald in eurem Postfach
Niklas

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