Große und kleine Mehrheiten
20. Dezember 2024
Liebe Lesende,
die Temperaturen waren diese Woche wieder einmal frühlingshaft mild, und gestern Abend in der Gemeindevertretersitzung in Halbe wurde es sogar hitzig. Was nicht an dem alkoholfreien Punsch lag, der im Hintergrund köchelte und vom Bürgermeister für den nichtöffentlichen Teil bereitgestellt worden war. Ob es an diesem Abend noch weihnachtlich-besinnlich zwischen den beiden Fraktionen wurde, ist nicht bekannt. Es sah jedenfalls nicht danach aus. Denn es ging - wie bereits vor genau einem Jahr - um den geplanten Windpark in Freidorf. Und um vermeintliche und tatsächliche Mehrheiten.
Einen Unterschied gibt es zwischen den beiden Dezembersitzungen: die beteiligten Personen sind teilweise andere, denn zwischendrin war Kommunalwahl. Und im Wahlkampf spielte der geplante Windpark durchaus eine Rolle, für einige Kandidierende zumindest. Zwei Fraktionen haben sich nach der Wahl gebildet: Die “Bürgerfraktion der Gemeinde Halbe” (BFGH) hat sieben Mitglieder, die Fraktion “Bündnis Bürgerwille und Naturpark” (BBN) fünf. Hinzu kommt Bürgermeister Sandro Kracht, der für BVB/Freie Wähler kandidierte. Im BFGH vereinen sich Gewählte verschiedener Gruppierungen, das BBN besteht aus Gewählten der AfD und von BVB/Freie Wähler sowie dem Einzelbewerber Holger Schulz.
Längst ging es bei der jüngsten Diskussion nicht mehr nur um den Windpark, sondern vor allem darum, wer nun den Bürgerwillen vertritt und wie das mit den Mehrheiten in der Demokratie eigentlich funktioniert. BBN, das wurde mehrfach an diesem Abend deutlich und das steckt schließlich auch im Namen, ist vor allem gegen den im Naturpark Dahme-Heideseen geplanten (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) Windpark angetreten, weil seine Mitglieder der Meinung sind, dass eine Mehrheit der Halber Bevölkerung diesen Windpark nicht möchte. Die Fraktion BFGH reklamierte ebenso für sich, die “Meinung unserer Wähler” zu vertreten - und das “geht weit über das Thema Windpark hinaus”, so Norbert Wedekind.
Alle zwölf Gemeindevertreter plus Bürgermeister sind mit einem Mandat “ihrer” Wähler ausgestattet und kraft ihres Mandats haben sie sich zu Fraktionen zusammengeschlossen. Fünf auf der einen Seite, sieben auf der anderen. Das führt nun zu Mehrheiten mit Schlagkraft in Richtung BFGH. Auch die gestern anwesenden Gäste schienen sich entsprechend hinter “ihren” gewählten Vertretern platziert zu haben. Kein Sitz war mehr frei und immer wieder gab es Zwischenrufe und Applaus, was die Geschäftsordnung eigentlich gar nicht zulässt (was übrigens auch für Fotos gilt - was ein Gast jedoch nicht wahrhaben wollte und einen Streit über die Löschung eines Fotos provozierte).
Der aktuelle Stand zum Windpark in Freidorf, auf dem Gebiet des Naturparks Dahme-Heideseen, war nicht allen Gästen geläufig: Die Gemeindevertretung hat einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan (B-Plan) für den von der Firma Energiequelle geplanten Windpark gefasst. Das bedeutet, dass mit der Arbeit an diesem B-Plan begonnen werden darf. Damit werden die Planungen konkretisiert und im weiteren Verlauf nach gesetzlicher Vorschrift und in verschiedenen Stufen Bürger und so genannte Träger öffentlicher Belange (Verbände wie Naturschutz- oder Wasserverbände, Kommunen u.a.) beteiligt. Über mehrere Wochen werden die Planungen zu Einsichtnahme ausgelegt (Auslegungsbeschluss). Am Ende werden Einwände zu den Planungen durch die Gemeindevertreter abgewogen (Abwägungsbeschluss) und final über den B-Plan entschieden (Satzungsbeschluss). Erst mit dem letzten Beschluss kann der B-Plan auch umgesetzt und der Windpark gebaut werden - oder eben nicht, wenn es nicht zum Beschluss kommt. Für die Kosten so eines B-Planes kommt in der Regel der Investor auf, so ist es auch in Halbe geplant.
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