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Spontanhelfende

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) hat vergangene Woche den Leitfaden “Spontanhilfe im Einsatz (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)” veröffentlicht. Diesen mit 72 Seiten doch sehr umfangreichen Leitfaden versuche ich hier auf die meiner Ansicht nach für Einsatz- und Führungskräfte sowie Spontanhelfende wichtigsten Punkte herunterzubrechen. V.a. Spontanhelfende haben mit der Kenntnis des wesentlichen Leitfadeninhalts die Möglichkeit, ihr Hilfsangebot zu kanalisieren und die Einsatzkräfte z.B. durch zielgerichtete Informationen zu unterstützen.

Der Beitrag ersetzt das Studium des Leitfadens durch Einsatz- und Führungskräfte im Bevölkerungsschutz nicht. Er ergänzt ihn zudem um ein paar Hinweise, wo der Leitfaden mE unzureichend ist.

Wer sind Spontanhelfende?

Der Begriff “Spontanhelfende” ist nicht gesetzlich definiert.

Spontanhelfende sind natürliche Personen, die bei der Bewältigung einer schwierigen Lage wie einer Katastrophe vor Ort freiwillig helfen, ohne selbst Einsatzkräfte zu sein. Im Namen steckt das Wort “spontan”: das bedeutet also, dass diese Personen kurzfristig und ohne Verpflichtung entschieden haben, zu helfen. Die Gründe sind nicht nur Empathie für (andere) Betroffene, sondern auch das individuell erwartete (Glücks-)Gefühl, einen wertvollen Beitrag geleistet zu haben, sowie der Gedanke, bei eigener Betroffenheit dieselbe Hilfeleistung erwarten zu können (sehr spannend hierzu: Windmann/Hein, 2018 (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)). Dabei organisieren sich Spontanhelfende häufig unabhängig von den Einsatzkräften, z.B. über soziale Netzwerke. Die Organisation vor Ort, z.B. durch Anwohnende in direktem Austausch, ist ebenfalls denkbar.

Was brauchen Spontanhelfende?

Spontanhelfende bedürfen v.a. des Einverständnisses der zuständigen Behörde (z.B. der Katastrophenschutzbehörde oder des THW). Dieses kann vor Ort, auch mündlich erteilt werden. Spontanhelfende haben dann die Rechtsstellung eines “Helfers” (siehe z.B. §§ 27 Abs. 1 (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), 28 Abs. 1 S. 2 Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), landesrechtlich z.B. § 25 Abs. 3 LKatSG BaWü (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)). Die Details, v.a. Rechte und Pflichten des Helfers ergeben sich aus dem jeweiligen Landeskatastrophenschutzgesetz (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) (dazu folgt noch ein eigener Beitrag).

Rechte, Registrierung und Datenschutz

Eine Registrierung der Spontanhelfenden ist gesetzlich nicht vorgeschrieben, aber aus vielen Gründen sinnvoll. Dies insbesondere, um das behördliche Einverständnis zu dokumentieren, die Rechte der - gesetzlich unfallversicherten - Spontanhelfenden sicherzustellen und die Haftungsverhältnisse zu klären. So haftet nämlich die Einverständnis erklärende Behörde für Pflichtverletzungen eines Spontanhelfenden, kann aber auch bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit einen geleisteten Schadensersatzbetrag vom Spontanhelfenden zurückverlangen (Art. 34 GG (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre), § 839 BGB (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)). Zudem können Spontanhelfende den Schaden bei der Hilfeleistung kaputt gegangenen Eigentums von der Behörde ersetzt verlangen.

Wenn eine Registrierung erfolgt, kann das Thema Datenschutz relevant werden. Angesichts der gesetzlich nicht vorgesehenen Registrierung könnte wegen nicht seltenen Missverständnissen rund um das Datenschutzrecht gar Abstand von der Registrierung genommen werden. Dem Impuls sollte jedoch nicht gefolgt werden. So findet die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) z.B. keine Anwendung auf eine einfache, handschriftliche Liste der Teilnehmer:innen einer Veranstaltung. Erforderlich ist nämlich nach Art. 2 Abs. 1, Art. 4 Nr. 6 DSGVO eine strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind. Daran dürfte es auch bei einer vor Ort spontan erstellten, einfachen, handschriftlichen Liste zur Registrierung von Spontanhelfenden fehlen.

Behörden und Einsatzorganisationen sollten zudem Vordrucke (Informationsbögen, ggf. auszufüllende Dokumente nebst Ausfüllhilfen) zur Aushändigung an Spontanhelfende bereithalten. Daraus sollte v.a. die ihr Einverständnis zur Hilfeleistung erklärende Behörde hervorgehen, samt Ansprechpartner:innen (z.B. vor Ort sowie in der Anspruchsbearbeitung) und Adressinformationen. Damit ist sichergestellt, dass Spontanhelfende ihre Rechte als Helfer im Gesetzessinne geltend machen können. Es kann auf die ab S. 45 des Leitfadens beschriebenen Registrierungskarten zurückgegriffen werden. Wegen der dort beschriebenen strukturierten Sammlung und Zugänglichkeit ist von der Anwendbarkeit der DSGVO auszugehen und das Datenschutzrecht zu beachten.

Behörden und Einsatzorganisationen sollten den in seinen datenschutzrechtlichen Hinweisen unzureichenden Leitfaden des BBK durch rechtskundigen Rat ergänzen, etwa wenn einsatzbezogen registrierte Personendaten zusätzlich für andere Zwecke, z.B. die Werbung für ein Ehrenamt genutzt werden sollen. Die rechtliche Prüfung ist auch wichtig, um von vornherein abzuklären, welche digitalen Kommunikationsmittel (soziale Medien, Messenger-Gruppen etc.) rechtskonform zur Abstimmung mit den Spontanhelfenden genutzt werden können. So weist z.B. der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) Bundesbehörden unverändert an, WhatsApp nicht für dienstliche Zwecke zu nutzen (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre). Nicht zuletzt sollte sich vorbereitend informiert werden, wie mit Gesundheitsdaten der Spontanhelfenden rechtskonform umgegangen wird. Diese sind schließlich bei der Bestimmung der Einsatzmöglichkeiten relevant (vgl. S. 58 des Leitfadens).

Der Einsatz von Spontanhelfenden

Vorbereitende Organisation

Einsatzkräfte sollten sich zunächst organisationsintern informiert halten zum abgestimmten Umgang mit Spontanhelfenden. Einsatzorganisationen sollten dafür Informationen leicht auffindbar vorhalten und die Recherche bzw. Fortbildung nicht den Einsatzkräften allein überlassen. Ein regelmäßiger Austausch, z.B. zur Kommunikation mit sowie Minimierung des Risikos für die Spontanhelfenden, und die Bereitstellung von Dokumenten wie Checklisten und Informationsbögen sind sinnvoll. Toll finde ich z.B. die Vorhaltung von Daypacks und Gegenständen zur Kennzeichnung (S. 27 des Leitfadens), die der Bedarfsdeckung und Erkennung der (Spontan-)Helfenden dienen. “Give-aways”, die im Rahmen der Einsatznachsorge das Glücksgefühl unterstützen und Wertschätzung ausdrücken können, sind eine interessante Idee.

Kommunikation allgemein

Für die Kommunikation gilt allgemein (siehe z.B. S. 52 f. des Leitfadens): Wahrheitsgemäße Angaben machen, einfach verständlich formulieren und im Ton respektvoll, wertschätzend sein. Eine Erläuterung zu viel ist regelmäßig besser als eine Erläuterung zu wenig. Ein besonders wertvoller Hinweis ist z.B. auf S. 57 des Leitfadens enthalten: Da v.a. bei Großschadenslagen regelmäßig eine Versorgungsinfrastruktur erst aufgebaut werden muss, sollten Spontanhelfende rechtzeitig darüber in Kenntnis gesetzt werden, dass sie für die ersten Stunden eigene Getränke und Lebensmittel mitbringen sollen.

Social-Media-Nutzung

Die (Eigen-)Information zu Organisationszwecken und Informationen für Spontanhelfende über Social-Media-Plattformen wie X (ehemals Twitter), Facebook, Instagram und Co. sollten aus verschiedenen, v.a. rechtlichen Gründen nicht den Einsatzkräften überlassen werden. Die Nutzung privater Social-Media-Accounts kann aus vielen Gründen rechtlich problematisch sein, aber auch die Glaubwürdigkeit der Meldungen hiervon beeinträchtigen, z.B. weil diese wenige oder keine sog. Follower aufweisen. Gerade in Hochzeiten der Desinformation sind als solche erkennbare, offizielle Behörden- oder Einsatzorganisations-Accounts von hoher Wichtigkeit. Außerdem sollte dafür Sorge getragen werden, dass sog. Impostor-Accounts sich nicht nachteilig auswirken können. Impostor-Accounts sind Accounts Dritter, die vorgeben, jemand anderes, z.B. die im Einsatz befindliche Einsatzorganisation, zu sein.

Vielmehr sollte also im Vorhinein ein Team mit Social-Media-Erfahrung (wie z.B. das Virtual Operations Support Team - VOST - des THW (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)) gebildet werden, welches einen offiziellen Social-Media-Account führt und auf das im konkreten Fall durch Einsatzkräfte vor Ort zurückgegriffen oder verwiesen werden kann. Das Team kann z.B. auch Fragen der Spontanhilfewilligen über die jeweilige Plattform beantworten (Details können hier dem Leitfaden ab S. 42 entnommen werden).

(Offline-)Informationen vor Ort

Überlassen werden kann den Einsatzkräften jedoch die Aushändigung von Informationsbögen (s.o.). Hierbei sollte von vornherein auf die Vermeidung von Widersprüchen zwischen online und offline bereitgestellten Informationen geachtet werden. So sollten beispielsweise Spontanhelfende nicht zur Information auf soziale Medien verwiesen werden, wenn die Sicherheitsanweisung die Handynutzung am Einsatzort untersagt.

Offline-Informationen wie Informationsbögen werden v.a. bei Nichtverfügbarkeit von Strom und Internet unverzichtbar sein, um die Einsatzkräfte nicht mit langen Informationsgesprächen zu erschöpfen. Auch kann es sinnvoll sein, (mindestens) eine Einsatzkraft als Ansprechperson vor Ort zu bestimmen, schnell auffindbar und kenntlich zu machen, die wiederum in die Kommunikation mit den entscheidenden Stellen eingebunden ist. So kann sichergestellt werden, dass die Kommunikation von einsatzrelevanten Informationen trotz Einschränkungen zügig von und zu den Spontanhelfenden hin erfolgen kann.

Da z.B. auch das Wetter erheblich umschlagen kann, ist sicherzustellen, dass Spontanhelfenden gegenüber jederzeit kommuniziert werden kann, dass ihr Einsatz wegen Gefährdung endet und damit das Einverständnis für ihren weiteren Einsatz fehlt. Das Einsatzende ist dann (z.B. auf der Registrierungskarte, siehe oben) zu dokumentieren und die Spontanhelfenden sind mit den nötigen Hinweisen zu entlassen.

Organisation vor Ort

An den Einsatzkräften ist es im konkreten (Katastrophen-)Fall, die Spontanhelfenden vor Ort nach ihren Möglichkeiten und Fähigkeiten einzuteilen, anzuleiten und ihnen zu helfen, ihre Unterstützung wirksam einbringen zu können. Hier können v.a. die Berufe der Spontanhelfenden Aufschluss über die individuelle Eignung geben. Für den Einsatz von Spontanhelfenden bei der Zubereitung von Lebensmitteln (“Brötchenschmierende”) muss jedoch die Vereinbarkeit mit gesundheitsrechtlichen Vorschriften vorab, z.B. mit dem Gesundheitsamt geklärt worden sein. Spontanhelfende in kleinen Gruppen, z.B. á 3 Personen, zu organisieren, macht Sinn. So kann beispielsweise im Falle einer Verletzung eine Person Hilfe holen und die der betroffenen Person beistehende Person Erste Hilfe leisten bzw. für Komfort sorgen. Auch eine örtliche Aufteilung nach Einsatzstellen oder -abschnitten ist sinnvoll, gepaart mit einer klaren Beschreibung der Hilfeleistung für die Spontanhelfenden, um etwa "Zuständigkeitskonflikte” zu vermeiden.

Häufig werden Tätigkeiten anfallen, die keine Vorkenntnisse benötigen, wie z.B. Aufräumarbeiten, Schlamm schippen, Sandsäcke füllen. Pausen und Arbeitszeiten sind angemessen zu bestimmen (siehe z.B. S. 58 des Leitfadens). An den Einsatzkräften ist es dabei auch, sicherzustellen, dass Spontanhelfende die Einsatzkräfte nicht bei Fachkenntnisse erfordernden Hilfeleistungen stören, wie z.B. der Rettung Verschütteter, qualifizierter medizinischer Versorgung oder der Brandbekämpfung.

Von Vertrauen geprägte Kooperation

Gerade weil es an Wissen fehlt, wie Spontanhelfende in Katastrophensituationen mit der psychosozialen Belastung umgehen (Leitfaden, S. 61), fällt der Leitfaden doch sehr spärlich zu diesem Thema aus. Hier sollten Einsatzkräfte vor Ort auf Anzeichen von Kraftverlust, Unwohlsein und Stress achten und ggf. zur Vermeidung von Unfällen (mit Fingerspitzengefühl) die Einsatzbeendigung oder -änderung einleiten. Gleichermaßen sollten Spontanhelfende sich nicht scheuen (müssen), Einsatzkräfte anzusprechen, wenn sie das Gefühl haben, dass sie die angebotene Hilfeleistung doch nicht oder nicht mehr leisten können.

Eine von Vertrauen geprägte Atmosphäre zu schaffen ist von Vorteil für alle Seiten. Die vor Einsatzbeginn bereitgestellten Informationen sollten daher Hinweise umfassen, wohin sich Spontanhelfende wenden können, wenn sich Belastungen im Einsatz, nach dem Einsatz bemerkbar machen oder schlimmer werden. Diese Hinweise können z.B. auch in Verbindung mit Danksagungen bei und nach Einsatzende wiederholt werden.

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