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#12 | Jan 25: Intime Formen der Dominanz

👋 Hallo ihr Lieben,

đŸŽ™ïž Eine schlechte Nachricht gleich zu Beginn des Jahres. Christoph May, der kritische MĂ€nnlichkeitsforscher, mit dem ich in dem Format MĂ€nnerfantasien ĂŒber MĂ€nnlichkeitsinszenierungen gesprochen habe, zieht sich leider aus dem Podcast zurĂŒck. Die Entscheidung kam ĂŒberraschend Ende letzten Jahres, aber er schafft es zeitlich nicht mehr den Podcast und seine Aufgaben und Auftritte des Detox Masculinity Institute (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre) zu vereinbaren. Ich finde das unglaublich schade und möchte trotzdem weitermachen mit feministsichen Filmanalysen und weiterhin auf Genderinszenierung in der Popkultur schauen.

FĂŒr die geplatzte Folge MĂ€nnerfantasien musste ich nun schnell einen Ersatz produzieren. Und da ich schon lĂ€nger ĂŒber Kurz- und Single-Formate nachdenke, hab ich mich jetzt getraut einen Eintrag aus meinem Wut-Tagebuch einzusprechen.
Wenn mir Alltagssexismus begegnet, reagiere ich meistens nett ausweichend, ein bisschen kichernd – und Ă€rgere mich danach tagelang, manchmal sogar wochenlang darĂŒber und ĂŒberlege, wie ich schlagfertig reagieren hĂ€tte können. Ich bin gespannt, was du von dem Format hĂ€lst und ob dich weitere EintrĂ€ge aus meinem Wut-Tagebuch interessieren. Schreib mir doch mal an verbittert-mail@web.de

Der Januar ist außerdem eine gut Gegelenheit nochmal aufs letzte Podcastjahr zurĂŒckzuschauen. Die Anzahl der Hörer*innen hat sich verdoppelt đŸ„ł und hier sind die am meisten gehörten Folgen 2024. Es hat mir riesigen Spaß gemacht. 🙏

Was war deine Lieblingsfolge im letzten Jahr?

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Hier sind meine FLINTA-Highlights des Monats:

01

Der Fall Pelicot ist nicht nur aufgrund der perfiden und jahrelangen BetĂ€ubung und Vergewaltigung historisch, sondern auch, weil es in dem Strafprozess von Dominique PĂ©licot und den 50 weiteren Angeklagten, eigentlich kaum mehr um die Schuldfrage geht. Anders als in den meisten Prozessen zu VergewaltigungsvorwĂŒrfen, bei denen oft Beweise fehlen, gibt es in diesem Fall unzĂ€hlige Stunden Videomaterial und eine FĂŒlle von Fotos.

Hier geht es nicht mehr darum, ob die Taten stattgefunden haben, sondern um das "Warum". Der Fall offenbart einen tief verwurzelten Besitzanspruch auf Frauenkörper und die Abwertung von Frauen.

Im Umkreis des kleinen französischen Ortes Mazan waren dutzende MÀnner bereit, sich an einer reglosen Frau zu vergehen. Es waren MÀnner aus allen Bildungsschichten und sozio-ökonomischen Milieus.

Der Fall entlarvt ein gesamtgesellschaftliches Problem von flÀchendeckender Misogynie, mÀnnlicher Gewalt und Rape Culture dem endlich ein Umdenken folgen muss.

Über den Prozess berichtet Britta Sander, Außenkorrespondentin des Spiegel, in 4 Folgen. Sie hat den Prozess im Gerichtssaal verfolgt.

https://open.spotify.com/episode/0tBz3mzFkUEqtF2SpCSqSL?si=BR31b0-CQ9O7dZETDyrETQ (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre)

P.S. Die Causa Thilo Mischke: Sexismus in der Kulturlandschaft

Dass Sexismus und Rape Culture weiterhin geschĂŒtzt werden, zeigt sich auch aktuell an der Debatte um Thilo Mischke. Im Dezember kĂŒndigte das Kulturmagazin ttt – Titel, Thesen, Temperamente Mischke als Nachfolger des langjĂ€hrigen Moderators Max Moor an. Mischke hat sich bereits mit seinen BĂŒchern In 80 Frauen um die Welt und Die Frau fĂŒrs Leben braucht keinen großen Busen đŸ€Šâ€â™€ïž einen frauenverachtenden kulturellen Fußabdruck erarbeitet. Im Podcast feminist shelf control (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre)weisen Rebekka Endler (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre) und Annika Brockschmidt zusammen mit weiteren Stimmen aus dem Kulturbetrieb auf Mischkes Sexismus, fehlende Reflexion und problematische Thesen zum mĂ€nlichen Sexualtrieb hin.

Nachtrag vom 4.1.25: Nachdem ĂŒber 200 Kulturschaffende in einem offenen Brief verkĂŒndet hatten, dass sie eine Zusammenarbeit mit Mischke ablehnen, hat sich die ARD entschlossen, sich von Mischke zu trennen.
https://open.spotify.com/episode/3x1wdr8s1yssI3wR8WMmLq?si=eHDwB-CeS_SA7KDkjFBKdg (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre)

02

Die Mini-Serie Little Fires Everywhere entfĂŒhrt uns in eine gutbĂŒrgerliche, weiße Welt, die an Desperate Housewives erinnert. Reese Witherspoon spielt Elena Richardson, eine Mutter von vier Kindern, die stets adrett gekleidet ist, immer ein LĂ€cheln fĂŒr ihre Mitmenschen hat, die den Mental Load scheinbar spielerisch bezĂ€hmt – wenn auch etwas neurotisch ihre gute Laune hier und da bröckelt.

Elena Richardsons fast perfektes Leben prallt mit geradezu magnetischer Wucht auf das Leben von Mia Warren, gespielt von Kerry Washington. Mia ist eine alleinerziehende Mutter of Color, eine KĂŒnstlerin, die nie lange an einem Ort bleibt und mehrere Jobs ĂŒbernehmen muss, um ĂŒber die Runden zu kommen.

Die Serie hat mich komplett verschluckt. Die Begegnungen der beiden Frauen sind so intensiv, misstrauisch, sehnsĂŒchtig. Die Handlung beginnt mit der Frage, wer Elenas Anwesen in Brand gesteckt hat und welche Rolle Mia dabei spielt. Doch bald schon entfaltet sich eine tiefgehende ErzĂ€hlung, die Geheimnisse, GefĂŒhle und Konflikte offenlegt – nicht nur ĂŒber die Protagonistinnen, sondern auch ĂŒber Mutterschaft, Schuld, Weiblichkeit und FĂŒrsorge im Allgemeinen.

Die Serie ist bereits 2020 erschienen. Damals sah ich eine Empfehlung im Serienmagazin Seriös und dachte sofort: „Frauenthemen! Das ist nichts fĂŒr mich.“ Ich war schließlich eine Cool Mom.
Mein Baby war damals ein Jahr alt, die Pandemie war noch nicht angekommen, und doch verspĂŒrte ich ein dumpfes Unwohlsein – ein diffuses Unbehagen als Mutter. Ich konnte es nicht benennen, wollte es nicht benennen. Es ließ sich nicht verorten, weil ich das GefĂŒhl nicht zulassen wollte. Ich hielt diese TĂŒr fest verschlossen, aus Angst, dass sich dahinter ein unkontrollierbarer FlĂ€chenbrand verbarg.
Es dauerte noch ein weiteres Jahr bis ich dem GefĂŒhl mit feministsicher Literatur nachgegangen bin und alles, was ich ĂŒber Mutterschaft, Weiblichkeit und FĂŒrsorge zu wissen glaubte, in Flammen aufging.

03

Die politische Rechte gewinnt weltweit an Einfluss, und mit ihr verschĂ€rft sich die Gewalt gegen Frauen. Kurz nach der Wahl von Donald Trump ging ein Video des rechtsextremen Aktivisten Nick Fuentes viral, in dem er „Your Body, my choice“ (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre)skandiert. In Deutschland zeigt sich eine stetige Zunahme der Gewalt gegen Frauen: Laut dem BKA (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre) gab es 2023 insgesamt 360 Femizide – fast jeden Tag wird eine Frau von ihrem (Ex-)Partner getötet.

Als mich Barbara Peveling, die Autorin des Buches Gewalt im Haus – Intime Formen der Dominanz, fragte, ob ich ihr Buch lesen möchte, zögerte ich zunĂ€chst. Das Thema erschien mir beklemmend, und ich dachte, mich bereits ausreichend mit dem Zusammenhang zwischen toxischer MĂ€nnlichkeit und Gewalt auseinandergesetzt zu haben. Dann begann ich, das Buch zu lesen – und konnte es nicht mehr aus der Hand legen.

Das Buch spannt einen weiten Bogen von heterobinĂ€ren Gender-Stereotypen ĂŒber das Erlernen von UnterwĂŒrfigkeit bis hin zu Scham als Methode der UnterdrĂŒckung. Besonders eindringlich wird das Buch durch ihre persönliche Geschichte, die sie offen und eindrucksvoll erzĂ€hlt. Diese Mischung aus feministischer Theorie, weiblicher Psychoanalyse und autobiografischem Thriller macht Gewalt im Haus spannend, tiefgrĂŒndig und zutiefst berĂŒhrend.

Ich habe Barbara daraufhin in den Podcast eingeladen, um mit ihr ĂŒber sogenannte „toxische Weiblichkeit“ zu sprechen und und wie vermeintliche Überlebensstrategien im Patriarchat, die unsere weibliche Sozialisierung prĂ€gen, uns am Ende auch schaden können. Die Folge erscheint im MĂ€rz.

Frauen, so Pierre Bourdieu in Die mÀnnliche Herrschaft, 
 bleibt nur die Wahl, entweder bewusst gegen das herrschende System aufzubegehren oder aber die Unterwerfung zu akzeptieren. Doch das Aufbegehren bedeutet Kampf und damit Risiko. Macht erhalten Frauen nur als Stellvertreterinnen des MÀnnlichen.

Zitat: Gewalt im Haus. S.40

+++ Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: 08000 116 016 | Hilfetelefon Sexueller Missbrauch: 0800 22 55 530 | Telefonseelsoge (24h erreichbar): 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 +++

Bleibt unbequem. Eure Susi!

Die nĂ€chste Folge von VERBITTERT TALENTLOS erscheint am Do 16.01.24 43. „Entspannen Sie sich doch mal!“ – Eintrag aus meinem Wut-Tagebuch

📱 Schreibt mir gern an: verbittert-mail@web.de (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre)

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