#11 | Dez 24: MĂ€nner zu Stein verwandeln
Im Verbitterten Newsletter findest du jeden Monat meine FLINTA-Empfehlungen aus Kultur und Medien â von Serien bis Podcasts. Lasst uns mĂ€nnlich dominierte Narrative hinterfragen und neue Perspektiven kennenlernen. Plus: Ein Blick hinter die Kulissen meines Podcasts Verbittert Talentlos. (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre)
đ Hallo ihr Lieben,
đ DROP đ Es gibt wieder verbitterte Geschenke. FĂŒr alle, die bis 31. Dezember eine Mitgliedschaft abschlieĂen und damit den Podcast finanziell unterstĂŒtzen, gibt es verbitterte Goodies aus Notebook (A6 blanco), Postkartenset und Glitzi-Sticker. đ± đ (unabhĂ€ngig davon welche Mitgliedschaft abgeschlossen wird und versandkostenfrei)
đïž In diesem Monat gibt es ein RE-UPLOAD. Ihr wisst ja: Weihnachtszeit ist Mental-Load-Zeit, deshalb Schaff ich es gerade nicht eine frische Folge zu produzieren. Ich arbeite natĂŒrlich weiter an neuen Folgen fĂŒrs nĂ€chste Jahr.
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Hier sind meine FLINTA-Highlights des Monats:
Nach der Folge ĂŒber Monster und MĂŒtter (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre), habe ich weiter recherchiert und bin auf dieses Buch gestoĂen: Women & other Monsters von Jess Zimmermann. Leider gibt es das Buch nur auf Englisch, daher ist mir die LektĂŒre nicht so leicht gefallen. Der Text ist jedoch bewusst nicht akademisch gehalten, sondern verbindet auf emotionale Weise persönliche Erfahrungen mit literaturwissenschaftlicher Analyse.
Zimmermann untersucht weibliche Monster aus der antiken Mythologie und zeigt, wie sie fĂŒr Tabus stehen, die noch immer die Vorstellungen von Weiblichkeit prĂ€gen. Sie verknĂŒpft die tradierte Scham und die Rollenmuster, die wir erlernen, mit den Geschichten, die uns umgeben.
Zimmermann deutet die MonströsitÀten, die mit Weiblichkeit und weiblichen Körpern assoziiert werden, als Zeichen der Macht:
âWe can birth from our bodies every one of menâs fears.â (S.198)
Medusa: Ihr âMakelâ ist ihre HĂ€sslichkeit, die MĂ€nner erstarren lĂ€sst. Das Kapitel How to turn a man to stone beschreibt, wie weibliche StĂ€rke zur Gefahr stilisiert wird.
Charybdis: Der tödliche Strudel steht hier fĂŒr das Tabu des weiblichen Hungers. Zimmermann schreibt: âEine Frau mit Appetit gilt als gierig. Ihr Hunger ĂŒberschreitet stets das MaĂ, denn er sollte eigentlich gar nicht existieren.â(S.32)
Skylla steht als Symbol fĂŒr die Vagina dentata (mĂ€nnliche Kastrationsangst) trĂ€gt Skylla einen Unterleib aus wilden Hunden. Einst eine Nymphe, wurde sie aus Eifersucht von Zirze verwandelt.
Die Sirenen verkörpern die VerfĂŒhrungskraft, die reguliert werden muss. Doch aus ihrer Perspektive könnte die Geschichte Singing for bread heiĂen: Weibliche VerfĂŒgbarkeit wird zur WĂ€hrung gemacht.
Die Harpien werden bei Zimmermann zum Sinnbild fĂŒr das Stehlen von mĂ€nnlichem Besitz und die Bedrohung mĂ€nnlicher BesitzansprĂŒche.
Furien sind Richterinnen und WĂ€chterinnen. âSie tragen Schwarz oder Blutrot, manchmal tropft tatsĂ€chliches Blut von ihnen.., und sie atmen giftige DĂ€mpfe aus. .. Sie sind definitiv nicht nett â aber Nettigkeit ist oft das Gegenteil von Gerechtigkeit. Nettigkeit ermutigt dich, Ausnahmen zu machen, still zu bleiben, zu beschwichtigen, an die vielversprechende Zukunft dieses Jungen zu denken.â(S.121)
Die Hydra steht fĂŒr feministische Allianzen. Das Kapitel Come back twice as hard zeigt, wie Zusammenhalt das Patriarchat herausfordert. Umso stĂ€rker versucht es, Frauen in Konkurrenz zueinander zu setzen.
âVon Frauen und MĂ€dchen wird erwartet, dass sie auf beruflicher und sozialer Ebene sowie auf dem Spektrum von Flirts bis zur Ehe um die Aufmerksamkeit von MĂ€nnern konkurrieren. .. Man muss auf den Bedingungen gewinnen, die das Patriarchat aufgestellt hat, damit Frauen immer mit sich selbst und untereinander kĂ€mpfen: .. Es geht darum, hĂŒbsch genug, dĂŒnn genug, beliebt genug, cool genug zu sein und von MĂ€nnern begehrt zu werden â selbst wenn MĂ€nner nicht das sind, was man selbst begehrt. Bald wird es auch darum gehen, die perfekte Beziehung, die perfekte Ehe, die perfekte Familie zu haben und das eigene Zuhause und Berufsleben auszubalancieren, ohne dabei sichtbar erschöpft zu sein. Man wird stĂ€ndig dazu eingeladen, sich mit anderen Frauen â und nur mit anderen Frauen â in jedem einzelnen dieser Aspekte zu vergleichen.â (Laurie Penny Article @ The Baffler)
(S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre)Priscilla war erst 14 Jahre alt, als sie 1959 Elvis in Deutschland traf, wo er beim MilitĂ€r stationiert war. Ein Teenager, der dem gröĂten MĂ€dchenschwarm seiner Zeit begegnet â und von ihm ausgewĂ€hlt wird. Die junge, unerfahrene und natĂŒrlich wunderschöne Priscilla wird die Frau an seiner Seite, oder besser gesagt, die Frau in seinem Schatten. Sechs Jahre spĂ€ter heiraten sie, und bald darauf wird Priscilla mit ihrer Tochter Lisa-Marie schwanger.
Beim Schauen des Films Priscilla musste ich immer wieder an das Kapitel ĂŒber die Sphinx aus Women & Other Monsters denken. Die Sphinx, so die Legende, hĂŒtete okkultes Wissen, das MĂ€nnern verborgen blieb. Ihr âmonströser Makelâ war also, dass sie mehr wusste â und dieses Wissen nicht teilte.
âMĂ€nner mögen es nicht, wenn Frauen sie ĂŒbertreffen. Einige von ihnen werden lĂŒgen, um das zu verhindern. Einige werden dich verletzen. Einige werden dich jung finden und klein halten. Und einige von ihnen werden dich in einer Geschichte wie in einem KĂ€fig gefangen halten.â
(Women & other Monsters)
Im Film bleibt Elvis eine Nebenfigur, aber eine prĂ€gende: kontrollierend, besitzergreifend, herablassend. Selbst die Art, wie er âBabyâ zu ihr sagt, klingt nicht liebevoll, sondern zeigt die MachtverhĂ€ltnisse. Er hat sich tatsĂ€chlich ein ein âBabyâ zur Frau gebommen. Er wĂŒnschte sich ein MĂ€dchen, das unerfahren, jung und naiv ist. Er legte es auf eine Beziehung an in der er alles bestimmt und sie dominiert, in der er der erfahrene Mann von Welt, der beste Liebhaber und das unfehlbare Idol ist. Er wird zu ihrer ganzen Welt und macht ihre Welt zugleich winzig klein. Diese Welt besteht im Grunde nur noch aus dem hochflorigen weiĂen Teppich, der ĂŒberall in dem riesigen Anwesen ausgelegt ist. FĂŒr Priscilla wirkt Elvis anziehend und angsteinflöĂend zugleich. FĂŒr uns Zuschauende wirkt er wie ein pĂ€dophiler Vollidiot, der nicht Manns genug ist, eine Beziehung auf Augenhöhe zu fĂŒhren
âWenn man die Dinge so gestaltet, dass die Andere keine Möglichkeit hat, einen herauszufordern â weil .. sie die Erfahrung oder die Ressourcen nicht hat .. â dann bleibt die eigene Position gesichert.â
(Women & other Monsters)
Der Film ist sehr ruhig und langsam erzĂ€hlt, stellenweise langweilig und enthĂ€lt kaum Handlung. Sophia Coppola zeigt keine klassische Biografie, sondern eine Fallstudie ĂŒber Machtdynamik â die Dekonstruktion eines Idols. Aus einer weiblichen Perspektive erzĂ€hlt, wirkt der Film wie eine GegenerzĂ€hlung zu mĂ€nnlich dominierten Mythen. Er entlarvt, wie sehr mĂ€nnliche Narrative unsere Wahrnehmung und Werte prĂ€gen.
Im letzten Monat hab ich zwei Serien in der ARD-Mediathek geglotzt, die ich euch empfehlen kann, wenn ihr â so wie ich â abends im Binge-Mode seid.
In Schwarze FrĂŒchte (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre)folgen wir Lalo, er ist Anfang 20, und steht einerseits am Anfang seines Erwachsenenlebens und dennoch wirkt sein Leben zeitweise wie eine Sackgasse. Die Serie trifft damit einen empfindlichen Punkt in einer Art Ăbergangsphase im Leben. Ich fĂŒhl mich als Millenial schon ein bisschen voyeristisch, wenn ich der Gen Z so beim Heranwachsen zusehe und gleichzeitig ist es beruhigend oder auch beunruhigend, dass sich die Problem und der allgemeine Weltschmerz offenbar doch nicht so sehr zwischen den Generationen unterscheidet. Nebenbei werden race und intersektionale Diskriminierung schmerzhaft, lustig und verunsichernd unter den Plot gemischt.
Die Figur von Lalo ist mir so nah gegangen, wie seit Hannah in Girls! keine mehr. Man glaubt Lalo zu kennen, der von Lamin Leroy Gibba (der auch das Drehbuch geschrieben hat) so vielschichtig und natĂŒrlich gespielt wird und der echt oft âVoll!â sagt.
Bad Influencer ist (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre) eine recht aufgedrehte und extrem kurz erzĂ€hlte satirische fiktionale Serie ĂŒber Donna, die zur feministischen Influencerin @AngryKilljoyFeminst wird um den Pick-up Artist Pascal auszuboten.
Ich find das ARD Cover wieder total daneben. Das soll wahrescheinlich eine Youtube-Ăsthetik nachahmen, um die âjungeâ Zielgruppe anzusprechen. Auf mich wirkt es wie ein sich anbiderndes kontroverses Reportage-Format und ich hab es nur angeklickt, weil ich einen Trailer auf Insta gesehen hab. Also lasst euch davon nicht abschrecken.
Bleibt unbequem. Eure Susi!
Ein Re-Upload von VERBITTERT TALENTLOS erscheint am Do 12.12.24 | đžđ Sei kein MĂ€dchen: Wie geht geschlechteroffene Erziehung?
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