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#7 | Aug 24: Ich bin keine Wiese!

👋 Hallo ihr Lieben,

Es ist mir komischer Weise immer unangenhem, wenn ich eine Podcastpause einlegen muss oder im Urlaub bin. Ich wĂŒrde gerne mehr produzieren und zweiwöchentlich eine neue Folge rausbringen. Aber zwischen Erwerbsarbeit und Care-Arbeit schaffe ich es gerade so innerhalb eines 4-Wochen-Turnus’ eine neue Folge zu recherchieren, vorzubereiten, aufzunehmen, zu editieren, zu mastern und Social Content zu erstellen. Im August kann ich wegen der Ferien nicht produzieren und daher gibt es einen RE-UPLOAD von Folge 24: Zeig deine Wunde! – Über Erschöpfung & WĂ€hrend-Kind-Body mit @mamamitmeinung (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre)

đŸŽ™ïžđŸ–ïž Eine richtige Pause vom Podcast mache ich aber eigentlich nie. Es gibt immer was zu tun, was sich auch am Strand oder nach 20 Uhr erledigen lĂ€sst. Mit Christoph May plane ich die nĂ€chsten Folgen MĂ€nnerfantasien. Ich wollte was ĂŒber House of the Dragon machen, aber Christoph fands zu langweilig. Jetzt ĂŒberlegen wir, ob wir uns den neuen Film von Yorgos Lanthimos Kinds of Kindness vornehmen. Was meint ihr? Welches Thema wĂŒnscht ihr euch?

📱 Bitte schreibt mir, ich freue mich immer sehr drĂŒber.
verbittert-mail@web.de (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre)

Hier meine FLINTA-Highlights des Monats:

01

„Als Mutter ĂŒberlĂ€sst die Frau ihren Körper ... den Kindern, diese tummeln sich auf ihr wie auf einem HĂŒgel, wie in einem Garten, verschlingen sie, trampeln auf ihr herum, schlafen auf ihr, und sie lĂ€sst sich verzehren und schlĂ€ft manchmal, wĂ€hrend die Kinder auf ihrem Körper sind. Nichts dergleichen geschieht in der Vaterschaft.“

Zitat: MĂŒtter, die gehen. Bagoña Gomez Urzaiz. S. 101

Oftmals kollidiert meine innere Vorstellung von Mutterschaft mit der klebrigen, zieprigen und tobenden RealitĂ€t. FĂŒr diese WidersprĂŒche haben wir in der patriachalen Kulturtradition kaum Bilder oder Sprache. Wie aufrĂŒttelnd und erleichternd können Darstellungen sein, die aus Muttersicht entstehen und eine GegenerzĂ€hlung zum patrichal-christlich idealisiertem Mutterbild bilden.

In einem Artikel auf 54books – VertrĂ€umt, verhĂŒllt, verfĂŒgbar – Darstellungen von Mutterschaft und der Irrtum absoluter ErfĂŒllung (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre) – bin ich auf die Amerikanische KĂŒnstlerin Madeline Donahue (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre)gestoßen und konnte garnicht mehr aufhören durch ihre Galerie zu scrollen. Zwischen Nostalgie, Unvereinbarkeit und der Sehnsucht nach der ErfĂŒllung des internalisierten Mutterideals zeigen diese Bilder Momentaufnahmen von der Gleichzeitigkeit verschiedener RealitĂ€ten zwischen Mutter – Kind – und Betrachter*in. Die KĂŒnstlerin fĂ€ngt Szenen ein, die offenbar einer Kollektiverfahrung entsprechen. Ich sehe mich in ihren Portraits wenn sie zum Beispiel mit Kind auf dem Schoß versucht etwas am Schreibtisch zu tun; oder wenn sie die Nagelschere umstĂ€ndlich am Kind vorbei manövriert, das es sich gerade an ihrem Körper wie in einem Nest gemĂŒtlich gemacht hat; oder wenn sie nur fĂŒr fĂŒnf Minuten kurz duschen möchte und wĂ€hrenddessen die Bude auseinandergenommen wird. Bild fĂŒr Bild ist wie ein Fotoalbum aus Erlebnissen, von denen nie ein Foto gemacht wurde.

„Ich bin keine Wiese!“ habe ich plötzlich zu meinem 6-JĂ€hrigen gesagt, der keine RĂŒcksicht darauf nimmt, ob es mir weh tut, wenn er sich an meinen Haaren festhĂ€lt, ob er sein Knie beim Einkuscheln in meinen Bauch bohrt, oder ob ich mir fast einen Bandscheibenvorfall hole, wenn er freudig an mir hochspringt. Ich will aber nicht, dass an mir rumgerupft wird, sich auf mir rumgewĂ€lzt wird, mein Körper ungefragt als bequeme Unterlage, WĂ€rmequelle oder Packesel benutzt wird. Ich bin keine Wiese! Endlich habe ich Worte dafĂŒr, wie sich Mutterschaft manchmal anfĂŒhlt.

02

Findet ihr nicht auch, dass das Portrait auf dem Podcastcover sehr an Elisabeth Moss aus Handmaids Tale erinnert? WÀhrend des Hörens musste ich oft an die Serie denken und wie unvorstellbar es ist, dass FLINTA durch ein Regime-Wechsel einfach aus ihren Leben und ihrer Selbstbestimmung gerissen werden.

In dem Podcast Diagnose Unangepasst geht es aber nicht um eine dĂŒstere Zukunft, sondern dieser Doku-Podcast hat zu den sogenannten “Tripperburgen” in der DDR recherchiert. Ich habe diesen Begriff noch nie vorher gehört, geschweige denn davon, dass zehntausende Frauen ohne deren Zustimmung dort eingesperrt und “behandelt” wurden. Dieses dunkle Kapitel der DDR war bisher vergessen und wird jetzt erst aufgearbeitet.

Nur bei etwa 30% der Insassinnen wurde laut den Podcastrecherchen eine Geschlechtskrankheit diagnostiziert. Das heißt, 70% der Frauen wurden aus anderen GrĂŒnden dort eingesperrt und misshandelt. Die Ausrottung von Geschlechtskrankheiten war dementsprechend nur ein Vorwand um Frauen zu disziplinieren. Der Podcast ist aber kein Leidensporno, sondern er stellt die Fragen, wieso selbstbestimmte Frauen der DDR ein Dorn im Auge waren und wie eine solch gewaltsame staatliche Praxis ohne erbeblichen Widerstand möglich sein konnte. Eine unebdingte Hörempfehlung.

03

Anhand der Lebensgeschichten von Frauen wie Maria Montessori, Joni Mitchell, Ingrid Bergman, aber auch fiktoinalen Figuren z.B. bei Elena Ferrantes Frau im Dunkeln oder den Filmrollen von Meryl Streep, fragt sich die Autorin, wieso MĂŒtter gehen und was dahinter steckt und reflektiert dabei auch ihre eigenen erlernten Vorurteile und Klischees.

MĂŒtter, die ihre Kinder verlassen, mĂŒssen unbarmherzige Monster sein. In diesem Urteil steckt zum einen die biologistische Überzeugung, dass die Lebensaufgabe von Frauen nun mal darin bestĂŒnde, sich selbstlos um andere zu kĂŒmmern und es entlĂ€sst zum anderen VĂ€ter aus der Verantwortung und aus dem Tabu und bestĂ€tigt ihnen ihr Privileg.

Wie kann es sein, dass die Abwesenheit der VĂ€ter, diese große, gesamtgesellschaftlich akzeptierte Abwesenheit von MĂ€nnern, die am Leben ihrer Kinder nicht teilhaben, weder als literarisches Narrativ noch als alltĂ€gliche RealitĂ€t ein Problem fĂŒr uns darstellt – wĂ€hrend es bei MĂŒttern, die nicht fĂŒr ihre Kinder da sind, ganz anders aussieht?

Zitat: Autorin Mareike Fallwickl auf ihrem Insta-Account (S'ouvre dans une nouvelle fenĂȘtre)

Es geht also darum, dieses Klischee zu entlarven und Belege anzufĂŒhren, fĂŒr MĂŒtter, die gegangen sind. MĂŒtter, die nicht konnten oder wollten oder die etwas anderes priorisierten, erfolgreich waren und nicht an ihrem gebrochenen Mutterherz zugrunde gegegangen sind. Und es geht darum unsere eigene internalisierte Misogynie aufzubrechen. Ein großartiges Buch!


 der 
 Begriff der schlechten Mutter im guten Sinn [meint] eine, die das TheaterkostĂŒm bei Amazon kauft statt es selbst zu nĂ€hen, die einen gekauften Kuchen zur Geburtstagsfeier mitbringt statt selbst mit Vollkornmehl und Bio-Eiern zu backen oder eine, die ihre Kinder an einem verregneten Samstag im Schlafanzug acht Stunden am StĂŒck vor Bildschirmen herumfummeln lĂ€sst 
 Die schlechte Mutter im guten Sinn unterlĂ€uft subtil und ein bisschen frech die allgemeingĂŒltigen Regeln der Erziehungsnorm der Mittelschicht, aber ohne zu ĂŒbertreiben.

Zitat: MĂŒtter, die gehen. Bagoña Gomez Urzaiz. S. 57

Bleibt unbequem. Eure Susi!

👉 Eine neue Folge VERBITTERT TALENTLOS erscheint am Do 12.09.24

40.Patriarchatskomplizinnen | mit Susanne Kaiser

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