Japanische Rollenspiele: Von Wo Long bis Underground Exploration (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)
Manchmal schließen sich Kreise ganz unerwartet. Als ich gerade eine Pause vom Action-Rollenspiel Wo Long: Dynasty von Team Ninja und Koei Tecmo (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) auf der PS5 einlegte, mir einen Kaffee kochte und mich an den Rechner setzte, um weiter über die Geschichte der Rollenspiele zu recherchieren, wollte ich mich eigentlich auf Wizardry konzentrieren. Doch als ich in der Zeitachse bis 1981 zurückblätterte, als übrigens mit Midgard das erste deutsche Pen&Paper-Rollenspiel erschien, stieß ich auf meine Notiz:
Ultima/Wizardry --> Wirkung/Japan
Die von Richard Garriott und Sir-Tech entwickelten Serien hatten bekanntlich großen Einfluss auf japanische Rollenspiele, bis hin zu DragonQuest (1986) und Phantasy Star (1987), um nur zwei populäre Spiele zu nennen. Ihre Erscheinungsdaten zeigen jedoch, dass es einige Jahre dauerte, bis sie ihre Wirkung entfalten konnten. Dies lag auch daran, dass der PC-Markt in Japan sehr unübersichtlich war und Konsolen mit einheitlicher Massenwirkung erst mit dem NES (1983) populär wurden.
Während in den USA zu dieser Zeit der Apple II, gefolgt vom IBM-PC dominierte, liefen in Japan heute kaum noch bekannte 8-Bit-Maschinen wie PC-88, Sharp X1 oder FM-7. Sie sorgten zwar für einen unübersichtlichen Hardware-Dschungel, aber der Software-Markt war erstaunlich lebendig und experimentell - man schätzt Tausende (!) PC-Spiele seit Ende der 70er Jahre, von denen leider viele nicht archiviert wurden. Zwar wusste man 1981 noch nicht genau, was ein "Rollenspiel" ist, wie Tokihiro Naito (Hydlide, Legend of Mana) in The Untold History of Japanese Game Developers Volume 2 (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) erläutert:
"Back then, Japanese people didn't have a well-defined sense of the RPG as a game genre. I suspect that because of this, the creators took the appearance and atmosphere of the RPG as a basic reference, and constructed new types of games according to their own individual sensibilities. In my case, I never had the opportunity to use an Apple II, so I was completely unaware of Wizardry and Ultima."
Aber schon vor Wizardry (1985, FM-7) und Ultima (1988, PC-88; Sharp X1) gab es die ersten Prototypen jener Rollenspiele, die später neben den CRPG als JRPG klassifiziert wurden. Sie alle zu nennen, würde den Rahmen dieser Erkundung sprengen (mehr dazu hier (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) oder hier (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre)), aber dort stieß ich wieder auf den japanischen Publisher Koei - damals noch ohne Tecmo. Er veröffentlichte nämlich im März 1982 mit Underground Exploration (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) den ersten bekannten Vertreter dieses Genres: Man führt eine Gruppe von vier bis fünf Helden durch einen Dungeon, bekämpft Monster und sammelt Schätze:
Dennoch ist der Begriff Prototyp treffend, denn die nahezu grafikfreie Darstellung sowie das Fehlen einiger Features lassen in dieser frühen Form eher an ein abstraktes Text-Adventure denken, zumal Koei die Serie auch als "Simulation Game Series" bezeichnete - was wiederum der Definition klassischer Computer-Rollenspiele recht nahe kommt. Aber bevor ich hier zu sehr ins Detail gehe: Es ist schon erstaunlich, aus welchen Wurzeln sich das Genre und auch diese japanische Spieleschmiede entwickelt haben.
Weniger erstaunlich ist derzeit Wo Long: Dynasty, das zwar kämpferisch à la Nioh kompetent abliefert (es fühlt sich nach Elden Ring an wie ein Konter-Build auf Speed), mich aber in Sachen Story und Welt noch nicht überzeugen konnte. Mal sehen, ob ich dazu eine Rezension oder eher eine Breitseite anbiete. Was auf jeden Fall sicher ist: Mehr Erkundungen zu Rollenspielen hier auf Spielvertiefung.
(Bilder: Underground Exploration (1982), Bild von Xanadu: http://star.kid-game.cn/forum)