Gamescom Opening Night: Awesome, Awesome, Awesome...
Gestern Abend wurde die Gamescom mit der Opening Night (S'ouvre dans une nouvelle fenêtre) offiziell eröffnet - tatsächlich live vor Publikum, also fast so wie früher. Manchmal gab es sogar Jubel, wenn auch nicht so euphorisch oder gar hysterisch wie zu E3-Zeiten, als es noch diese inzestuösen Pressekonferenzen gab.
Die spürbare, aber eher gedämpfte Freude mag auch daher rühren, dass Sony, Nintendo sowie die ganz großen Highlights in Köln bekanntlich fehlen. Die unspektakulären Gamescom Awards wirkten wie Placebos und nach so manchen Weltpremieren war es sogar verdächtig leise in der Halle, so als wären sich alle der Irrelevanz bewusst. Zumal die Art der Inszenierung nicht gerade vorteilhaft ist.
Zwar sorgten Interviews für etwas Abwechslung, aber im Stakkato dieser Trailershow schien irgendwann alles in einem bunten und blutigen Brei zu verschwimmen, bei dem die eingestreuten gesellschaftlichen Mahnungen vom Klima bis zum Krieg natürlich gut gemeint, aber auch irgendwie fehl am Platze wirkten - da schien die bizarre Werbung für das Pokémon-Auto fast harmonischer integriert.
Spätestens als es die Zuschaltung zur ESA-Astronautin Samantha Cristoforetti gab, wurde die Rolle der Spielebranche galaktisch überhöht. Ich liebe Spiele, ich wertschätze Kreativität, ich bin Zocker durch und durch. Aber wenn alle überall betonen wie unfassbar wichtig und wunderbar dieses Hobby für die Menschheit und den Planeten ist, wird es peinlich. Es gibt faszinierende Bücher, Comics, Filme, Brettspiele und tatsächlich auch Videospiele - fertig.
Natürlich geht es auf dieser Bühne nicht anders, zumal sich alle zurecht darüber freuen, dass es nach Corona endlich wieder eine Messe zum Anfassen gibt. Geoff Keighley ist ein smarter Gastgeber und ein Profi, also muss er in seiner Show knallhart durchheucheln, wie "Awesome" alle Spiele sind, wie "Awesome" alle Artdesigns sind und wie "Awesome" alle Teams sind.
Aber als er ins Publikum fragte, ob jemand Homeworld gezockt hat und fast kein Jubel zurückschallte, war das eine ebenso schöne wie entlarvende Ruhe in einem Bildersturm. Da wurden so viele Eindrücke so schnell rausgeballert, dass es tatsächlich schmerzen konnte. Das Gute ist: Man kann dabei die gesunde Abscheu trainieren. Denn zwei, drei Sekunden reichen, um von einer der zig generischen Kulissen oder Mechaniken tatsächlich abgestoßen zu werden.
Vor allem, wenn man so etwas mit normalen Leuten schaut, die nicht aus der Branche kommen und fast keinen der Titel kennen. Denn sie wollen einfach mal sehen, was es so tolles Neues für PC und Konsole gibt. Statt "Awesome" nonstop hört man dann eher: Was ist das denn? Warum sieht das alles gleich aus? Wieso müssen die so peinliche Mucke unterlegen? Wieder so ein Geballer? Meinen die das ernst mit der Grafik? Gibt es nur noch denselben Scheiß?
Natürlich ist das komplett überzogen, ungerecht und undifferenziert. Schließlich gab es zwischen den hundertdrölfzig Spielen auch das eine oder andere, auf das man sich zurecht freuen kann - oder das neugierig macht. Außerdem hat Dorfromantik für etwas Zen-Ruhe gesorgt. Und selbst abgebrühte Berufszocker haben schließlich noch ein Herz für Spiele. Also machen sie sich in den zwei Stunden der Show reichlich kompetente Notizen. Hier sind meine:
The Lords of the Fallen = wer ist Hexworks? Deck13-Titel-Reboot?; Callisto Protocol = Gore-Abnutzung oder Horror?; Under the Waves = mal sehen; Moonbreaker = kitschig und wtf soll da Sanderson?; Lies of P = jup; Where Winds Meet = GoT für Arme?; Wyrdsong evtl. RPG-Geheimtipp; Deck13 macht Atlas Fallen = kein Soulslike?; Scars Above = joah; Blacktail = ?; Homeworld 3 = yes; Dead Island 2 = nope.